Viele Grüße aus der Teilzeit-Falle

Foto , CC BY 2.0 , by Kat Grigg

60 Prozent aller Eltern mit Kindern unter drei Jahren wünschen sich, dass beide Teilzeit arbeiten und sich die Care-Arbeit 50/50 aufteilen. Auf Dauer ziehen gerade mal zwei Prozent aller Familien dieses Modell durch.

Warum? Sind die alle unfähig, faul oder schlecht organisiert? Ist das die viel zitierte “verbale Aufgeschlossenheit bei gleichzeitiger Verhaltensstarre” der Männern? Oder sind es die Frauen, die zu freiwillig zurückstecken und sich der Auseinandersetzung mit ChefIn und Partner nicht stellen wollen?

Vor zehn Jahren hätte ich als Gründe wohl irgendsoeine Mischung davon vermutet. Mit 25 fing ich an, Vollzeit zu arbeiten und mich verwirrten sie, diese Frauen, die zwischen zehn und zwanzig Stunden arbeiteten, leidlich zufrieden damit schienen, mittelwichtige und mittelspannende Aufgabe zu haben und immer pünktlich gingen, um die Kinder abzuholen. “Und was ist mit dem Vater?”, fragte ich mich, schon immer sehr mit dem Thema Gleichberechtigung der Geschlechter beschäftigt. Das kann man sich doch besser aufteilen, die Mutter ist doch nicht alleine zuständig!

Wir, M. und ich, würden das mal besser hinkriegen mit der Aufteilung, dachte ich. Ich schwor mir, nicht eine von diesen “Zuverdienerinnen” zu werden, auf deren Gehalt es nicht ankommt und die nur arbeitet, um “den Fuß drinzubehalten”, wie es immer so schön heißt. Den Fuß in einer Tür, die sich trotzdem schließt, egal wie viele Gliedmaßen eine Frau da hineinsteckt, weil die Kinderlosen oder die, denen eine “den Rücken freihält”, schon längst im Aufzug stehen und ohne eine nach oben fahren, aber das wusste ich damals noch nicht.

Immerhin war ich damals nicht wie andere Mittzwanzigerinnen der Meinung, das mit der Gleichberechtigung sei schon fast erledigt und es brauche nur noch eine jüngere Generation in Entscheidungspositionen, damit das Patriarchat endlich ein Ende habe. Ich sah einiges an Handlungsbedarf – aber das mit der Erwerbs- und der Care-Arbeit hielt ich für ein individuelles Thema zwischen den beiden Partnern. Ernsthaft, da müssten Eltern sich einfach nur besser organisieren, die Mütter müssen die Väter mehr ranlassen, Kinder ohne schlechtes Gewissen den ganzen Tag in die Kita stecken und die eigene Karriere ernster nehmen – oder?!

Ich hatte das fest vor. Dennoch arbeite ich heute Teilzeit. M., mein Mann und der Vater meiner Kinder, arbeitet Vollzeit.

Wie ist das denn passiert?

Dass ich mich für mehr halte als eine “Zuverdienerin”, liegt nur daran, dass ich versuche, 28 Wochenstunden zu schaffen, womit mein Gehalt immerhin ⅓ oder ⅖ oder ⅜ oder auf jeden Fall keinen unerheblichen Teil unseres Nettos ausmacht. In der oben zitierten Statistik würde unsere Arbeitsteilung dennoch unter “Modell Hauptverdiener und Zuverdienerin” gezählt werden. Vielleicht sollte ich mehr arbeiten?

Das am meisten verbreitete 50/50-Modell ist nämlich nicht das, das sich alle wünschen – zweimal Teilzeit – sondern zweimal Vollzeit 14 Prozent aller Paare mit Kindern leben und arbeiten so. Manche wahrscheinlich, weil es finanziell nicht anders geht. Viele, weil sich das Doppel-Teilzeit-Modell auf Dauer nicht lohnt.

1. Warum wir nicht beide Teilzeit arbeiten

Damit meine ich, dass sich Teilzeit generell nicht lohnt – und Doppel-Teilzeit lohnt sich daher doppelt nicht. Wer nicht Vollzeit plus Überstunden arbeitet, bekommt keine Beförderung, kein interessantes Projekt, keine oder nur wenig Gehaltserhöhung. Das ist kein verbitterter Vorwurf an die böse Welt oder gar ein persönlicher an meine Vorgesetzten (ganz im Gegenteil übrigens, aber das ist vielleicht Thema für einen anderen Text), sondern eine simple Realität. Auch ich würde als Chefin eher auf jemanden setzen, der/die bereit ist, 40 bis 50 Stunden flexibel nach Bedürfnissen der Firma abzuleisten als jemanden, der Dienstag, Mittwoch und Freitag pünktlich weg muss und auch bei Großlagen nur nach Absprache Überstunden machen kann.

