Wenn keiner was sieht, wird keiner böse – Warum die Quote kommen muss

„Es fühlt sich gut an, dass man es nur aufgrund seiner Qualifikation und Leistung geschafft hat.“ – Julia Jäkel
Was an Sätzen wie diesen fundamental stört, ist, mit welcher Selbstverständlichkeit sie eine Annahme als Wahrheit verbreiten. Es ist die Annahme, dass Qualifikation und Quote auf keinen Fall zusammengehen können. Dass ein Aufstieg ohne Quote dem mit Quote in jedem Fall vorzuziehen ist – da nur so sicher ist, er sei aufgrund valider Merkmale und nicht einer Chromosomenkombination erfolgt.
Die Sache ist aber die: Nur, weil eine Frau aufgrund einer Quote befördert wird, bedeutet das nicht, dass sie nicht qualifiziert ist. Man kann es nicht oft genug sagen: Quote und Qualifikation schließen einander nicht aus. Etwas anderes ist wahr: Quote und Qualifikation ergänzen sich.
Die Quote trifft keine, die es nicht verdient hätte*
Denn die Quote setzt erst nach der Qualifikation an. Kein Befürworter einer Frauenquote in Aufsichtsräten oder in Medienjobs will wahllos auf die Straße gehen, eine Frau auswählen und ihr einen Job geben, nur weil sie eine Vagina hat und zufällig des Weges kommt. Vielmehr ist es so: Die Quote betrifft Frauen, die bereits dafür gearbeitet haben, im Beruf aufzusteigen. Sie betrifft Frauen, die bei der ersten, zweiten, dritten Beförderung Männer, mit denen sie angefangen haben zu arbeiten, an sich vorbeiziehen sehen. Denn Männer stellen trotz ein paar Monaten Elternzeit keine Gefahr dar, mittelfristig auszufallen weil sie dieses gefährliche Babyaustrageding in ihrem Unterleib benutzen. Das Perfide ist: Dieser Nachteil trifft Frauen unabhängig davon, ob sie überhaupt ein Kind wollen oder nicht.
Solange in Bewerbungsgesprächen Fragen nach der „Lebensplanung der nächsten zehn Jahre“ und dem Beziehungsstatus an Frauen gestellt werden, als trügen sie ein Schild auf der Stirn, auf dem steht: „Ich habe eine Vagina und ich werde sie einsetzen“, solange beschämt dieses System Frauen und hindert sie am Aufstieg, weil es sie unter Generalverdacht stellt, eine biologische Disposition zum Nachteil eines Unternehmens zu machen. Dass die Probleme mangelnder Vereinbarkeit von Job und Familie ein staatliches Versagen darstellen und dass verdammt noch mal nicht jede Frau ein Kind bekommen muss, nur weil sie es kann: Geschenkt.
Praxisbeispiel PR: Viele Frauen, kaum Spitzenjobs
Außerdem: Nur, weil es Frauen gibt, die es schaffen, ohne Quote in Führungspositionen zu kommen, bedeutet das nicht, dass die Quote unnötig ist. Wer sagt, dass diese Frauen kein schmückendes Alibi sind? Wer sagt, dass sie bei aller Qualifikation nur befördert werden, um das Signal zu senden: Beruhigt euch, Mädels, es klappt doch. Und es klappt ja auch. Aber längst nicht für alle, die, wie uns Statistiken über Bildungsstand und Berufserfahrung sagen, das Recht auf Hochkommen hätten.
Das wird klar, wenn man sich ein bisschen mehr auf Zahlen als auf sein Bauchgefühl verlässt. Sehen wir uns die PR an, ein Berufsfeld der Kommunikationsberufe, das seit den späten 1980ern in den USA und seit den frühen 1990ern hierzulande den Gender Switch erlebt hat. Das heißt, es arbeiten mehr Frauen als Männer in diesem Berufsfeld. Soweit, so gut. Eigentlich eine passable Voraussetzung für Gleichberechtigung: Wenn es mehr Frauen gibt, wird es schwieriger, sie in der Hierarchie zu benachteiligen, einfach, weil man auf sie angewiesen ist, die Jobs auszufüllen, die das Berufsfeld bietet. Nun, die Voraussetzung ist der Realität egal.
