Wider die Angst

Foto , CC BY-NC-ND 2.0 , by wallyg

Das Thema Brustkrebs hat eine Aufmerksamkeitskarriere, die seit den siebziger Jahren nie unterbrochen war – behauptet zumindest Matthias Matussek in einem kürzlich auf Spiegel Online erschienen Artikel und wirkt geradezu genervt davon. Ich bin 43 Jahre alt und weiß dennoch wenig über Brustkrebs.

Das liegt daran, dass ich in den meisten Fällen, wenn ich damit konfrontiert werde, erstarre und sofort versuche, an etwas Anderes zu denken. Ab und zu – besonders, wenn es wieder einmal zieht oder sticht in der Brust – taste ich diese angstvoll ab. Mit dem Ergebnis, noch mehr Angst zu haben, da sich das Brustgewebe keinesfalls immer gleich anfühlt und ich glaube, dass sich diese Methode ohnehin höchstens dazu eignet, eine bereits weit fortgeschrittene Veränderung des Gewebes festzustellen. Sonst würde es mittlerweile wohl kaum eine zweijährige Ausbildung zur Medizinischen Tastuntersucherin für blinde Frauen geben, die die Brustkrebsfrüherkennung verbessern soll.

Aber ich ließ mich natürlich dennoch nur zu gerne von meiner Ärztin beruhigen, die mir immer nach wenigen Handgriffen sagte, dass alles in Ordnung sei, und mit der ich nach jeder Untersuchung das gleiche Gespräch führte: Ich sagte ihr, dass meine Oma vor vielen Jahren an Brustkrebs erkrankte. Sie fragte mich, ob ich mütterlicher- oder väterlicherseits mit ihr verwandt sei. Ich antwortete „Vater“ und sie sagte lächelnd, dann hätte ich nichts zu befürchten. Auf diesen Satz habe ich immer gewartet, wenngleich er mich nicht von der Krankheit freisprach. Aber er reduzierte in meiner Vorstellung die Wahrscheinlichkeit einer erblich bedingten Erkankung.

Sonografie

Im vergangenen Sommer erhielt ich dennoch eine Überweisung zu einer Ultraschalluntersuchung, denn ich hatte bereits zwei Wochen lang einen noch nie zuvor erlebten stechenden Schmerz in der linken Brust, der nicht mehr verschwand und mich sehr belastete. Ich war deshalb voller Sorgen.
Als ich mit der S-Bahn in das Krankenhaus im Berliner Randgebiet fuhr – in keiner innerstädtischen Praxis hatte ich einen Termin ohne dreimonatige Wartezeit bekommen, was bei Verdacht auf Krebs natürlich absurd ist –, hatte ich fatalistische Gedanken, dachte daran, dass sich gleich mein ganzes Leben ändern könnte. Meine männlichen Freunde waren da weitaus entspannter als ich: „Du hast doch nichts!“ versuchten sie mich im Vorfeld zu beruhigen. Das meinen ja immer alle und dann ist eben manchmal doch etwas, wer weiß das schon? Mir wäre es lieber gewesen, wenn sie gesagt hätten: Ich verstehe deine Angst, hoffentlich ist alles in Ordnung.

Die Ärztin war sehr freundlich und verständnisvoll, untersuchte beide Brüste mit einem Ultraschallgerät und sagte mir, dass das Gewebe sehr gleichmäßig und gesund sei. Ich freue mich noch heute über diese Aussage, wenngleich sich das Gewebe längst wieder verändert haben könnte, aber meine Angst ist nicht mehr so groß wie früher und ich weiß nun, dass ich jederzeit wieder solch eine Untersuchung machen lassen kann – sofern ich sie mir leisten kann. Ich musste zwar dieses Mal nichts bezahlen, aber selbstverständlich ist das nicht. Die Ultraschall-Untersuchung ist eine individuelle Gesundheitsleistung und wird nur von der Kasse übernommen, wenn ein konkreter Verdacht auf Krebs besteht. Sie kann sogar besser sein als eine Mammographie, wo unter 200 Frauen im Schnitt bei 40 eine Fehldiagnose gestellt wird.