Das alleine ist nicht diskriminierend, sondern eine einigermaßen legitime Bevorzugung von VollzeitmitarbeiterInnen gegenüber TeilzeitmitarbeiterInnen. Doch dass die Reduzierung von Arbeitszeit einer die Chancen verhagelt, erklärt, warum nur ganz ganz wenige Paare bereit sind, diese Arschkarte gleich zweimal zu ziehen. Es macht schließlich überhaupt keinen Sinn, sich gleich zwei Karrieren zu versauen!

Stefanie Lohaus, die mit ihrem Partner Tobias Scholz ein Buch über ihr 50/50-Projekt geschrieben hat, beschreibt dieses Problem auch. Für die beiden funktioniert die gerechte Aufteilung und die doppelte Teilzeit auch, weil sie keinen besonders aufwändigen Lebensstil pflegen und bereit sind, ihren Prinzipien zuliebe zumindest übergangsweise finanziell zurückzustecken (ich habe das Buch gerade verliehen, deswegen zitiere ich aus der Erinnerung – ich hoffe es stimmt einigermaßen).

“Familienzeit”: Tolle Idee, leider praxisfern

Die Soziologin Jutta Allmendinger hat sich dieses wunderbare Konzept von Lebensarbeitszeitkonto ausgedacht, demzufolge Menschen in der so genannten Rush Hour des Lebens weniger arbeiten dürfen. Familienministerin Manuela Schwesig diskutiert dieses Konzept unter dem Titel “Familienzeit” seitdem ganz gerne: Junge Eltern sollen beide auf 32 Stunden reduzieren, wenn die Kinder klein sind und sich gleichberechtigt um Kinder, Küche und Karriere kümmern.

Letztere findet aber mit 32 Stunden nicht statt. Deswegen verdienen zwei Menschen, die jeweils 75 Prozent arbeiten, nicht dasselbe, wie zwei Menschen, bei denen einer 100 Prozent und eine 50 Prozent arbeitet (von Ehegattensplitting und Gender Pay Gap will ich an dieser Stelle gar nicht anfangen).

M. und ich haben letztens über ein 80-90-Modell nachgedacht, also überlegt, ob ich vielleicht noch zehn Prozent drauflegen um näher an die Vollzeit zu kommen und damit meine Chancen erhöh. Und ob er das ausgleicht und entsprechend Stunden reduziert. Wir haben dieses Gedankenspiel schnell verworfen. Teilzeit arbeiten mit wenig Stunden hat den Nachteil, dass man nicht mehr für voll genommen wird. Teilzeit mit vielen Stunden hat den Nachteil, dass man meistens einfach einen Vollzeitjob für weniger Gehalt macht.

2. Warum wir nicht beide Vollzeit arbeiten

Es ist daher kein Zufall, dass das am meisten praktizierte 50/50-Modell das Doppel-Vollzeit-Modell ist (hier und hier haben meine Kolleginnen und ich für die SZ Eltern und ihre Arbeitsteilung beschrieben. Bei der Recherche fiel auf, dass Doppel-Teilzeit-Paare am schwierigsten zu finden ist – kein Zufall, meiner Meinung nach).

Doch für mich wäre Doppel-Vollzeit nichts. Mal ganz davon abgesehen, dass die meisten Kita-Öffnungszeiten das gar nicht hergeben, geht Doppel-Vollzeit mit zwei Kindern nur, wenn man außergewöhnlich belastbar ist. Es gibt diese Paare, die haben drei Kinder und zwei Führungspositionen und trotzdem die Energie, regelmäßig zum Yoga zu gehen, auf Podiumsdiskussionen zu sprechen und Ernte vom eigenen Hochbeet zu Bio-Chutney zu verarbeiten.