Frauen gehen raus statt aufzusteigen
In Deutschland waren 2002, also ein Jahrzehnt nach dem Gender Switch, 80 Prozent aller Männer, die sich für PR als Beruf entschieden hatten, Führungskräfte. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Deutlich weniger Männer als Frauen sind überhaupt im Berufsfeld PR tätig, Aber die, die es sind, sind dann auch gleich mal Chef. Woran liegt’s? An der größeren Qualifikation sicher nicht. Berufsfeldstudien der letzten Jahre berichten flächendeckend von mehr Absolventinnen, die in den Beruf gehen. Sie berichten aber auch von einer übermäßigen Zahl junger Frauen auf den Einstiegsleveln des Berufs. Warum ist das so? Weil ab einem gewissen Berufsalter die Drop Out Quote einsetzt. Von den Frauen, die gehen, geht ein großer Teil, weil er sich für Familie entscheidet und Job und Beruf nicht vereinbar sind. Ein anderer Teil gibt an, von der anhaltenden Benachteiligung im Job bei Beförderungen frustriert gewesen zu sein. Beides sind strukturelle Probleme, beide Gründe weisen auf die systematische Benachteiligung von Frauen im Job hin.
Will ich Kind und Karriere, geht das nicht, weil die Familienpolitik dieses Landes nicht in der Lage ist, echte Wahlfreiheit mit einem gesetzlich garantierten Betreuungsplatz für mein Kind zu sichern. Im Gegenteil: Momentan werde ich mit dem Betreuungsgeld sogar dafür belohnt, zu Hause zu bleiben. Das Versagen liegt dabei auch auf Seiten der Unternehmen: Die füllen mit betrieblichen Kindertagesstätten nicht die Lücke, die der Staat bei der Kinderbetreuung lässt – derzeit 200.000 Plätze. Aber will ich das alles gar nicht, weil ich kein Kind will, werde ich in Haftung genommen für den Gefahrenfaktor, Monate oder Jahre als gewinnbringende Kraft des Unternehmens auszufallen, weil ich Windeln wechseln muss. Der Preis dieses Makels: Einbußen bei der Bezahlung.
Die 1 Million Dollar-Strafe
Das zeigt sich erneut am Berufsfeld PR. Schon die erste Berufsfeldstudie über Frauen in der PR, The Velvet Ghetto, deckte einen Lohnunterschied von 18,5 Prozent zwischen Männern und Frauen auf – im gleichen Berufsfeld, in vergleichbaren Positionen, in vergleichbaren Institutionen.
Das macht im Laufe eines Berufslebens in der PR einen Fehlbetrag von bis zu 1 Million Dollar. 1 Million Dollar, die der Typ, der genauso lange in dem Laden arbeitet wie du, genauso qualifiziert ist wie du und auf genau der gleichen Hierarchiestufe arbeitet wie du, bekommt. Einfach, weil er ein Typ ist.
Aber es kommt noch besser.
Eine Studie aus dem Jahr 2000 belegte, dass in Deutschland Männer in weniger anspruchsvollen PR-Jobs besser verdienen als Frauen in höheren Positionen mit mehr Verantwortung und komplexeren Anforderungen.
Frauen gehen also häufiger in das Berufsfeld als Männer, steigen aber dann weniger häufig auf und verdienen, auch wenn sie es schaffen in Führungspositionen zu kommen, weniger.
Was kann die Quote daran ändern? Sie kann an diesen Missständen kratzen, weil sie automatisch für eine angemessene Repräsentation von Frauen in angemessenen Positionen sorgt und das System insgesamt – Unternehmen und Politik – unter Druck setzt, Vereinbarkeit zu ermöglichen. Wenn Frauen besetzt werden müssen, dann müssen sie in der Lage sein, die Kinder, die sie vielleicht mal bekommen wollen, unterzubringen. Das beträfe im Übrigen kompetente wie inkompetente Frauen gleichermaßen, allerdings hat ein Unternehmen das Risiko bei der Einstellung von Mitarbeitern danebenzugreifen, nicht erst, seitdem Frauen arbeiten.
