Das Private ist politisch

Foto , CC BY-NC 2.0 , by thomasderzweifler

„Das Private ist politisch“ – dieses von der zweiten Welle der Frauenbewegung in den 1960er/70er geprägte Leitmotiv von Politik hat mich sehr beeinflusst. Für mich bedeutet der Slogan im Privaten wie in meiner politischen Arbeit vor allem, jenseits vermeintlicher Normen nach der vielfältigen Realität zu schauen. Denn ansonsten geht Politik notgedrungen von Annahmen aus, die meist allenfalls für eine stetig kleiner werdende Minderheit der Gesellschaft zutreffen.

Ein Beispiel hierfür sind Familienformen – als Norm gilt hier jenseits aller Realität weiterhin “Mama, Papa, zwei Kinder”. Das zeigt beispielsweise die CDU, welche die Ehe zwischen Mann und Frau als unverrückbare Norm zementieren will. Doch diese vermeintliche Norm geht an meiner Lebensrealität und der vieler anderen Menschen in Deutschland komplett vorbei – ich bin lesbische Co-Mutter in einer Regenbogenfamilie Ein weiteres Beispiel aus den 1950ern ist die Annahme, dass es in einer Ehe nur eine_n voll berufstätige_n Versorger_in gibt, während die andere Person quasi “ehrenamtlich” den Haushalt macht. Die Realität sieht meistens anders aus. Wenn Politik aber unter Ignoranz der realen Vielfalt gemacht wird, ist das Ergebnis vorhersehbar. Und dessen Konsequenz bekommen alle zu spüren, auch diejenigen, die mit der vermeintlichen gesellschaftlichen Norm wenig zu tun habe.

Homosexualität soll am besten unsichtbar sein,
finden besorgte Bürger

Welche Strahlkraft der Slogan “Das Private ist politisch” hat, zeigt sich daran, dass auch die Organisator_innen und Teilnehmer_innen der berühmt-berüchtigten “Demo für alle” in Stuttgart ihn als gesetzt annehmen. Diese inzwischen regelmäßige Demonstration vermeintlich “besorgter” Bürger_innen richtete sich zunächst gegen den neuen baden-württembergischen Bildungsplan, der inzwischen in Kraft getreten ist und ab dem Schuljahr 2016/17 gelten soll. Darin steht unter anderem, dass es Menschen mit unterschiedlicher sexueller Identität und sexueller Orientierung gibt. “So what?”, möchte frau rufen. Im 2013 veröffentlichten Entwurf sah das entsprechende Leitmotiv des Plans laut der ZEIT vor, dass Schüler_innen befähigt werden sollten,  “die Perspektiven anderer Personen und Kulturen übernehmen zu können, Differenzen zwischen Geschlechtern, sexuellen Identitäten und sexuellen Orientierungen wahrzunehmen und sich für Gleichheit und Gerechtigkeit einsetzen zu können’“ Und nochmal frage ich: “So what?”

Für die Initiator_innen der “Demo für alle” war diese Formulierung jedoch Grund genug, in ihrem Netzwerk u.a. zum Protest gegen die angebliche “Frühsexualisierung” der Schulkinder auf zu rufen. Ein Verbündeter organisierte eine Online-Petition gegen den Bildungsplan, bei der viele Unterzeichner_innen sich durch Hate-Speech inklusive Morddrohungen gegen homosexuelle Menschen hervor taten. Zwischenzeitlicher Höhepunkt war der Auftritt “konservativer” Größen wie Birgit “Lesben lecken” Kelle und des evangelikalen zehnfachen Vaters Hartmut Steeb, der froh war, dass keines seiner Kinder homosexuell sei (bzw. sich als solches geoutet hat, möchte ich ergänzen, die Statistik spricht gegen seine Annahme).

