The Good Wife

Foto , CC BY-NC-SA 2.0 , by J-Blue

Dies ist ein Beitrag aus unserer Rubrik kleinergast, in der wir alle Gastartikel veröffentlichen. Dieses Mal kommt er von Elisa Gutsche.

Elisa aka @elli_gutsche ist Feministin und süchtig nach guten Politdramen. Tagsüber arbeitet sie für eine Bundestagsfraktion in Sachen Geschlechtergerechtigkeit. @elli_gutsche

Die Serie The Good Wife besteht den Bechdel-Test mit Bravour und Extra-Kür. Wie man emanzipierte und realistische weibliche Charaktere schreibt, sollten sich Drehbuchautoren und -autorinnen bei dieser Serie abschauen.

Mir geht’s wie map. Nachdem ich mit The West Wing (intravenös spritzen und so…) gucken fertig war, brauchte ich dringend neuen Stoff. Fündig geworden bin ich bei The Good Wife.

Die Serie eröffnet mit einem cold open, das uns direkt auf eine Pressekonferenz beamt. Alicia Florrick (Julianna Margulies) steht neben ihrem Mann Peter (Chris Noth), States Attorney in Illinois und gefallene Hoffnung der demokratischen Partei. In diesem Moment gesteht er der versammelten Öffentlichkeit sein Verhältnis mit verschiedenen Prostituierten und verkündet seinen Rücktritt, da ihm zusätzlich ein Prozess wegen Korruption bevorsteht. Die Kamera konzentriert sich auf Alicia, auf ihr apathisches und regungsloses Gesicht. Ich frage mich: Was geht in ihr vor? Warum steht sie überhaupt da? Wie kann sie das über sich ergehen lassen? Diese absolute Demütigung und Erniedrigung, vor den Augen der Welt. Fünf Minuten später, die Pressekonferenz ist vorbei: Alicia und Peter sind allein. Wir beobachten, wie ihr zum ersten Mal bewusst wird, in welcher Situation sie sich befindet.

Idee

Gefragt, wie sie die Idee zur Serie hatten, antwortete Michelle King:

We came up with the idea about a year and half ago. There had been this waterfall of these kinds of scandals, from Bill and Hillary [Clinton], to Dick Morris, to Eliot Spitzer, to name just a few. I think they’re all over our culture. And there was always this image of the husband up there apologizing and the wife standing next to him. I think the show began when we asked, „What are they thinking?“ And Robert [King] and I started talking about it from there. … You know, what’s interesting about a lot of these political scandals is that the women are lawyers, too. Hillary is a lawyer. Elizabeth Edwards is a lawyer. I think that got us thinking along those lines. That is, we knew she had to go back to work, and we had so many female lawyers to draw on.

Genau das tut Alicia auch: Nach 12 Jahren Dasein als Politikergattin und Mutter zweier Kinder kehrt sie zurück in ihren Beruf als Anwältin, Ihre Chefin ist Diane Lockhart (gespielt von der wunderbaren Christine Baranski), die einzige weibliche Senior-Partnerin in der Firma. Diane widerspricht dem gängigen Stereotyp der erfolgreichen, alleinstehenden, aber verbitterten Karriefrau. Diane ist selbstbewusst, glücklich, bezeichnet sich selbst als Feministin und ist solidarisch mit anderen Frauen. Sie genießt ihr Leben und im Laufe der Serie auch mehrere Affären, unter anderem eine mit einem Anhänger von Sarah Palin. Als Alicia und Diane das erste Mal aufeinander treffen, erklärt sie Alicia, dass sie in ihr eine Mentorin und Verbündete sehen sollen, denn: „It’s the closest thing we have to an old-boys-network in this town.“ Und jetzt wo ich mal genauer drüber nachdenke – ein bisschen erinnert sie mich an Claudia Jean Cregg aus The West Wing (einer der besten Frauencharaktere, die je das Licht des Fernsehens erblickt haben).

Komplexe Charaktere

The Good Wife ist eine gelungene Mischung aus Anwaltsserie und politischem Drama. Mit jeder neuen Folge begeistern mich die ausgefeilten, komplexen, realistischen und starken Frauenrollen und die männlichen Charaktere stehen den weiblichen in nichts nach. Hinzu kommt kommt eine feine Prise Humor, die einen zwischendurch wenigstens zum schmunzeln wenn nicht gar zum laut Loslachen bringt.

Eine Frauenrolle, die ebenfalls aus der gängigen stereotypen Darstellung fällt, ist Kalinda Sharma, gespielt von Archie Panjabi. Kalinda ist die hausinterne „Privatdetektivin“ der Kanzlei und bringt durch ihre unbestimmte Sexualität („I’m flexible.“) eine gehörige Portion Queerness ein. Ich will nicht zu viel verraten, mehr dazu findet ihr hier.