Dass Früherkennung jedoch nicht immer einen Vorteil verschafft, erläutert Peggy Orenstein, die bereits zwei Mal an Krebs erkrankt ist. Sie berichtet von Gilbert Welch, einem Medizinprofessor am Dartmouth Institute for Health Policy and Clinical Practice und Ko-Autor einer Studie zur screeningbedingten Überbehandlung im New England Journal of Medicine vom letzten November, der schätzt, dass nur 3 bis 13 Prozent aller Frauen, deren Krebs durch eine Mammographie erkannt wurde, auch einen Nutzen davon hatten. Was unter anderen daran liegt, dass es unterschiedliche Brustkrebsformen gibt, die divers zu behandeln sind und jeweils anders verlaufen.

Falsche Richtung

Die meisten Kampagnen setzen jedoch auf Früherkennung und generieren sehr viel Geld. Oft geschieht dies mit grotesken Mitteln. Herrn Matussek wünsche ich einen längeren Aufenthalt in den USA, inmitten der pinken Breast-Cancer-Awareness-Hölle, wo es sehr viele Produkte mit pinken Schleifen gibt, sich Firmen oftmals nur des guten Images wegen pinkifizieren und sogar pinke Müllabfuhrwagen umherfahren, auf denen „We Trash Breast Cancer“ steht. In einer Kampagne zeigen athletische Männer mit freien Oberkörpern, wie Frauen sich abtasten sollen und bei Aktionen wie „Save the Boobies“ oder „Help the Hooters“ geht es in erster Linie nicht darum, dass Frauen gesund bleiben oder werden, sondern dass sie ihre schönen Brüste nicht verlieren.

Mitnichten nur eine amerikanische Haltung. Auf einer deutschen Webseite, die Frauen erklärt, wie sie sich präventiv abtasten, steht folgende Einleitung: „Sie ist unser ganzer Stolz, es gibt sie in allen möglichen Formen und Größen: Die weibliche Brust. Sie ist (neben einem schön geformten Po) der Inbegriff von Attraktivität und Weiblichkeit.“ und vermittelt uns das Gefühl, dass mit dem Brustkrebs nicht nur eine Erkrankung, sondern mit einer Operation der Verlust unserer Weiblichkeit und somit Identität einhergeht. Dabei wäre es viel wichtiger, weibliche Oberkörper ohne Brüste zu enttabuisieren, wie es The Scar Project tut.

Ich wünsche mir auch mehr Projekte wie das von Angelo Meredino, der seine Frau fotografierte, die an Krebs erkankte. Und ich möchte unaufgeregt durch glaubwürdige Menschen über die unterschiedlichen Varianten des Brustkrebs aufgeklärt werden. (An dieser Stelle sei noch einmal auf den bereits oben verlinkten Text von Peggy Orenstein verwiesen.) Ich möchte gerne bei Google „Brustkrebs“ eingeben und nicht nur die momentanen Ergebnisse vorfinden. Stattdessen erscheinen dort Seiten wie die von Brustkrebs Deutschland e.V., die zum Beispiel eine amerikanische Aktion adaptieren, bei der sich Männer je nach Spendenbetrag die Lippen pink anmalen oder pinke Stringtangas anziehen werden.

Offenheit

Wie geht es für mich weiter? Ich werde mich endlich trauen, den Comic Cancer Woman von Marisa Acocella Marchetto weiter zu lesen, den ich bereits vor einem Jahr von einer Kollegin in die Hand gedrückt bekam und erst einmal beiseite legte – wegen des mich ängstigenden Krebs-Themas, aber auch, weil eines der Rezensions-Zitate auf der Rückseite des Buches mit „Welche Schuhe trägt man zu seiner ersten Chemo?“ beginnt und die Geschichte tussiger erscheinen lässt, als sie tatsächlich ist.