Ich bin allerdings sicher, dass die “Demo für alle”-Bewegung als Teil einer größeren Strategie eines Netzwerks rund um AfD-EU-Abgeordnete Beatrix von Storch und CDU-Mitglied sowie “Miss Homophobia” Hedwig von Beverförde schon vor der Veröffentlichlichung des Entwurfs des Bildungsplans geplant worden war. Auch diese Demonstrant_innen machen “das Private” zu Politik – allerdings mit dem Unterschied, dass sie ihre private Lebensrealität allen anderen aufzwingen und als “Normalität” gewahrt wissen wollen.

Normalität?

Kürzlich las ich (und schaute dann nach), dass Dr. Alice Weidel, Mitglied im Bundesvorstand der AfD, in der Talksendung “Menschen bei Maischberger” (Minute 57 ff.) mitteilte, es gehe der AfD letztendlich um die Trennung von Privatem und der Politik, also dem, was der Staat tue. Der Satz war sinngemäß ihre Antwort auf die Frage, wie es denn zusammen passe, dass ihre Partei gegen die Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare sei, sie aber mit ihrer (eingetragenen?) Lebenspartnerin ein (gemeinsames?) Kind groß ziehe. Frau Weidel führte dazu aus, es sei ein großes Mißverständnis, dass das eine (Private) mit dem anderen (Politik) etwas zu tun habe.

“Huch”, dachte ich, wie geht das denn? Nun bin ich als genesende Ex-Katholikin nicht besonders bibelfest, aber mir kam spontan die Redewendung “Wasser predigen und Wein trinken” in den Sinn.

Denn laut AfD ist Homosexualität wenn nicht heilbar, dann doch wenigstens abzulehnen, denn wie z.B. aus dem Thüringer Wahlprogramm 2016 hervorgeht, können aus eingetragenen Partnerschaften keine Kinder hervorgehen. Ja, ich weiß, ist beides nicht so, aber bleiben wir doch mal eben bei dieser ganz eigenen AfD-Logik. Sie geht noch weiter: Sexualkunde in der Schule ist ja, wie wir von der “Demo für alle” schon wissen, überflüssig. Schließlich haben die Eltern zu entscheiden, ob und wie sie ihre Kinder aufklären. Und wenn dann noch eine Landesregierung mit Aufklärung über (sexuelle) Vielfalt kommt, ist eh alles vorbei. So sagt beispielsweise Katrin Ebner-Steiner, AfD-Chefin des Kreisverbands Deggendorf, im Video auf dem AfD-Youtube-Channel zu entsprechenden Bemühungen in Bayern: “Und das schlimmste: Einführung einer massiven ideologischen Indoktrination an Bayerns Schulen und damit Entmündigung der Eltern. Dies erinnert an sozialistische Verhältnisse im Bildungswesen à la DDR.”.

Ignoranz 2.0

Ist Frau Dr. Weidel also eine trotz ihrer offen gelebten Homosexualität irgendwie in der AfD geduldete Anti-Sozialistin? Und ist sie ein Unikat? Nun bin ich aufgrund langjähriger Auseinandersetzung mit Politik verschiedener Fachrichtungen und Ebenen durchaus geneigt, sinnfreie Äußerungen auf die Ignoranz und mangelnde Bereitschaft des_der Sprechenden zurückzuführen, sich auseinanderzusetzen. Doch nach Lektüre über Frau Dr. Weidel, ihre Karriere, ihren Aufstieg in das durchaus diverse AfD-Führungsteam und ihre Ideen zu liberaler Politik gehe ich nicht nur davon aus, dass sie genau weiß, was sie tut, sondern auch, dass sie glaubt, davon profitieren zu können.