Die Quote führt dazu, dass Frauen, allein aufgrund ihrer Fähigkeit, ein Kind zu kriegen, kein Risiko für Unternehmen mehr darstellen. Es entfernt die Chromosomen der Angestellten aus der Kalkulationsmasse einer Unternehmensbilanz. Das macht die Quote notwendig. Das zu sagen ist nicht populär. Populär ist es, so zu tun, als gäbe es kein strukturelles Problem. Das führt zum Dilemma der Spitzenfrauen: Sie sind oben, aber zu betonen, dass dies keine Selbstverständlichkeit ist, sondern Ergebnis einer Ignoranz à la „des Kaisers neue Kleider“, das ist verboten. Das macht die Sätze der Spitzenfrauen gegen die Quote folgerichtig, aber nicht richtig.
*und wenn es so wäre, wäre das nichts, was ohne Quote bei Beförderungen anders wäre.
Anmerkung: Dieser Text entstand zwar vor der unsäglichen FOCUS-Titelstory, kann aber natürlich gleichermaßen als Replik darauf verstanden werden.
Danke für diesen schönen Beitrag. Dass Quote und Qualifikation sich nicht ausschließen, kann man nicht oft genug betonen – denn genau das schwingt in der gesamten Titelstory des Focus ja mit.
Ich denke, von erfolgreichen Frauen so zu tun, dass es kein strukturelles Problem gäbe, ist nicht nur auf Popularität zurück zu führen, sondern eben auch darauf, dass diese Frauen sich ganz stark davon abgrenzen wollen, als „unqualifiziert“ „auf Quote angewiesen“ „schwach“ oder „benachteiligt“ wahrgenommen zu werden, eben alles, was negativ auf sie zurück fallen könnte. Ich denke das läuft teils bewusst, teils unbewusst ab um die kongnitive Dissonanz zu überbrücken – nicht ich hatte Glück, bin besonders stark, musste besonders kämpfen – sondern die anderen strengen sich eben nicht an, wollen nicht genug, sind nicht gut genug. Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Somit grenzt man sich von der vermeintlich schwachen Gruppe ab und lässt das Problem einfach hinter sich – nicht mehr mein Bier.
Uff, keine Ahnung, ob das verständlich war. Wenn nicht, versuche ich es gleich noch mal etwas besser formuliert…
Sehr sogar. Ich finde, du fasst das Kernproblem der FOCUS-Story gut zusammen und möchte deinen tollen Beitrag zum Thema hier auf jeden Fall auch noch mal lobend erwähnen: http://frau-dingens.de/?p=1925 :)
Das Argument, dass die Quote sinnvoll ist, kann ich nachvollziehen. Aber WARUM kommen Frauen weniger in höhere Positionen? DAS ist doch die Ursache des Problems.
Ist sie! Und die Frauenquote ist ein Hack, um diese bestehenden Strukturen (Stichwort Gläserne Decke http://de.wikipedia.org/wiki/Gl%C3%A4serne_Decke ) aufzubrechen, da es über gutes Zureden (à la Kristina Schröder) ja nun leider erwiesenermaßen nicht klappt.
Was ist denn mit Unternehmen, die von Frauen gegründet und/oder geleitet werden, z.B. http://www.kotzolt.de? Kommen da die Männer schlechter hoch? Wäre also einer der Auswege, Frauen zur Selbständigkeit zu ermutigen?
Es geht ja eben nicht darum Start-Ups auf zu machen.
Denn wenn weiterhin in großen, am Markt etablierten Unternehmen nur Männer in den Öffentlichkeitswirksamen Ebenen sitzen, wird das kaum mehr Frauen motivieren, diese Ebenen anzustreben.