Wir gehören nicht dazu. Gemeinsam arbeiten wir im Moment 170 Prozent, das sind 68 Wochenstunden Erwerbsarbeit. Dazu kommen ichweißnichtwieviele Stunden Kinderbetreuung und Hausarbeit und ehrlich gesagt: Es reicht! Eigentlich ist es schon zu viel. Egal, wer an welchem Tag wie lange ins Büro geht, für uns beide beginnen die Tage um 6 Uhr, sie enden frühestens um 21 Uhr und die entspannteste Zeit dazwischen ist entweder das Mittagessen mit den KollegInnen oder ein Kaffee mit einer befreundeten Mutter am Spielplatz (generisches Femininum hier Absicht).

Mit großen Schmerzen habe ich mich daher vor kurzem auf eine attraktive Stelle nicht beworben. Ich hätte dafür eine Schippe drauflegen müssen – doch da geht einfach nix mehr. Wollten wir in unsere Woche noch mehr Erwerbsarbeit quetschen müssten wir uns A) komplett aufarbeiten oder B) irgendetwas vernachlässigen oder C) möglichst viel delegieren. Meine Bauchschmerzen mit dem Abgeben von Care-Arbeit an weniger privilegierte Frauen (meistens) habe ich schon mal hier aufgeschrieben. Bei anderen Paaren ist es die Oma (fast nie der Opa), die die Lücke stopft, die Mama mit ihrer Berufstätigkeit aufgerissen hat.

Schon unser Vollzeit-Teilzeit-Alltag würde ohne regelmäßige Großelterneinsätze nur schwer funktionieren. Auf ein Doppel-Vollzeit-Modell mit der Oma als Hauptbetreuungsperson hat in unserer Familie aber niemand Lust (Oma auch nicht) – und mal aus feministischer Perspektive gedacht: Ist es Gleichberechtigung, wenn die Care-Arbeit von Oma statt von Mama erledigt wird? Ich denke nicht.

3. Warum nicht ich Vollzeit mache und er Teilzeit arbeitet

Doppel-Teilzeit also nichts für uns, Doppel-Vollzeit auch nicht – was bleibt? Eine Kombi aus Voll- und Teilzeit. Rein theoretisch muss aber nicht ER den Vollzeitjob machen und SIE Stunden reduzieren, andersherum ginge auch. Doch das machen aber weniger Paare als das Doppel-Teilzeit-Modell, so wenige, dass sie in den Statistiken zum Thema gar nicht vorkommen. Woran das generell liegt, ist schnell erzählt: Meistens verdient der Mann so viel mehr, dass das finanziell nicht sinnvoll ist – siehe Gender Pay Gap, siehe warum Frauenberufe schlechter bezahlt werden als Männerberufe, siehe warum Frauen es beim beruflichen Aufstieg schwerer haben.

Nichts davon war unser Problem, als unser erstes Kind zur Welt kam. Hätten wir alleine nach unseren damaligen Gehaltszetteln und Positionen entschieden, hätte M. in Teilzeit gehen müssen, denn zumindest auf den Stundenlohn gerechnet habe ich damals mehr verdient. Musste er aber nicht – denn ich war bereits in Teilzeit. Ich habe meine Arbeitszeit schon lange bevor ich schwanger wurde, reduziert. Aus gesundheitlichen Gründen, weil ich Lust dazu hatte und es mir leisten konnte, mit dem festen Ziel, wieder Stunden zu erhöhen, sobald die Umstände es zulassen. Die Gründe, weswegen ich reduziert habe, sind nur noch zum Teil vorhanden. Dafür gibt es jetzt zwei Umstände, die fünf und eineinhalb Jahre alt sind.

Wieder hochgehen mit den Stunden ginge nur, wenn M. dann reduziert. Theoretisch haben wir vor, das irgendwann zu machen. Praktisch habe ich das Gefühl, dass wir gerade in eine Schieflage geraten, die immer schiefer wird, so dass es irgendwann keinen Sinn mehr machen wird, etwas zu ändern. Denn Gehaltserhöhungen, Beförderungen, interessante Projekte bekommt gerade er, nicht ich. Werde ich jemals noch an eine Aufgabe kommen, die es rechtfertigt, unser Modell umzudrehen? Als ich in Teilzeit gegangen bin, sah ich das als vorübergehenden Zustand an. Seitdem warte ich auf den richtigen Zeitpunkt und die richtigen Gründe, um diesen Zustand wieder zu ändern – und denke mir jedes Mal, wenn sich die Frage stellt: Jetzt geht es gerade nicht.