Beim nächsten Gespräch mit meiner Oma werde ich den Mut aufbringen, um mich mit ihr – so sie es möchte – über ihre Krebserkrankung zu unterhalten. Ich lebte seinerzeit schon nicht mehr in ihrer Nähe und als ich davon erfuhr, war bereits alles vorüber. Seither werden Erkrankung und Operation – eine Brust wurde entfernt – allenfalls beiläufig erwähnt. Das Thema ist tabu und ich werde versuchen, es zu brechen.

Ich will meine Angst verlieren, indem ich mehr über die Krankheit erfahre, nicht mehr wegschaue und weghöre. Ich freue mich über Anregungen in den Kommentaren. Dankeschön <3

19 Antworten zu “Wider die Angst”

  1. Diddelmaus sagt:

    Ohne den männlichen Sexismus würden die meisten Frauen sich wohl gleich vorbeugend die Brüste abschneiden lassen? Also sooo schlimm finde ich es nicht Brüste als schön und erhaltenswert zu bezeichnen. Das manche Menschen Pech haben und ihre Brüste verlieren kann doch kein Grund sein Brüste generell nicht zu schätzen. Manche Leute verlieren ein Bein, trotzdem wird es allgemein als erstrebenswert gesehen zwei Beine zu haben. Mit nur einem Bein hat man ein Handicap mit dem man sich arrangieren muss und kann.
    Ist Brustkrebs eigentlich häufiger als andere Krebsarten oder erzeugt er mehr Angst aufgrund der betroffenen Region?

    • ruhepuls sagt:

      Es geht nicht um das vorbeugende Entfernen der Brüste, es geht darum, dass suggeriert wird, nach einer Operation bei Erkrankung keine „richtige“ Frau mehr zu sein (den Inbegriff der Weiblichkeit verloren zu haben), was eine zusätzliche Belastung darstellt, ganz lösgelöst von der Erkrankung als solcher.

      „Brustkrebs ist bei den Frauen der häufigste Tumor mit Todesfolge, nach Schätzungen der Forscher werden im Jahr 2012 in der EU 88.000 Frauen an Brustkrebs sterben.“
      http://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/eu-statistik-deutschland-hat-hoechste-brustkrebs-todesrate-a-818229.html

      • diddelmaus sagt:

        Das ein Teil der „weiblichkeit“ verloren geht ist doch wohl auch richtig. Es lässt sich aber anscheinend damit leben. Manche Leute sind auch weniger schön als andere und müssen sich damit arrangieren.

        Ich finde die Kampagnen ja auch teils befremdlich, halte es aber für unwahrscheinlich daß sie durch die Angst von Männern um den Verlust ihrer Lustbefriedigungsobjekte motiviert sind. Wahrscheinlicher ist doch daß Pharmakonzerne und Medizingerätehersteller profitieren.
        Ein Slogan wie „Save the Hooters“ könnte zudem Symptom einer extremen Gesellschaftlichen Verklemmtheit sein.

        • ruhepuls sagt:

          Unsere Gesellschaft sollte Frauen unterstützen, wenn sie solch eine Operation erleben mussten, aber tatsächlich scheint mir das immer noch ein Tabu zu sein.
          (Und ich möchte hier nicht über schöne / nichtschöne Menschen diskutieren.)

  2. Da Na sagt:

    Danke für deinen Artikel. Das Thema ist zwar immer da, aber eher unterschwellig, oder beim jährlichen Gyn-Check. Meine Oma mütterlicherseits hatte Brustkrebs, ihr wurde erst eine, später auch die andere Brust abgenommen.
    Ich hatte leider nie die Gelegenheit, mich mit ihr darüber zu unterhalten.