Und (wenn ich zeit habe such ich noch nach der Quelle) ich meine mich zu erinnern, das die letzten Jahre schon weit über 50% der Unternehmensneugründungen von Frauen sind. – Ich weiß leider grad weder auf welchen Räumlichen Bezug, aber ich würde sage dieses Mittel ist schon sehr weit verbreitet.
o/
Danke. Guter Text.
Hm. Ich finde man sollte (zudem) dafür sorgen dass auch bei Männern die Qualifikation stärker geprüft wird.
Guter Text, da kann ich nochmal neu über die Quote nachdenken, bin bisher nicht unbedingt Befürworter.
Ich habe aber ein Argument noch nicht ganz verstanden: Wenn du sagst, die Quote greife erst nach der Qualifikation (was ich toll finde), was ist dann mit Fällen, in denen eine Quote erfüllt werden muss? Werden dort Ausnahmeregelungen geschaffen, dass, wenn es keine oder keine qualifizierte Bewerberin gibt, die Quote ausgesetzt wird? Wenn nicht, was dann? Ich stimme zu, dass Frauen häufig genug wegen ihres „Risikos“ nicht genommen werden oder aus anderen diskriminierenden Gründen. Doch wenn sie tatsächlich nur genommen würden, um eine Quote zu erfüllen, wäre das unpassend.
Dein Argument zum Schluss ist nämlich nicht gültig: Du sagst, das Risiko, unqualifizierte Mitarbeiter einzustellen, gäbe es nicht erst seit Frauen arbeiteten. Doch warum sollten wir einen Fehler im System, dass unqualifizierte Leute einen Job ausfüllen, vielleicht sogar eine Spitzenposition, auch noch hier reproduzieren? Warum sollten wir, wenn es denn so wäre, dass nur die Quote erfüllt werden sollte und eine unqualifizierte Frau eingestellt würde, dies tun? Wenn es schon genug Männer gibt, die ebenfalls inkompetent sind, warum sollten wir das strukturell noch weiter begünstigen? Das wäre für mich zwar „gleiches Recht auf Inkompetenz für alle“, aber irgendwie unbefriedigend.
Denn eigentlich wollen wir ja (neben Diskriminierung) auch Inkompetenz verhindern.
Disclaimer: Ich kenne die FOCUS-Titelstory nicht, ich mache mir nur meine eigenen Gedanken.
Mach das mal konkreter: In welcher Branche hätte ich denn Probleme für eine Führungsposition sagen wir 30% Frauen zu finden? Im Kopf dabei behaltend, dass Führungsaufgaben häufig ein anderes Profil als fachliche Positionen verlangen… Nach meinen Erfahrungen in Stahl- und IT-Branche (die ja sehr männerlastig sind) würde mir da keine Branche einfallen.
Grundschulen. Das Lehrpersonal ist überwiegend weiblich, die Rektorenebene meist männlich besetzt. Und da diese Stellen vom Land besetzt werden, herrscht hier nicht der oft unterstellte Männerküngel. Diese Positionen werden nach Qualifikation vergeben.
Ähnliches gilt übrigens interessanterweise in vielen sozialen Berufen (z.B. Kinderheime (Gruppenleitung), Drogenberatung oder Kindergärten), wo man eigentlich erwarten könnte, daß die dort Tätigen über einen aufgeklärten Umgang mit dem anderen Geschlecht verfügen.
In fast allen techniklastigen Bereichen: Automobilindustrie, Maschinenbau, Feuerwehr, Schifffahrt, Hoch und Tiefbau…
Natürlich schließen sich Quote und Qualifikation nicht aus, allerdings strotzt der Text geradezu vor Gesellschaftsromantik. In einer Gesellschaft in der das alles stimmen würde, bräuchten wir dann gar keine Quote mehr.