Deswegen fühlt es sich manchmal so an, als würden mir beruflich alle Felle davonschwimmen, während ich am Spielplatz sitze oder die Waschmaschine ausräume. Der Titel dieses Textes lautet “Viele Grüße aus der Teilzeit-Falle”, weil ich dieses Wort so oft höre und mich davon so unangenehm angesprochen fühle.

Die einzige Lösung, die mir einfällt, ist, Teilzeit nicht als unveränderbaren Makel, sondern als vorübergehenden Zustand zu sehen. Meine Berufstätigkeit wird vermutlich Jahrzehnte dauern – muss es wirklich langfristig ein Problem sein, ein paar Jahre keine 40-Stunden-Woche hingelegt zu haben? Wenn meine Kinder keine Rund-um-die-Uhr-Betreuung mehr brauchen, bin ich etwa 40 Jahre alt und habe noch mehr Berufstätigkeit vor als hinter mir.

Vielleicht schließt sich die Tür doch nicht, in die arbeitende Mütter ihre Füße strecken, vielleicht dürfen sie doch noch mit dem Aufzug mitfahren. Es macht auch nichts, dass die Kinderlosen schon oben sind, Karriere ist kein Wettrennen. Dass, wer weniger Stunden arbeitet, langsamer vorankommt, ist schon okay. Schlimm fände ich es, wenn da gar nichts mehr ginge.

Feministin und Teilzeit-Mama –
willkommen im Identitäts-Wirrwarr

Ich bin Feministin. Und ich bin eine Teilzeit-Mama. In meinem Kopf kriege ich das manchmal schwer zusammen und ziehe mich dann hoch an der Tatsache, dass ich nicht wegen den Kindern reduziert habe – was aber nicht viel nützt. Denn leider stimmt auch, dass ich nun wegen den Kindern nicht wieder auf Vollzeit gehe. Oder ich ziehe mich daran hoch, dass ich zwar mehr Zeit mit den Kindern verbringe als ihr Vater, wir die Care-Arbeit aber davon abgesehen gerecht zwischen uns aufteilen.

Oder ich versuche mir einzureden, dass es auf mich nicht ankommt. Dass es wichtiger ist, dass es mir, meinen Kindern und meiner Familie gut geht. Dass wir eine Arbeitsteilung finden müssen, die für uns funktioniert – egal, was sie für die globale Gleichberechtigung bedeutet. Trotzdem fühle ich mich immer mitschuldig an den Statistiken, anhand derer bedauert wird, dass Mütter so selten Vollzeit arbeiten.

Denn wenn ich nicht gerade mit dem Widerspruch zwischen meinen theoretischen Zielen (“Gleichberechtigung! Immer! Überall! Das Private ist politisch!”) und meinem Privatleben hadere oder über meine Altersvorsorge nachdenke (immerhin, 28 Stunden und das daraus resultierende Gehalt sind nicht so wenig), bin ich glücklich. Es heißt oft, dass Frauen nicht alles haben können, und das ist richtig. Doch wenn ich so auf meine Woche gucke, ist da alles drin, was ich ich mag: Zeit mit meinen Kindern, Zeit mit M., Zeit in der Redaktion, Zeit für Yoga, Zeit für eine Episode meiner Lieblingsserie. Klar, alles davon könnte mehr sein.

Oft wünsche ich mir mehr Zeit zu zweit, für Sport, fürs Nichtstun. Noch öfter bin ich unzufrieden mit dem, was bei meinen 28 Wochenstunden so rauskommt. Ich würde gerne noch bei diesem Projekt mitmachen, ich möchte noch jenen Text schreiben, diese Besprechung habe ich schon wieder verpasst und außerdem wäre ich fachlich qualifiziert genug für die nächste ausgeschriebene Führungsposition! Ich möchte auf ein Yoga-Retreat fahren, mehr dicke Bücher lesen und endlich die Zeit finden, mit meiner Tochter Erdbeermarmelade zu kochen. Manchmal möchte ich ein drittes Kind, noch öfter sehne ich mich nach einer gepflegteren, aufgeräumteren Wohnung und außerdem könnte ich mir mal wieder die Nägel lackieren. Doch morgen soll ich einen Text für kleinerdrei abgeben.

Meine Woche hat 168 Stunden, meine Kraft ist beschränkt. Mehr geht gerade einfach nicht, und deswegen bleibe ich vorerst, wo ich bin: In Teilzeit.

Wie teilt ihr euch Erwerbs- und Care-Arbeit auf? Wie klappt es?
Und welche Nachteile hat euer Modell?

