kleinercast 24: Jungenarbeit statt „Boys will be boys“
Unser Thema: Jungenarbeit
Mit dabei: Anne und Marc
Anne hat sich in dieser Folge den Diplompädagogen Marc Melcher aus Frankfurt am Main ins Podcastgespräch eingeladen, um mit ihm über einen Job zu sprechen, über den sie selbst bisher auch nur recht wenig weiß. Marc ist nämlich in der sogenannten Jungenarbeit tätig, einem Bereich der Kinder- und Jugendhilfe der sich auf die Bedürfnisse und Lebenswirklichkeiten von Jungs und jungen Männern konzentriert.
Marc erzählt uns, wie das in der Praxis aussieht und was es mit diesem Konzept auf sich hat, das damit auch einen wichtigen Beitrag zur allgemeinen Geschlechtergerechtigkeit leistet. Was macht es mit Jungs, wenn sie selbst heute noch mit dem Druck aufwachsen, immer die „harten und starken“ Typen sein zu müssen? Wie wird zum Beispiel auch die #metoo-Debatte in der Jungenarbeit thematisiert? Und welche Rolle spielt die Jungenarbeit gerade im Angesicht des anhaltenden Rechtsrucks, bei dem uns allen wieder besonders ungerechte und einschränkende Geschlechterrollen aufgezwungen werden sollen?
All das und mehr besprechen Marc und Anne in dieser Folge. Die Arbeit von Marc und der Fachstelle für Jungenarbeit in Hessen könnt ihr übrigens ganz konkret unterstützen, indem ihr die Sprecher_innen für Jugendpolitik anschreibt, die derzeit im hessischen Landtag sitzen und die Fortsetzung bestehender Projekte sowie die Förderungen von neuen Projekten fordert. Und nun: Viel Spaß beim Hören!
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Habt ihr vor dieser Folge schon einmal von Jungenarbeit gehört und vielleicht sogar selbst Erfahrungen damit gesammelt? Lasst es uns in den Kommentaren wissen, meldet euch auf Social Media oder schreibt uns eine Mail.
Wenn euch diese Folge gefallen hat, freuen wir uns über fünf Sternchen auf iTunes, denn dadurch können noch mehr Menschen den kleinercast entdecken. Ansonsten teilt diese Folge wie immer auch gerne mit all euren Herzensmenschen, die das Thema ebenfalls interessieren könnte. <3
Liste mit Hintergrundinformationen
Spendenkonto der Bundesarbeitsgemeinschaft Jungenarbeit
IBAN DE90 2519 0001 0638 7292 00
BIC VOHA DE2H XXX
- Webseite der Bundesarbeitsgemeinschaft Jungenarbeit (hier findet ihr auch eine Liste aller einzelnen Mitglieder der BAG)
- Webseite der Fachstelle für Jungenarbeit in Hessen
- Webseite der Bundesarbeitsgemeinschaft Mädchenpolitik
- Wikipedia-Artikel zur offenen Kinder- und Jugendarbeit
- Wikipedia-Artikel zum Konzept der hegemonialen Männlichkeit
- Webseite des Bundesforum Männer
- Projekt der BAG Jungenarbeit und BAG Mädchenpolitik – „meinTestgelände – das Gendermagazin für Jugendliche“
- VICE-Artikel von Jack Urwin über die schädlichen Auswirkungen des Männlichkeitsbildes auf die psychische Gesundheit – „A Stiff Upper Lip Is Killing British Men“
- taz-Interview mit Jack Urwin zu toxischer Männlichkeit – „Du musst kein Arsch sein“
- Beispielprojekt der Jungenarbeit bei dem Jungs Kinder, alte oder kranke Menschen betreuen und soziale Berufe kennenlernen – „Soziale Jungs“
- Übermedien-Artikel zu den verfälschenden Medienberichten über eine Fachbroschüre zu trans* und inter* Menschen und Regenbogenfamilien – „Die Lüge von der „Sex-Broschüre für Kita-Kinder“
- kleinergast-Artikel von Siyanda Mohutsiwa über die Radikalisierung der Pick-Up-Artist-Szene – „Über die Online-Radikalisierung weißer junger Männer“
- kleinergast-Artikel von Sascha Verlan über falsche Männlichkeitstereotype – „Männer sind also egoistischer, und Frauen können sich einfühlen“
- Tagesspiegel-Artikel über den Druck der Leistungsgesellschaft bei Kindern und Jugendlichen – „Schule, Sport, Stress“
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Intro-Musik: The Annual New England Xylophone Symposium – DoKashiteru (CC-BY-NC)
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Meine Erfahrungen mit Jungenarbeit, die ich Mitte/Ende der 90er Jahre im Rahmen meines Sozialarbeitsstudiums gesammelt habe, waren ziemlich abschreckend. Da wurden Jungen vor allem anhand von Geschlechterstereotypen wahrgenommen und behandelt, Zuschreibungen massiv reproduziert und körperliche Grenzen von Jungen z.T. vorsätzlich übergangen. Letztendlich wurden die Forderungen aus der feministischen Mädchenarbeit an Männer »doch endlich mal was mit den gewalttätigen Jungen zu machen« von diesen platt umgesetzt und geschlechterstereotypes Verhalten mit Aufmerksamkeit belohnt. Sensibilisierung für eigene Grenzen und Bewusstsein dafür, dass auch Jungen oft sexualisierter Gewalt ausgesetzt sind? Komplette Fehlanzeige! Nachdem ich sehr deutlich Kritik an diesen Zuständen bei meiner Praktikumsstelle geäußert habe, kam von einem Mitarbeiter die bezeichnende Aussage:»Ich betrachte es als einen wesentlichen Teil meiner Arbeit, Grenzen zu überschreiten.« Auf meinen Vorschlag, bei Fortbildungen zu Jungenarbeit auch eine Liste mit Materialien und Adressen von Projekten zum Thema sexualisierte Gewalt gegen Jungen zu verteilen, bekam die Antwort, dass diese Projekte die Konkurrenz meiner Praktikumsstelle wären. Zum Abschied bekam ich von meinem Praktikumsanleiter dann noch gesagt, dass es ja sein könne, dass ich selbst von sexuellem Missbrauch betroffen sei und deswegen das alles nur völlig übertrieben wahrnehmen würde …
So viel zu meinen Erfahrungen mit Jungenarbeit. Um so mehr freut es mich, wenn ich in Gesprächen wie diesem mitbekomme, dass die Auseinandersetzungen da mittlerweile um einiges weiter sind und es mehr Raum und Unterstützung auch für Jungen gibt, deren Lebensrealitäten, Fähigkeiten, Verhalten und Ausdrucksweisen traditionellen Männlichkeitsnormen widersprechen.
In diesem Sinne möchte ich zu der Liste mit Hintergrundinformationen noch die folgende Broschüre hinzufügen: Sexualisierte Gewalt. männliche* Betroffene unterstützen! Mythen, Fakten, Handlungsmöglichkeiten
Wow so viel tolles Hintergrundwissen. Ich werde meine Hausarbeit über Jungenpädagogik schreiben und da kommt mir das sowas von gelegen. Danke <3
Wunderbar, das freut mich umso mehr :)