Das Problem ist doch, man muss kein Psychologe sein um vorhersehen zu können, dass viele Männer sich übergangen fühlen werden, wenn die Kollegin befördert wird und man selbst nicht (denn generell hat man es ja selbst immer mehr verdient egal ob Kollege oder Kollegin ;)). Das führt zu Neid, Missgunst, schlechtem Arbeitsklima. Es geht ja nicht nur drum, was Fakt ist und was nicht, sondern auch wie was wahrgenommen wird.
Ob sich Männer übergangen fühlen halte ich gesellschaftlich aber für ein kleineres Problem als strukturelle Benachteiligung. Eine Quote und eine ernsthafte Diskussion darüber führt vielleicht dazu, dass letzteres besser wahrgenommen wird.
Und umgekehrt fühlt sich eine Frau nicht übergangen, wenn wieder mal der weniger qualifizierte Mann befördert wird?
In welcher Organisation gibt es eine Frauenquote, die so gut funktioniert und die Verhältnisse so tiefgreifend geändert hat, dass man sie ohne negativen Folgen für den Frauenanteil auf allen Ebenen der Organisation abschaffen könnte?
ich denke, das ist die falsche frage. obwohl ich glaube, sie dir beantworten zu können: wahrscheinlich in keinem unternehmen. falsch ist die frage deswegen, weil die strukturelle benachteiligung von frauen keine sache nur eines unternehmens ist, sondern der gesellschaft. erst wenn sich die verändert, kann es ohne quote zu ausgeglichenen verhältnissen kommen. sieht man ja daran, dass es ohne quote überhaupt nicht funktioniert.
Das bedeutet also, dass
1. man die Quote gar nicht „im Kleinen“ irgendwo ausprobieren kann.
2. Quotenbefürworter damit auf elegante Weise um Belege für Erfolge der Quote herumkommen.
Nein, dass bedeutet lediglich, dass es natürlich mehr und grundlegenderer Veränderungen bedarf, um ein komplett gerechtes System zu schaffen. Insbesondere wenn Frauen Kinder haben möchten, bleibt die Problematik der Vereinbarkeit bislang vor allem an ihnen hängen. Eine Problematik, die nun mal eine echte Karrierebremse ist.
Die Quote ist halt ein temporärer Hack des Systems. Quasi eine Adrenalinspritze, die etwas beschleunigt, was sich strukturell eben langsam bis gar nicht von alleine ändert. Denn warum auch? Diejenigen die nun in Aufsichtsräten etc. sitzen, vermissen ja auch meist nichts, sondern fühlen sich unter ihresgleichen wohl und stellen deshalb noch mehr von ihnen ein, statt kompetente Menschen mit anderen Lebenshintergründen – das nennt sich soziale Homophilie (quasi „gleich und gleich gesellt sich gern“).
Gesetze und Auflagen fordern aber Taten und kein bloßes Wohlfühlgelaber im Sinne von „Wir müssten ja auch mal…“. Selbst in Schweden, wo Gender Mainstreaming (also die Gleichstellung der Geschlechter) ein fester Bestandteil der politischen Agenda eines jeden Politikressorts ist, ist der Frauenanteil ohne gesetzliche Quote noch zu gering und es kann gut sein, dass das nächstes Jahr über ein Gesetz geregelt werden muss.
„Im Kleinen“ wird die gesetzliche Quote ansonsten recht erfolgreich in Norwegen ausprobiert: http://www.spiegel.de/politik/ausland/in-norwegen-funktioniert-die-frauenquote-in-aufsichtsraeten-a-831693.html
Und ja, es geht bei den Fällen, die aktuell in der Politik diskutiert werden bislang immer nur um Aufsichtsräte. Das sind noch zögerliche Babyschritte angesichts des Bedürfnisses, dass Geschlechtergleichstellung eigentlich 50-50 bedeutet und sich über alle Ebenen eines Unternehmens ziehen sollte (wobei ich sicher bin, dass es kleine Betriebe gibt, die eine Quote/Gleichstellung schon fleißig für sich umsetzen, die jedoch unterm Radar fliegen, weil sie eben nicht an einer Börse notiert sind).
