„Empört Euch!“ 2.0 – für eine Revolte gegen Rassismus!

Foto , CC BY-NC 2.0 , by Kaje

Rückblick auf das Jahr 2015:

– Angriffe auf Geflüchtetenunterkünfte:  1075

– Davon Brandanschläge: 137

– Geflüchtetenfeindliche  Kundgebungen/Demos: 288

Etwas über ein Jahr ist es nun her, dass ich (damals als Gastautorin) „Empört Euch!“ schrieb.  Ein Text, in dem ich sowohl meinen Schrecken über den Zulauf von Pegida beschrieb, als auch über meine Hoffnung, dass mit einer klaren Haltung und Mut gegen Nazitum einiges bewirkt werden kann. In unseren Köpfen und gegen rechte Gewalt.

Es ist schwer zu resümieren, was sich seitdem getan hat, da es täglich Gewalt gegen Geflüchtete gibt, beinahe täglich neue absurde Vorschläge aus der Politik kommen, wie die „deutsche Kultur“ erhalten bleibt: Mehr blonde Menschen, die sich fortpflanzen, wenn es nach Erika Steinbach geht. Oder Schießbefehle, die Mensch einfach von der Maus rutschen.

Zurück in die Vergangenheit: Was ist mit Pegida passiert?

Pegida ist geschrumpft. Im Zentrum der rechten Demos, der Stadt Dresden, protestierten am 29.02. 2015 immerhin noch 2700-3500 Menschen. Von den ehemals 25.000 Menschen ist die Bewegung weit entfernt, ganz zu schweigen von den kümmerlichen europäischen Exportversuchen.  Die „Pegida Hannover“ Facebookseite vermeldete glorreiche 137 Besucher*innen am 22.02.16. In vielen Städten dürfte es ähnlich aussehen. Grund zur Freude, Erleichterung, ein Sieg gegen Rechts? Leider nicht, wie die Gewaltstatistiken oben verdeutlichen. Doch nicht nur diese Zahlen geben Anlass zur Sorge. Die AfD hat sich Juli 2015 durch einen Führungswechsel noch weiter nach rechts positioniert, Schießbefehle, völkische Parolen,  die auch widerlich rassistische Aussagen über „Reproduktionsstrategien“ beinhalten, die Björn Höcke reproduziert, sind durch den Erfolg der Partei endgültig gesellschaftsfähig geworden. Die AfD ist bei Umfragen und nun auch bei den Kommunalwahlen in Hessen regelmäßig im zweistelligen Prozentbereich – bundesweit.

Damit setzt sie auch den etablierten Parteien zu. Allen voran das Asylpaket 2, welches das Asylrecht massiv verschärft hat, ist eine Kapitulation vor den rechten Stimmen. Darin werden unter anderem Länder per se als sicher erklärt, in denen die LGBTIQ Community tödlicher Gefahr ausgesetzt ist. Und auch die Aussetzung des Familiennachzugs für 2 Jahre und Zentren, in denen  ein besonders schnelles Asylverfahren eingesetzt werden soll (um Menschen noch schneller abschieben zu können) sind Punkte, die immer höhere Hürden für Geflüchtete bedeuten.

Die SPD hat dieses Gesetz mitgeprägt, eine Partei, die öffentlich mit Yasmin Fahimi warb: „Eine Verschärfung des Asylrechts werde es mit der SPD nicht geben. “ Und das war erst im September 2015.

Die CDU/CSU hat eine breite Reihe von Leuten, die mit ihrem Unmut gegen Merkels Migrationspolitik nicht hinterm Berg halten. Ob das nun ein Horst Seehofer ist, der für eine Obergrenze pöbelt , oder eine Julia Klöckner, die Oktober 2015 noch schrieb, sie halte eine Quote für „inhuman“, nur um im Jahre 2016 verlauten lassen, die Forderung nach Obergrenzen bescheinige einen gesunden Menschenverstand.

Die Grünen haben im Bundesrat das „Asylverfahrenbeschleunigungsgesetz“ mitgetragen. Ganz zu schweigen von Parteigenossen wie Boris Palmer, der mehr sichere Herkunftsstaaten deklarieren will und sich über „Ponyhofkritik“ beschwert.

Die Linke, bei der manche Leute schon einige Zeit mit den Querfrontmontagsdemos  sympathisieren, allen voran Diether Dehm, der Kritik am Reichsbürgerschwadronisten Xavier Naidoo mit den Worten abschmettert sie kommen von einer „antideutschen Shitstorm“ SA, sowie Sahra Wagenknecht, die sozial Schwache gegen Geflüchtete ausspielt und vom “Gastrecht” und dessen Verwirkung schwadroniert – all das trägt nicht dazu bei, dass problematische Tendenzen in der Linkspartei verschwinden.

Rechte Forderungen sind nicht in Deutschland “angekommen” – sie haben sich etabliert.

Rechte Gewalt ist nicht in Deutschland “angekommen” – sie ist bereits Alltag.

Rechte Parteien sind nicht in Deutschland “angekommen” –  sie sitzen in der „Mitte“.

Und deshalb gilt damals wie heute: Empört Euch! Stellt euch rechten Parolen und rechter Gewalt entgegen, gerade wenn ihr das Privileg habt nicht “direkt” davon betroffen zu sein, weil ihr weiß, cis, abled und/oder hetero seid. Verliert nicht den Mut, benennt eure Angst, eure Wut, euer Unverständnis gegen Missverhältnisse! Schreibt, demonstriert gegen Rechts, unterstützt Geflüchtete, hebt Mittelfinger, argumentiert, lernt, seid lebendig gegen rechte Stimmungsmache. Seid kreativ! Motiviert euch gegenseitig. Auch mich beschleicht oft eine Apathie, eine Ohnmacht. Es ist nicht leicht. Aber es ist notwendig, um dem „Aufstand der Anständigen“ Gehör zu verschaffen: Eine Revolte gegen Rassismus und den Rechtsruck.

Ich habe kein Allheilmittel. Ich weiß nicht, was der „richtige Weg“ ist. Aber ich sehe viele mutige Menschen, mutige Geflüchtete, mutige Unterstützer*innen,  starke und gute Menschen und daraus ziehe  auch ich meine Kraft.

P.S.: Ich schrieb in „Empört Euch!“, dass ich Dresden besuchen werde. Es ist eine schöne Stadt. Ohne Nazis wäre sie noch deutlich schöner. Demo und ein schickes Konzert gegen Rechts in Dresden? Falls jemand Interesse an solchen Plänen hat, darf dieser Mensch mich gerne anschreiben.

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