Alice Weidels erfolgreiche schulische und berufliche Karriere beschreibt ein Artikel im Haller Kreisblatt recht gut. Auch rhetorisch ist sie gut – möglicherweise als einzige Frau in einer Männerrunde ganz besonders. Die Männerrunde bei Frau Maischberger zumindest hatte ihre Mitdiskutantin zu keinem Zeitpunkt im Griff, im Gegenteil. Die Herren ignorierten die obige Äußerung Weidels völlig und sprachen weiter über ihr eigenes Bild der AfD, was Frau Weidel geschickt konterte. Unter anderem gelang es ihr in der Sendung mitzuteilen, der Bundesvorstand der AfD sei viel liberaler als das allgemein gesehen werde, es gebe zahlreiche Homosexuelle in der Partei, die auch in einer eigenen Arbeitsgemeinschaft zusammenträfen. Zudem belehrte sie die Anwesenden über die “basisdemokratische” Arbeitsweise ihrer Partei, als es um die Frage ging, ob die vom investigativen Journalismusbüro correctiv! geleakten Inhalte der AfD-internen Programmdiskussion Substanz hätten.

In dem Papier heißt es unter anderem, die “politische Führung” Deutschlands höhle den Rechtsstaat aus und zeige dabei in ihrem “Totalitarismus” “selbstherrliche Willkür”.  Den “schlanken Staat” will die AfD beschränken auf “innere und äußere Sicherheit, Justiz, Auswärtige Beziehungen und Finanzverwaltung”. Sie wundern sich, dass der Klimaschutz hier gar keine Rolle spielt? Seien Sie gewiss, eine vorgebliche globale Klimaveränderung ist gar kein Problem, weil der Treibhauseffekt laut AfD nicht existiert. Eine CO2-Zunahme sei vielmehr positiv zu sehen, weil sie das Pflanzenwachstum begünstige. Die Bundesregierung hingegen missbrauche “unter dem Schlagwort ‘Klimaneutrales Deutschland 2050’ durch ‘Dekarbonisierung’ die steigende CO2-Konzentration zur ‘Großen Transformation’ der Gesellschaft, mit der Folge, dass die persönliche und wirtschaftliche Freiheit massiv eingeschränkt wird.” Hm, Mist, da hat doch jemand den Beteiligungsprozess zum Klimaschutzplan 2050 glasklar durchschaut!

Achso, auf die Inhalte des geleakten Textes ging Frau Weidel in der TV-Talkshow selbstverständlich nicht ein. Stattdessen teilte sie ungefragt mit, sie sei ja urliberal, aber die FDP habe nunmal nicht die richtige Antwort gehabt auf die gegen den Maastricht-Vertrag verstoßenden Euro-Rettungspakete.

Urliberal

Mein Bild des “Urliberalismus” ist mein Vater, der in meiner Kindheit und Jugend am Montag nach Wahlen, bei denen die FDP die 5-Prozent-Hürde gemeistert hatte, mit knallgelbem Hemd und stahlblauer Krawatte ins Büro ging. Seine Auffassung von Liberalismus war am ehesten mit “Leben und leben lassen” beschrieben, Politolog_innen würden wohl von einer sozialliberalen Einstellung sprechen. Wirtschaftsliberalismus, also die Freiheit der Märkte von staatlichen Regulierungen, wie ihn die FDP nach der Kohl’schen (und Genscher’schen) “Wende” später propagierte, war seine Sache nicht.

Der “Urliberalismus” von Frau Dr. Weidel erscheint mir eher das genaue Gegenteil von der Einstellung meines Vaters zu sein, nämlich National- oder Rechtsliberalismus. Sie ist u.a. Mitglied der Friedrich August v. Hayek-Gesellschaft e.V., die sich im Sinne ihres Namensgebers den Kampf gegen den Sozialismus auf die Fahnen geschrieben hat. Auf der Homepage des Vereins heißt es u.a.: “‘Umverteilung’ ist in den Wohlfahrtsstaaten zu einer Art Gesellschaftsspiel geworden, in dem niemand mehr über eine Übersicht über die realen Umverteilungsströme verfügt und die sozialen Nebenwirkungen nur selten bemerkt werden.”

Spätestens hier muss ich als Autorin von Gesellschaftsspielen Zweifel anmelden. Denn Gesellschaftsspiele zeichnen sich gerade nicht dadurch aus, dass niemand die “Nebenwirkungen” des Spiels bemerkt. Im Gegenteil ist genau das Austarieren der Haupt- und Nebenwirkungen vornehmste Aufgabe des_der Spieleautor_in.