„allerdings hat ein Unternehmen das Risiko bei der Einstellung von
Mitarbeitern danebenzugreifen, nicht erst, seitdem Frauen arbeiten.“ YMMD
Ich habe nie gesagt, dass es kein strukturelles Problem gibt. Ich bezweifele aber das eine Quote unsere Gesellschaft zum Umdenken bewegen wird. Außerdem führt eine Quote zwangsläufig zur Benachteiligung der Männer in Berufen mit starkem Männerüberschuss. Wenn die Hälfte der Führungspositionen von Frauen besetzt werden muss, in dem Beruf aber <10% Frauen arbeiten, ergibt sich schon statistisch ein Gerechtigkeitsproblem. Diesmal eben für die Männer. Wenn Quote, dann im Verhältnis der Geschlechter in diesem Beruf. Das wird das Problem der Gleichbehandlung aber vermutlich auch nicht lösen…
Ich finde die Entwicklung schade. Eine echte Unterscheidung zwischen Leistung und Quote wird es fortan nicht mehr geben, das liegt leider in der Natur der Sache.
Ich musste schon darüber lachen, daß Frau Jäkel unterstellt, irgendjemand würde NUR aufgrund von Leistung und Qualifikation in eine Führungsposition befördert. Unabhängig vom Geschlecht sind das noch NIE die die bestimmenden Faktoren für einen Aufstieg gewesen.
Ein Mindestmaß an Fachkompetenz wird vorausgesetzt und ist damit höchstens einer von vielen Faktoren. Seilschaften, Beziehungen und ein gewisses Maß an Egoismus und Skrupellosigkeit sind mit Abstand die wichtigeren.
Daß man das lieber anders darstellt, ist aber für jemanden, der es „geschafft hat“ mit Sicherheit bequemer.
[…] heutigen Beitrag von @julianeleopold “Wenn keiner was sieht, wird keiner böse – Warum die Quote kommen muss” im neuen Blog “kleinerdrei” fand ich folgenden […]
Vielen Dank auch von mir für diesen Artikel. Ich finde genauso, dass sich Quote und Qualifikation nicht ausschließen. Nach dem Motto „Wenn schon ne Frau, dann wenigstens die beste.“. Das klingt irgendwie unfair – aber unfair ist auch dieses ganze System, das Frauen tatsächlich benachteiligt, weil sie vielleicht mal Kinder kriegen könnten.
Natürlich fällt eine Frau erst mal aus, wenn sie ein Kind bekommt. Aber dann sollte man sich vielleicht mal anschauen, dass man Dinge wie Kitas im Betrieb anbietet, damit die Frau so schnell wie möglich wieder einsetzbar ist! Das würde die Frau sogar mehr an den Betrieb binden. Und „richtige Karrierefrauen“ versuchen auch alles, um nach der Geburt schnell wieder in den Beruf einzusteigen.
Außerdem würde natürlich helfen, wenn mehr Männer in Elternzeit gehen würden. Dann wäre es nämlich nicht mehr so selbstverständlich, dass Männer „immer verfügbar“ sind.
Unsere Gesellschaft hat wirklich einige Probleme – und selbst wenn man das Kind schon im Studium bekommt, was ja so groß angepriesen wird und „gut für die Firmen“ ist – die Frau fällt dann ja später nicht mehr aus -, ist es ziemlich schwer, überhaupt Hilfen zu bekommen. Ich erlebe das gerade; ich muss für jedes Zugeständnis ganz schön kämpfen, und das obwohl ich mein Studium in Regelstudienzeit fertig bekommen werde.
Dazu passt auch dieser Artikel ganz gut: http://goo.gl/79HLu
Ohne mich wirklich ernsthaft auszukennen oder am Diskurs teilhaben zu wollen: Die erwähnten Studien zeichnen vor allem ein düsteres Bild von der PR-Branche würde ich sagen. Was mich wiederum wenig überrascht. Düstere Geschäfte, düstere Menschen.
Und noch eine Frage, weil ich seit dem 1.1. auch Arbeitgeber bin: Worin genau bestünde eine kommende Quote?