  3. Danke für diesen Artikel, insbesondere auf den Verweis zu Meredinos Fotoprojekt.

  4. Durch meinen Job bekomme ich sehr viel über die Entwicklung und Chancen durch neue Medikamente für/gegen (wie sagt man eigentlich?) unter anderem Brustkrebs mit und das macht zwar einerseits Mut, andererseits habe ich erst vor wenigen Wochen erfahren, dass eine Freundin Mitte 30 Brustkrebs bekommen hat und das macht dann wieder Angst, weil Statistik ist das eine, reale Menschen sind das andere…. ich finde, medial vermarktete Stories wie von Sylvie van der Vaart, Anastasia und Kylie Minogue zum Beispiel nur bedingt mutmachend, weil die, so hat man das Gefühl, auch während der Chemo etc. immer top aussehen und „den Krebs besiegen“ als was erscheinen lassen, was man zwischen Gang über den roten Teppich und Aftershow-Party erledigt….
    Deswegen: Anregungen: eher nicht. Angst: ja, auch wenn bei mir die genetische Vorbelastung eher Richtung Alzheimer und psychische Erkrankungen geht, aber im Prinzip ist es ja das Gleiche: Kopf in den Sand oder die Angst durch Information bekämpfen…..

  5. ms_adam sagt:

    Nach einer Tumorerkrankung (nicht in der Brust) gehen Ärzte davon aus, dass mein Risiko an Brustkrebs zu erkranken erheblich erhöht ist. Da ich familiär nicht vorbelastet bin (keine Brustkrebserkrankungen bekannt), gestaltet sich die Aufnahme in ein Brustkrebsvorsorgeprogramm gerade sehr kompliziert und langwierig aber ein erfolgreiches Ende ist in Sicht. Mir empfohlen wurde ein jährliches MRT der Brust zusätzlich zur Ultraschalluntersuchung. Brust-MRTs sind in Deutschland aber durch die Krankenkassen noch sehr reglementiert. D.h. ohne Aufnahme in Vorsorgeprogramm kein MRT (für Kassenpatienten gibt’s das eh nur im Krankenhaus) und eigentlich eh viel lieber eine Mammographie, die ist nämlich wesentlich billiger und wegen der Strahlenbelastung soll Frau sich nicht so anstellen. Alles zum Teil schwer absurd…

    Es kann einen auch morgen einfach so ein Auto anfahren und plötzlich ist alles vorbei. Trotzdem sollte man keine Angst vorm Leben
    haben. Irgendwie so versuche ich das Leben gerade so zu nehmen. Seit nett zu euch, eurem Körper, eurer Brust und sucht euch Ärzte die euch ebenso behandeln. Einfach ist das nicht aber es loht sich und plötzlich fällt die regelmäßige Vorsorge auch gar nicht mehr so schwer! Informiert euch, fragt nach und fordert ein ernst genommen zu werden. Schaut nach rechts und links und freut euch darüber, dass das Leben neben all den Risiken auch ganz wunderbare Menschen, Dinge, Erlebnisse mit sich bringt!

    • ruhepuls sagt:

      Ja, es ist tatsächlich schon nicht so einfach, Ärzte und Ärtzinen zu finden, die einen gut behandeln. Ich habe zum Beispiel meine Frauenärztin gewechselt, weil diese mich in vielen Situationen nicht ernst nahm und schlecht beriet – und da handelte es sich um vergleichsweise harmlose Dinge. Auch mit der jetzigen Ärtzin bin ich nicht ganz zufrieden, habe aber keinen Nerv, mich jetzt schon wieder in neue Hände zu begeben..

      Nett zu sich zu sein, ist auch gerade ein wichtiger Punkt in meinem Leben. Das hilft tatsächlich ungemein, ist aber gar nicht so einfach..