Frauen auf dem Podium Fehlanzeige

Doch zurück zur Sache: Die Friedrich August v. Hayek-Gesellschaft schafft es tatsächlich, u.a. gemeinsam mit dem Verein Zivile Koalition (Vorsitz: AfD-Europaabgeordnete Beatrix von Storch – das ist die mit dem #Mausrutscher), die 2016er Ausgabe der von ihr federführend gestalteten Veranstaltung “Forum Freiheit” mit einer Frauenquote von 0 Prozent bei den Redner_innen (oder soll ich Rednern schreiben?) zu gestalten.

Meine Annahme, dass jede Diskussion bei aller Skepsis bezüglich deren Fragestellung und Ausrichtung davon profitieren kann, wenn Frauen daran beteiligt sind, fällt dabei bereits unter den von Frau von Storch geprägten Begriff “Genderismus”. Darunter versteht diese und vermutlich auch die AfD sinngemäß eine Ideologie, die entgegen den biologischen Tatsachen unterstellt, dass Frauen und Männer gleich seien. Grundgesetz, ick hör dir trapsen. “Ismen”, so haben wir alle in der Schule gelernt, sind Ideologien, die Bürger_innen in einer Demokratie kritisch hinterfragen (sollten). Von Storch kombiniert nun das soziale Geschlecht “Gender” mit dieser Nachsilbe und hat im Handumdrehen eine Ideologie geschaffen, die für alles Schlechte in der Welt zuständig ist. Die Kinder gehorchen Vati, der nie zu Hause ist, nicht mehr? Klarer Fall von Genderismus. Die 14jährige Tochter ist über Empfängnisverhütung informiert und hat schon mal ein Kondom in der Hand gehabt? Genderismus!!! Dass sie das Kondom im Sexualkundeunterricht angefasst hat und rief “Iiiieh, glitschig!” – wen interessiert das da noch?

Liberal?

Wie aber passt der Rechtsliberalismus von Frau Dr. Weidel zu solchen reaktionären Positionen und Schlagworten? Wie kann sie angesichts ihres eigenen Lebensentwurfs Formulierungen wie: “Gleichzeitig wenden wir uns gegen eine Glorifizierung individualisierter Lebensformen” mittragen? “Individualisierte Lebensformen” sind ja nun durchaus im Kern liberal – “Leben und leben lassen”, “Jede_r ist seines_ihres Glückes Schmied_in” und so weiter. Und auch wenn ihr Privatleben vermeintlich unpolitisch ist, so lebt sie nach AfD-Definition in einer “individualisierten Lebensform” bzw. ist als kinderaufziehende Lesbe selbst eine. Was also heißt hier Glorifizierung?

Wer etwas glorifiziert, verherrlicht es und beschönigt damit den Sachverhalt an sich (hier: die nicht-heterosexuelle Familie bzw. die homosexuelle Identität). “Ziel der Glorifizierung ist es allgemein, negative Aspekte aus Vergangenheit und Gegenwart sowie die möglichen negativen Folgen zukünftigen Handelns aus den Köpfen der Menschen zu verdrängen”, sagt Wikipedia. Mit anderen Worten: Die AfD-Programmkommission, der Dr. Alice Weidel angehört, vertritt im Leitantrag für den Bundesparteitag die Position, dass in unserer Gesellschaft nicht-heterosexuelle Lebensweisen sowie vielfältige Familienformen a) gegenwärtig glorifiziert werden b) nicht mehr verherrlicht oder beschönigt werden sollen, da sie nicht gleichwertig mit Ehe, traditioneller Familie und heterosexueller Identität seien.

Rechts(liberal)

Das ist für sich genommen keine rechtsliberale, sondern eine rechte bis rechtsextreme Position. Und damit geht es Frau Weidel und ihrer Partei eben nicht darum, das Private privat sein zu lassen. Es geht ihnen darum politisch zu bestimmen, was privat erwünscht ist und was nicht.