11 Antworten zu “Viele Grüße aus der Teilzeit-Falle”

  1. Ilsa sagt:

    „und ziehe mich dann hoch an der Tatsache, dass ich nicht wegen den Kindern reduziert habe“ – diesen Satz verstehe ich nicht. Warum darf man Stunden für das eigene Wohl reduzieren, aber nicht, wenn dieses eigene Wohl mit den Kinder zusammenhängt? Was ist daran ungehörig? Es kann dann noch im feministischen Sinne sein, Kinder wegzuorganisieren mit dem Ziel, es den Männern gleichzutun und sich noch willfähriger den Wünschen des Arbeitsmarkts zu unterwerfen. Was daran feministisch sein soll, hat mir noch nie eingeleuchtet. Das wahrhaft Ungerechte finde ich, dass ein Aufstocken zurück auf Vollzeit, wenn die Kinder größer sind, und eine Karriere auch in etwas späteren Jahren so schwer möglich ist. Das ist es, was sich ändern müsste.

  2. Da Na sagt:

    Genau was du schreibst: Ich will gar nicht mehr arbeiten, ich hab genug zu tun. Nur der bekloppte Aufkleber „Markelhaft“ muß mal von Teilzeit abgeknibbelt werden.

  3. mauerunkraut sagt:

    Danke, dass du ein wenig Einblick in deine/eure Situation gibst. Mein Partner und ich spinnen uns regelmäßig Pläne zusammen, wie wir Erwerbs- und Care-Arbeit gemeinsam lösen wollen (und prinzipiell sind wir für eine 50/50-Lösung). Aber es sind leider auch ungelegte Eier (im wahrsten Sinne des Wortes) und ich befürchte, dass wir vor ähnlichen „Problemen“ und Aushandlungsprozessen stehen werden, wie ihr.
    Aber in Anbetracht dessen, dass wir ohnehin bis 70 Jahren arbeiten werden, sollte vielleicht auch die steilen Lebensläufe und Karriere Pläne überdacht werden. Warum müssen wir in Anbetracht dessen Unterbrechungen vermeiden? Warum in ein Arbeitsleben von bis zu 50 Jahren nicht auch die Familienphase mit einplanen? Warum nicht auch Karrierestarts ab 40 ermöglichen?

  4. Isibisi sagt:

    Toll! Vielen herzlichen Dank für den Artikel, genauso geht es mir (uns), einschließlich der Politik im Privaten und Kindern mit gleichem Altersabstand, nur, dass ich das nicht so gut in Worte fassen kann (bin bloß Ingenieurin ;-)).
    Und eine Besonderheit haben wir auch noch zu meistern: Mein Mann hat aus erster Ehe drei weitere Kinder, für die er übrigens sehr brav monatlich etwa die Hälfte seines Nettos abgibt, sodass die Zwangslage, was die finanziellen Mittel angeht, noch etwas zwanghafter ist. Auch ich bin bei den 28 Stunden mit Arbeit und Gehalt zufrieden. Und Aussicht auf Weiterentwicklung, wenn ich wieder mehr Zeit habe, besteht auch. Evtl. ist im Artikel noch der Ansatz, mit 40 wieder mehr Zeit für die Arbeit zu haben, noch zu hoch gegriffen, da bin ich jetzt schon aber die Kraft reicht trotzdem (noch) nicht.
    Grüße

  5. Becky Nozzas sagt:

    Tja als Alleinerziehende kann ich da zwar nicht mitreden, aber ich beneide den Luxus über verschiedene Arbeitsmodelle in der Familie nachdenken zu können. Zeit für mich allein kenne ich gar nicht, der Teilzeitjob mit 5 Stunden täglich reicht nicht zum Leben so dass ich mit HartzIV aufstocken muss und mich die damit verbundene finanzielle Not oft an den Rande dessen bringt, was ich noch ertragen kann. Da helfen mir weder mein Diplom noch meine zahlreichen beruflichen Auszeichnungen, denn es scheitert schlicht an der zur Verfügung stehenden Arbeitszeit. Ich stehe morgens um 5.30 h auf und gehe abends um 21.00 h ins Bett, dazwischen dreht sich alles nur um Arbeit, Kinder und Haushalt – da bleibt keine Zeit für femministische Überlegungen.