      • ms_adam sagt:

        Da hast du Recht. Gerade wenn viele äußere Erwartungen/Meinungen/Deadlines im Spiel sind, fällt das mit dem nett zu sich sein manchmal sehr schwer. Ich versuche mich regelmäßig daran zu erinnern, dass es wichtig ist, auch mal „nein, ich brauche jetzt eine Pause“ zu sagen und mir diese bewusst zu nehmen.

        Und was das Medizinthema angeht: Ja, leider sind Krankheiten in unserer Gesellschaft und insbesondere in der Arbeitswelt noch ein super großes Tabuthema. Auch wenn es jeden von heute auf morgen treffen kann, spricht man nicht darüber.

  6. Anett sagt:

    Danke für deinenText. Ich habe ihn als Person gelesen, deren Oma und Mutter an Brustkrebs erkrankt sind /daran gestorben sind.

    Eine Person, der eine oder beide Brüste abgenommen worden sidn, ist nicht weniger „weiblich“ oder „fralich“ oder was der Worte mehr sind. ich bin traurig und wütend, wenn ich an die z.T. noch sehr jungen Frauen denke, die ich während der Behandlung meiner Mutter kennenlernen durfte. Sie waren nicht nur wg der Krankheit völlig entsetzt und verzweifelt- sondern weil ihr Partner (in den Gesprächen immer männlich) sie jetzt womöglich abstoßend, unweiblich, sexuell uninteressant finden könnte.

    Okay, das ist etwas, über das man sich gedanken machen kann bei solche einschneidenden Veränderungen wie einer Krebserkrankung und der indizierten Behandlung. Aber die Priorität…?

    Es wird, wenn möglich, brusterhaltend operiert, was ich absolut befürworte. Aber nicht, weil ohne meine Brüste an mir weniegr Weiblichkeit wäre. Sondern weil ich meinen Körper so mag, wie er ist, und möglichst nicht aufgrund einer Krankheit Teile davon einbüße.

  7. Anett sagt:

    Ich kommentiere ncohmal, weil sich vieles erst jetzt gesetzt hat. ich finde es wichtig, das Tabu zu brechen, weil so viel Scham da ist und Demütigung. Nicht nur der brust wegen, die plötzlich krank, bedrohlich ist und evtl abgenommen wird. Sondern zB auch wg der Haare. Als sich die Wirkung der Chemo bei meiner Mutter vollständig zeigte, hat sie sich die Haare abgeschnitten und mir dann eine Schneidemaschine in die Hand gedrückt. Auf ihre eidnringliche Bitte hin habe ich ihr dann den Kopf komplett rasiert. Die kurzen Härchen wirbelten wie Straub auf, wenn man darüber strich.

    Das ist eine von vielen Erinnerungen an diese Zeit. Ich denke auch an das Perückenkaufen. Und daran, dass meine Mutter an einem Morgen völlig in Gedanken aus der Tür ging, sich unterhalten hat mit einem Nachbarn, und das Gespräch ging wie üblich scherzhaft hin und her, die beiden verstehen sich immer gut- und danach erst emrkte sie, dass der „Fiffi“, die Perücke, noch in der Küche auf dem Tresen lag. Und es machte keinen Unterschied.

    Brustkrebs hat für mich als Begriff den Beigeschmack, dass er die Weiblichkeit zerstört, aber gleichzeitig von der Weiblichkeit ausgeht. Brust, Gebärmutter sind die Orte, an denen der Tumor wächst. Als wäre das etwas frauenspezifisch Böses. Ich kann es nicht recht in Worte fassen. Es ist ein „Frauenproblem“, und es ist mit Scham besetzt. Das sollte aufgelöst werden.

    Es ist eine Krebserkrankung, nicht mehr und nicht weniger.

    • ruhepuls sagt:

      Liebe Anett, herzlichen Dank für das Teilen deiner Erfahrung und den offenen Umgang damit.