Und so ist die augenblickliche Stärke der AfD in Umfragen und bei den letzten Landtagswahlen vermutlich genau damit zu erklären, dass sich Rechtsliberale und Rechte zusammen getan haben. So werden Wähler_innen in zwei Lagern gewonnen – dort, wo die rechten Botschaften wichtig sind, und dort, wo sie nicht Grund genug sind, die AfD NICHT zu wählen. Die Rechtsliberalen in der Partei tolerieren dabei die rechten Parolen nicht nur, sondern nutzen sie explizit zur Stärkung ihrer Wähler_innenbasis. Natürlich wird einer “urliberalen” Alice Weidel bei Frau Maischberger nicht die Parole “Ausländer raus” über die Lippen kommen. Das muss sie aber auch gar nicht, weil schon die Nicht-Distanzierung von entsprechenden Äußerungen anderer Parteimitglieder eine deutliche Sprache spricht. Dazu kommt, dass die Wahlerfolge der AfD mindestens in einigen Landesverbänden massiv von rechten und rechtsextremen Vordenker_innen vorbereitet worden sind. Mit Liberalismus – egal ob nun sozial oder national – haben es diese Menschen dabei eher nicht so, im Gegenteil. Der DDR-Sozialismus, den die o.g. Dame aus Deggendorf unterstellt, ist vermutlich noch harmlos gegen die Staatsmodelle dieser Damen und Herren. Die AfD in diesen Landesverbänden ist so liberal wie die NSDAP sozialistisch war.

Zur Klarstellung: Rechtsliberal ist aus meiner Sicht, wer zwar für individuelle Freiheit eintritt (im Privaten!), aber dem Prinzip der freien Marktwirtschaft und der wirtschaftlichen Freiheit (in der Politik!) alle anderen Leitprinzipien unterordnet. Soziale und ökologische Aspekte werden in der Anwendung dieser Theorie ebenfalls am besten vom Markt geregelt, den “schlanken” Staat braucht es nur noch, um Außen- und Verteidigungspolitik sowie die innere Sicherheit und die Staatsfinanzen – gerne in einem reinen Nationalstaat – zu regeln. Alle weiteren Regeln z.B. zu Gleichstellung, aber auch zu vielen anderen Zielen der Nachhaltigkeit, wie sie gerade mit den Sustainable Development Goals (SDG) international vereinbart worden sind, sind im Rechtsliberalismus überflüssig, da ja der Markt… naja, Sie wissen schon.

Der vorläufige AfD-Programmentwurf wirkt deswegen so absurd, weil beide Strömungen in der Partei versuchen, die Ausrichtung der Bundespartei zu prägen. Die Rechtsliberalen wie Frau Dr. Weidel scheinen zu glauben, dass ein bißchen Rechtsextremismus schon nicht schaden wird. Außerdem wird die freie Marktwirtschaft auch einfacher, wenn der Staat kein Geld für irgendwelche Integration ausgeben muss. Und die rechten Vordenker_innen aus den ostdeutschen Bundesländern glauben zu Recht, dass ein bisschen Rechtsliberalismus die Partei auch im Westen wählbarer macht. Das zeigt das Beispiel Bildungsplan-Protest in Baden Württemberg.

Fragt sich nur was passiert, wenn die Partei irgendwann wirklich einen Regierungsauftrag bekommt. Entscheidet dann der_die Minister_in, ob sein_ihr Haus rechtsextreme oder rechtsliberale Politik macht? Grenzen sich die Strömungen deshalb öffentlich so wenig voneinander ab? Oder wie kann eine Frau Dr. Weidel den ganzen Quatsch, den ihre Partei zu “individuellen Lebensformen” absondert, nicht nur ertragen, sondern auch noch öffentlich vortragen und erläutern, das alles habe ja mit ihrem (und ergo mit meinem) Privatleben nichts zu tun?