    Ein wichtiger Faktor ist darüber hinaus, dass die Kinder ein Recht darauf haben Zeit mit ihren Eltern, zumindest einem Elternteil zu verbringen, denn wenn sie immer nur in der Fremdbetreuung sind geht auch ein großes Stück an Geliebtwerden und Familiengefühl verloren! Sicher könnte ich meine Kinder nach dem Kindergarten für teures Geld betreuen lassen – das brächte vielleicht 200,- € mehr im Monat unterm Strich – aber zu welchem Preis? Wäre das wirklich gut für meine Kleinen? Ich finde nicht, denn ich bin die einzige konstante (und liebende) Bezugsperson, die sie haben. Dieser „soziale“ Aspekt des Kindeswohls findet viel zu selten Erwähnung wenn es um die Debatte der Mutterarbeitszeit geht.

  6. Ingrid sagt:

    Danke für diesen Text!
    Wir stehen gerade am Anfang der Familienplanung und hoffen zur Zeit aufs erste Kind. Ich hätte gerne eine 50/50-Lösung, gerade weil ich das auch für meine Kinder schön fände. Jetzt verstehe ich besser, wieso das abgesehen von finanziellen Fragen oft keine Option ist.
    Ich würde mir wünschen (auch wenn ich das mometan für unwarscheinlich halte), dass die ganzen Debatten um Väterzeit/Elternzeit/Familienzeit zumindest dazu führen, dass wir uns nicht mehr allein durch den Verdienst definieren. Viele leisten neben der Erwerbsarbeit so viel wichtiges für unsere Gesellschaft, dass wir das zumindestens gesellschaftlich honorieren sollten. Das würde hoffentlich den Druck etwas mildern, die Kinderzeit mit Teilzeit durchzustehenund danach je nach Lust vllt doch noch beruflich voranzukommen und eine gute Rente im Alter zu haben.

  7. Lola M. sagt:

    50/50 ist auch nicht die Lösung (aber ein Anfang).
    Mein Partner und ich leben ein ziemlich ausgewogenes 50/50 Modell, mit dem Ergebnis, dass wir beide relativ wenig verdienen, viel Zeit für unsere Kinder haben und auch sonst nur wenig unter dem üblichen Stress, den Familien haben, leiden. Trotz fehlender Großeltern. Diese Lösung bedeutet allerdings für uns beide gegenseitige Abhängigkeit, keiner von uns wäre jeweils in der Lage, ein Leben als Alleinerziehender bzw. „getrennt erziehend“ zu finanzieren.
    In unserem Umfeld finden in letzter Zeit, Vorschulalter, einige Trennungen statt; viele stellen dabei erstaunt fest, dass danach das 50/50 Modell plötzlich auch bei ihnen funktioniert.
    Nur oft hat dann keiner Anspruch auf Unterhalt, dann müssen plötzlich beide Vollzeit arbeiten, oder die Herkunftsfamilie springt ein, oder der Staat, leicht ist es jedenfalls selten.
    Gesellschaftlich wäre es sicher hilfreich, wenn sich mehr Männer und Frauen die „Bürde“, das Glück und auch die Verantwortung, Kinder (oder andere Menschen) zu versorgen teilen, nur so kann die Arbeitswelt sukzessive kinder- bzw. menschenfreundlicher werden und allen ein Leben jenseits des Jobs zugestehen, was wirklich überfällig ist. Vollzeit für alle finde ich als Ziel nicht besonders erstrebenswert.

  8. […] kleinerdrei schriebt Barbara übers Teilzeit-Arbeiten und die verschiedenen Modelle, die Paare ausprobieren, und die alle mehr oder weniger gut […]

  9. Mona sagt:

    Sehr schöner Text, sehe ich genauso. Alles.

    Was ich aus eigener Erfahrung noch ergänzen kann: Ich
    arbeite in Teilzeit (30 Stunden) und mein Mann in Vollzeit, obwohl mein
    Stundenlohn höher ist als seiner. Warum?

    Ich habe meinen Führungsjob schon durchs schwanger werden
    verloren, obwohl ich zunächst Vollzeit zurückgekehrt bin. 1,5 Jahre habe ich
    versucht auf der Arbeit zu beweisen, dass ich auch mit Kind noch alles kann, inkl.
    Dienstreisen. Jedesmal wenn ein Zug Verspätung hatte oder ein Stau verhindert
    hat, dass ich zur geplanten Zeit zu Hause bin, habe ich eine total irrationale
    Angst bekommen, mein Kind nie wieder zu sehen. Meinen alten Job habe ich
    trotzdem nicht wieder bekommen.