Naja. Der Text ist reisserisch, aber zielt aber nur von einer Seite. Schon der Einsteig löst bei mir kopfschütteln aus. Ich wurde noch NIE nach Lebensplanung gefragt und falls das mal ein Chef wagen würde würde ich ihm meine Bewerbung um den Kopf knallen und davonlaufen. Ja diese Untersuchungen mögen alle stimmen. Aber der Kontext gefällt mir nicht. 1. dass Typen mehr verdienen als wir, kann man mit einer Quote nicht ändern. 2. Dass Frauen nur nicht befördert werden, weil sie fähig sind Kinder zu kriegen stimmt auch nicht. Männer als Chef befördern in der Regel Männer weil sie einfach einfallslos sind.
Daran könnte eine Quote etwas ändern. Aber denkt ihr wirklich die können das nicht umgehen wenn sie wollen? Wir werden anschliessend noch mehr belächelt und noch mehr aufs „Frausein“ reduziert und noch weniger für unser Können respektiert.
Ich habe Angst vor einer Negativspirale und verlasse mich lieber auf mich selber als auf Männer.
Zu ergänzen ist vielleicht, dass die Frauenquote nicht nur für die Frauen gut ist, sondern dazu beiträgt, dass leitende Posten überhaupt erst von guten Leuten besetzt werden – statt von Männern mit guten Beziehungen.
https://opahansblog.wordpress.com/2013/01/13/die-schwachkopfquote-2/
Das ganze Strampeln in Firmenhierarchien ist doch einfach nur armselig. Wen interessiert schon, wer befördert oder Chef wird? Wenn man in so einem System gefangen ist hat man sowieso schon verloren. Und Frauen feiern es als Fortschritt, da jetzt einzusteigen – während Männer aussteigen, z.B. die Vielbeschworenen Nerds, die inzwischen eher zur Selbständigkeit tendieren. Glückwunsch wenn sie es endlich geschafft haben, die Fremdbetreuung ihrer Kinder 100% zu organisieren. Dann wird es eventuell auch gar keine Entschuldigung mehr geben, zuhause zu bleiben. Feministen halten Kinder grosszuziehen anscheinend wirklich für etwas anstössiges. Meiner Meinung nach gibt es nur sehr wenige Jobs die eine ähnliche Erfüllung bieten können. Aber man bekommt dafür ja eine Million Dollar. Mal überlegen, was könnte man sich dafür kaufen das sich mehr lohnt als Zeit für seine Familie zu haben?
Zu den Zahlen und Fakten kann man ad hoc keinen Kommentar abgeben (muss erst die Studien anschauen), aber Statistik kann ganz schön trügerisch sein. Interessant finde ich z.B. dass manche Statistiken sogar Gehaltsunterschiede bei Tariflohn aufzeigen, was eigentlich nicht sein kann – es sei denn die Jobs sind doch nicht so äquivalent wie die Statistiken glauben machen. Übrigens hilft die Quote ja anscheinend nicht dabei dass Frauen auch mehr verdienen, da ja anscheinend jetzt schon Frauen bei gleicher Position weniger verdienen. Nebenbei: bei Gleichverteilung von Befähigung wird man natürlich weniger gute Leute bekommen wenn man aus 10 Bewerbern auswählen muss als wenn man unter 100 auswählen kann.
Wie wäre es z.B. wenn Frauen selber Firmen gründen würden (automatische Beförderung direkt zum Chef), die dann ihrerseits mit PR-Firmen zusammenarbeiten bei denen Frauen die Chefs sind? Warum geschieht das anscheinend nicht?
Das hab ich ja oben schon gefragt. Ich glaube, das ist ein Punkt, mit dem es sich auseinanderzusetzen lohnt.
Zunächst mal möchte ich betonen, dass ich dem Artikel inhaltlich voll zustimme. Die Benachteiligung der Frauen in der Arbeitswelt muss aufhören, und die Quote wäre dabei hilfreich.