Wird die AfD-Politik auch Frau Dr. Weidel betreffen?

Wenn Frau Dr. Weidel nicht wirklich Wasser predigt und Wein trinkt, dann kann ich nur unterstellen, dass Frau Dr. Weidel vermutet, es werde schon nicht so schlimm werden. Nun ist Frau Weidel dank ihrer Ausbildung, Karriere und angenommenen Wohlstand vermutlich in der glücklichen Lage, relativ einfach auswandern zu können, wenn es denn doch so schlimm kommt wie beispielsweise in Russland oder Ungarn, wo Homosexuelle dank der absurden Gesetzgebung gegen “homosexuelle Propaganda” gesellschaftliche Verachtung, politische Verfolgung sowie Gewalt ohne rechtliche Konsequenzen fürchten müssen. Wie sie ihre Flucht vor den Früchten ihrer eigenen Politik dann ihrem Kind erklärt, würde ich allerdings schon gerne wissen – auch, falls ich das aufgrund ihrer Partei irgendwann meinen Kindern erklären muss.

2 Antworten zu “Das Private ist politisch”

  1. Pinguinlöwe sagt:

    Ein wichtiger Punkt, den wohl viele nicht im Blick haben. Parteien versuchen händeringend die rechten Stimmen irgendwie mit aufs Boot zu bekommen und damit meine ich nicht die AFD, die sich ja sowieso schon deutlich rechts positioniert. Aber wenn SPD und CDU es ihr gleichtun, mit dem irrsinnigen Gedanken das Ruder am Ende wieder herum reißen zu können, ist das viel gefährlicher als die AFD alleine sein könnte.

    Das ist ein Spiel mit der Box der Pandorra und wer die einmal geöffnet hat, bekommt sie nicht mehr zu.

    Vielen Dank für die interessante Analyse: Sie zeigt noch einmal sehr klar, wie wichtig es ist gegen die AFD und die Demo für (so gut wie keinen) aufzustehen.

  2. Giliell sagt:

    Für die Initiator_innen der “Demo für alle” war diese Formulierung jedoch Grund genug, in ihrem Netzwerk u.a. zum Protest gegen die angebliche “Frühsexualisierung” der Schulkinder auf zu rufen.

    Sexualkunde in der Schule ist ja, wie wir von der “Demo für alle” schon wissen, überflüssig. Schließlich haben die Eltern zu entscheiden, ob und wie sie ihre Kinder aufklären.

    Ich frage mich ja immer, ob diese Menschen
    a) die letzten 15 Jahre nichts mit Kindern zu tun hatten
    b) noch nie etwas von der Existenz einer Einrichtung namens „Internet“ gehört haben
    c) einfach dreist lügen

    Die Grundschule meiner Tochter musste vor 2 Jahren ein Handy-Verbot (wer hätte gedacht dass das ein Massenphänomen unter 6 Jährigen ist?) einführen nachdem einige Kinder auf dem Schulhof Hardcore Pornos zeigten.

    Ich wiederum habe gerade mit einer 6. Klasse das Thema „Erwachsen werden“ in Naturwissenschaft begonnen. Zum Auftakt durften sie mal vom Leder reden, bzw. schreiben und alle Begriffe aufschreiben, die sie kennen, in „Fachbegriffe“ „Umgangssprache“ und „Beleidigungen“ sortieren (ratet mal welches Geschlecht in welcher Kategorie am stärksten vertreten war) und dann haben wir darüber geredet welche Begriffe wir in der Schule benutzen.

    Also zum Glück werd ich nicht leicht rot. Ich schwöre, viele der Begriffe kannte ich mit 20 nicht, geschweige denn mit 12. Ziemlich schnell wurde mir klar: Mein Job ist hier nicht „Aufklärung“ sondern „Schadensbegrenzung“: der verzweifelte Versuch Fehlkonzepte und toxische Ideen zum Thema Sex ein wenig gerade zu rücken.