Aktuelle Themen

The Good Wife verhandelt ganz zentral die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, insbesondere für Mütter. Martha Plimpton spielt eine erfolgreiche Anwältin, die Mutter mehrerer Kinder ist. Ihr jüngstes bringt sie auch mal mit zu Verhandlungen und Meetings, was wiederum Fragen über die Präsenz von Kindern am Arbeitsplatz aufwirft und wie tolerant ein berufliches Umfeld dem gegenüber sein kann oder sollte.

In der dritten Staffel gibt es eine kurze Storyline über eine junge ambitionierte Anwältin, Caitlin, die sich, obwohl ihr alle Türen offen stehen, dafür entscheidet, aus ihrem Beruf und ihrer Karriere auszusteigen und nur für ihre Familie da zu sein. Alicia sagt ihr, dass sie sich nicht zwischen Beruf und Familie entscheiden muss, doch sie entgegnet: „Maybe it’s different for my generation, but I don’t have to prove anything. Or, if I have to, I don’t want to.“ The Good Wife spricht damit nicht nur ein in den USA aktuelles Problem an: junge, sehr gut ausgebildete Frauen, die ihren Beruf aufgeben, weil sie sich lieber der Kindererziehung widmen wollen und keine Lust haben, sich als Mütter in die für Eltern abschreckenden Strukturen der Arbeitswelt zu begeben. Anne-Marie Slaughter hat dieses Problem in ihrem lesenswerten Aufsatz „Why Women Still Can’t Have It All“ verhandelt.

Gastrollen

Den Reiz der Serie machen nicht nur die abwechslungsreichen und vor allem aktuellen Fälle aus, sondern auch die hochkarätig besetzten Gastrollen. Carrie Preston (auch bekannt aus True Blood) verkörpert die herrliche Elsbeth Tascioni, eine zerstreut wirkende Anwältin mit messerscharfem Verstand. In der aktuellen Staffel spielt Kyle MacLachlan (Twin Peaks) einen manipulativen Staatsanwalt. Die Szenen, in denen er versucht, Elsbeth um seinen Finger zu wickeln, sind ein einziges Fest und ihre Schlagabtausche erinnern an Screwball-Komödien aus den 20er und 30er Jahren.

Seit 2010 hat auch Michael J. Fox regelmäßige Gastauftritte als Louis Canning, der seine Rolle so böse, hintertrieben und clever verkörpert, dass man nicht mehr an Marty McFly zu denken wagt.

Weitere geliebte Schauspielerinnen und Schauspieler, mit denen man bei The Good Wife ein Wiedersehen feiern kann, sind: Matt Czuchry (Gilmore Girls), Mary Beth Peil (Dawson’s Creek), Stockard Channing (The West Wing) und viele viele mehr.

Habt ihr The Good Wife schon gesehen? Welche anderen Serien mit interessanten und vielschichtigen weiblichen Hauptfiguren schaut ihr? Borgen, anyone? Oder Commander in Chief? Ich freue mich auf Eure Meinungen und Empfehlungen.

9 Antworten zu “The Good Wife”

  1. Anne Wizorek sagt:

    Also spätestens seit diesem Text steht „The Good Wife“ ganz oben auf der langen Liste an Serien-To-Dos (wo u.a. auch „Borgen“ schon drauf ist). Vielen Dank für den tollen Einblick! Die Gastrollen hauen mich echt um. Wobei ich gerade noch entdeckt habe, dass Josh Charles mitspielt – http://www.imdb.com/name/nm0001038/ – für den habe ich eine Schwäche, seit er bei „Dead Poets Society“ war. :3

    Und natürlich ein extra <3 für die Erwähnung von CJ: http://24.media.tumblr.com/d2d707ba232d2ab16b12bd0053c3a264/tumblr_mgujrnZRCd1qcvteuo1_500.gif

  2. Joël sagt:

    The Good Wife ist wunderbar, ich mag (neben all den Dingen, die du aufgezählt hast) diese Vermischung von Anwalts- (manchmal sind die Fälle ja fast so absurd wie in Boston Legal.) und Politikdrama.

  3. unsichtbares sagt:

    ich sehe goodwife super gerne. aber vor deinem artikel war mir nicht so richtig klar warum…

    borgen gefällt mir sehr gut, commander in chief ist nur auf englisch zu ertragen, dann aber auch unterhaltsam…

  4. derLars sagt:

    Toller Artikel, spricht mir aus der Seele. Habt Ihr schon mal Scandal ( https://en.wikipedia.org/wiki/Scandal_(TV_series) ) geschaut?

    • scandal ist toll. riesen sucht-potential. wobei ich finde, dass die zweite staffel im vergleich zur ersten ein bisschen abbaut.

    • Johannah Lea sagt:

      scandal ist echt super! vor allem wie wunderbar respektlos alle US-amerikanischen „grundwerte“ entlarvt und dekonstruiert werden – wirklich ein genuss! :)