  8. […] kritisiert auf Kleinerdrei, daß trotz einer inzwischen erreichten Öffentlichkeit noch viel zu wenig zum Thema Brustkrebs bekannt ist – und daß das Problem bisweilen auf recht groteske und sexistische Weise behandelt […]

  9. A. sagt:

    Liebe Maike
    1)

    sich informieren ist eine Sache, andere zu drängen, über ihren Krebs zu sprechen, eine andere.

    *Dein* Bedürfnis ist vielleicht nicht *ihr* Bedürfnis.

    2) Deutsche Ärzte und Ärztinnen haben einen Hang zum Pathologischen. Meine Familie stirbt schon seit Jahren an allen möglichen Arten von Krebs, auch an Brustkrebs. Meine Krankheiten (alle autoimmun, alle sehr anstrengend) scheinen meinen Frauenärzteteams nicht sonderlich relevant, ich soll immer nur zur Krebsuntersuchung. Dauernd. Ständig. Pausenlos. Und dann steht man da halbnackt im Dunkeln, hat nichts, und wusste es schon vorher. Lass dich nicht irre machen. Die Untersuchungen sind nur bedingt hilfreich. Auch die eigenen.

    3) Angst ist Angst ist Angst ist die Vorstellung von etwas. Krebs ist (manchmal) nicht das Schlimmste auf der Welt. Außer man gerät an eine Ärztin, die murmelt: Mit 70 braucht man doch keine Brust mehr, da wäre eine Amputation doch viel gnädiger.

    Was ich vielleicht sagen will: Zwing dich nicht, alles zu lesen. Ich lese überhaupt nichts zum Thema, und bin angeblich ein wandelnder Risikofaktor. Manches gehört einem einfach nicht. Vielleicht findest du eine bessere Angst.

    • ruhepuls sagt:

      Danke für deine Gedanken. Zu 1 möchte ich antworten: ich habe extra „so sie es möchte“ geschrieben, aus ebendiesem Grund.

  10. guest sagt:

    gibt es all diese dinge, die kampagnen, das funding etc. auch für z. B. hodenkrebs?

    wo sind die frauen, die sich dabei filmen lassen, für krebs bei männern awareness zu schaffen?

    ach so: disposable. na dann…

    • julianeleopold sagt:

      Hodenkrebs: 4000 Diagnosen pro Jahr. Brustkrebs: 72000 Diagnosen pro Jahr. Desweiteren ist z.B. für Frauen schon länger eine per se schlechtere medizinische Versorgung, was die Bereitstellung von Medikamenten angeht, nachgewiesen. Die werden nämlich an männlicher Norm orientiert. Wenn Medizin in Deutschland irgendwen als disposable ansieht, dann Frauen.

      • Pterry sagt:

        naja, nicht alles was am mensch herumbaumelt, kann man auch vergleichen. männer haben mit der option „prostatakrebs“ die deutlich größere a….karte gezogen, denn altersabhängig steigt die „chance“ diese krankheit zu bekommen, mit 75 jahren hat/hatte man mit mind 50% wahrscheinlichkeit diesen krebs

        desweiteren würde ich mal spontan am beispiel der eltern behaupten, dass frauen vorsorgeuntersuchungen auch wahrnehmen, während männer da eher vergesslich sind, was natürlich auch die diagnoserate beeinflusst

        ich erwarte auch so halb, dass die brustkrebsrate mit der verbesserung der pille (niedrigere östrogendosis, demnächst hoffentlich hormonfreie alternative) noch sinken wird, obwohl ich jetzt nicht sicher bin, ob der zusammenhang pille-brustkrebs schon wissenschaftlich verifiziert wurde

        bei einigen medikamenten gegen brustkrebs wie zB her/neu antikörpern kann man auch getrost davon ausgehen, dass die an frauen getestet wurden, denn in männern können sie gar nicht wirken (die besitzen das target nicht)

        dass in medizinischen studien hauptsächlich an männern getestet wird, ist definitiv ein problem, dass wir frauen mit den kindern teilen, geht aber am artikel hier vorbei