    Jetzt habe ich 2 Kinder, arbeite 30 Stunden, habe kaum
    Verantwortung aber immer noch den Führungskräfte-Stundenlohn (denn im Gegensatz
    zur Position dürfen sie mir den ja nicht nehmen). Manchmal ärgere ich mich
    noch, wenn ich merke, dass ich vieles besser könnte als mein Chef, der zwei
    Kinder hat, die genauso alt sind wie meine und der jetzt Vollzeit meinen alten
    Job macht. Aber meistens freue ich mich, dass ich an den Nachmittagen Marmelade
    kochen kann und mit gutem Gewissen zu Hause bleibe, wenn ein Kind
    Bauchschmerzen hat.

    Mein Mann wird mich in Bezug auf den Stundenlohn überholen.
    Weil ich nicht aufsteige und er schon. Ich habe zwischendurch mal ernsthaft
    überlegt zu wechseln. In meinem Traumjob hätten sie mich genommen. Vollzeit.

    Ich habe es nicht gemacht. Wegen der Marmelade. Aber jetzt
    weiß ich, es war meine eigene Entscheidung. Ich mache meinen derzeitigen Job
    nicht, weil ich keine andere Wahl habe. Sondern weil er im Moment gerade passt.
    Ich mache dann in 10 Jahren wieder Karriere.

  10. Mel sagt:

    Seien wir doch mal ehrlich: Familie und Arbeit ist für die meisten Paare nicht vereinbar. Die Realität sieht doch so aus: Zu wenig Geld für Frauen, zu unflexible Arbeitgeber und Arbeitszeiten, unflexible Kitaplätze und wer keine Großeltern als Hilfe hat ist einfach arm dran. Daher kann ich jede Frau verstehen, die in Teilzeit beschäftigt ist, oder auf 450 € arbeitet. Denn ab der Schwangerschaft ist der Berufszug für viele Frauen abgefahren. Bei meinem Mann hat es mit den Kindern leider nicht geklappt, dennoch arbeite ich in Teilzeit.Warum? Als Bürokauffrau verdiente ich als Single damals in Vollzeit mit den vielen Abzügen etwa 1000 € , jetzt mit 20 Stunden 800 €, bei Bedarf kann ich 450 € abzugsfrei noch dazu verdienen, mache den Haushalt und halte meinem Mann den Rücken frei.Ich brauche kein Auto mehr, mit dem ich für die 1000 € im Monat plus Überstunden, die natürlich nicht bezahlt wurden und die aus Personalmangel nicht abbaubar waren, jeden Tag noch 1 Stunde im Stau stand, am Rande des Nervenzusammenbruchs,incl. Mobbing und Arschlochchef und immer noch einer Schüppe mehr an Arbeit. Und ja, ich Sorge für meine Altersvorsorge selber, ich Rauche nicht,trinke nicht und verzichte auf den Konsumwahn,stelle Kosmetik-Körperpflege-Putzmittel selber her,backe Brot und mache so viel es geht selber und spare einen Haufen Geld. Wann werden mehr Leute wach und merken, in welchem Hamsterrad sie sich befinden?

    • Julia sagt:

      Mel,Du sprichst mir so sehr aus der Seele.Bin verheiratet und habe kleinen Sohn.Ich habe diesen Stress und Druck nicht mehr hinbekommen,bin krank geworden.Achso,und nach der Elternzeit war mein Job auch weg,abgebaut…Hatte geklagt damals,aber hat ja kaum Sinn…Dann hatte ich eine Arbeitsstelle mit24 Wochenstunden,welche die Chefin nie akzeptiert hatte,trotz gemeinsamer Vertragsvereinbarung,hat mir „versucht“ in den Diensplan 13 Überstunden pro Woche reinzuschmuggeln,als wäre ich blöd.Und das für 650 Euro bei Lohsteuerklasse 5… und dann zuhause damals der Ehemann,sowenig Geld…na Haushalt,Kind und Auto und damit Einkauf hing alles an mir.Ich habe wohl zuwenig kommuniziert…Hatte dann im Zuge meiner Krankheit auch so die Nase voll,Auto abgeschafft und versuche so wie Mel etwas dem Kosumwahn zu entkommen,bewege mich mehr und beschäftige mich mit dem Minimalismus.