Aber mich würde doch mal interessieren, wie die Million zustande kommen soll. Nehmen wir mal eine Lebensarbeitszeit von 40 Jahren und ein Durchschnittseinkommen von 50000 brutto im Jahr an. Das macht 2 Mio Einkommen im Leben. Ich arbeite nicht in der PR-Branche, aber das wäre wahrscheinlich schon ein überdurchschnittliches Gehalt. Da erscheint mir die Million Unterschied doch extrem unrealistisch.
Erschreckend aber war: Bis vor ein paar Jahren hat es mir tatsächlch eingeleuchtet, dass Schwangerschaft ja einen Verlust für das Unternehmen darstellen würde, also die Frage nach Lebensplanung und das systematische „Aussortieren“ ja durchaus berechtigt ist. Und es ist nicht so, dass ich aus einem wenig emazipierten Haushalt stammen würde: Alle meine weiblichen Verwandten haben oder hatten anspruchs- und verantwortungsvolle Berufe, waren oftmals in besseren Arbeitsverhätnissen als ihre Männer (das betrifft sowohl Verdienst als auch Qualifikation – das mag überhaupt der Grund sein, warum ich lange gebraucht habe um zu verstehen, das Feminismus nichts Vollendetes ist, sondern noch immer verfolgt werden muss).
Und da liegt genau ein Problem der ganzen Debatte – die Argumentation ist so verquer, dass man sich einlullen lässt. Selbst als Frau. Bis einen der eigene Mangel an Argumentationsschwäche wütend macht. Bis man selbst vor diesem Punkt steht, an dem Geschlecht zum Auswahlkriterium wird.
Ich danke Dir für Deinen Text. Und die ganze Seite – es fehlte eine deutsche Alternative zu den englischsprachigen new/second (third?) wave feminism sites.
Wichtig vor allen heute: Oftmals nehme ich Verhaltensmuster jüngerer Frauen (und Mädchen) mit erschrecken war. Hatte ich doch das Gefühl, „wir“ waren schon mal
weiter. Ein back-lash? Oder bilde ich mir das ein?
Auf jeden Fall: Weiter so!
Wie hoch wäre denn die „richtige“ Frauenquote? Die 30% Forderung wäre in manchen Bereichen, z.B. da wo nur 10% Frauen arbeiten ziemlich abstrus.
Es gibt eh nur sehr wenig fähige Führungskräfte. Wenn diese geringe Auswahl durch irgendwelche Quoten dann auf einmal nochmal halbiert wird, trägt das sicher zu keiner Verbesserung bei. Wenn sich auf Stellenausschreibungen nur 100% Männer oder Frauen bewerben, was bringt dann eine vorgegebene Quote?
Würde eine bestimmte Männerquote in Kinderkrippen automatisch die Qualität verbessern? Oder würde es dazu führen, dass sofort jeder noch so unfähige Erzieher/ Kinderpfleger eingestellt wird und die Qualität der Kinderkrippen sinkt?
Aufstiegschancen müssen für alle Menschen fair und gleich werden. Aber Quoten sind nicht das richtige Insrument dafür.
„Wenn sich auf Stellenausschreibungen nur 100% Männer oder Frauen bewerben, was bringt dann eine vorgegebene Quote?“
In diesem Fall ist wahrscheinlich das Problem, dass sich keine qualifizierten Frauen*/Männer* von der Ausschreibung angesprochen fühlten. Das lässt sich ändern und lohnt sich, zu ändern: erwiesenermaßen (http://www.mckinsey.de/html/publikationen/women_matter/2007/women_matter_01.asp) sind Unternehmen erfolgreicher, in denen sowohl Männer* als auch Frauen* zusammenarbeiten.
Warum du anschließend davon ausgehst, dass Männer automatisch schlechtere Kinderpfleger sind, ist mir milde ausgedrückt unklar.
Diese Studie sagt nicht aus, das Unternehmen in denen Frauen und Männer in Führungspositionen sind, auch erfolgreicher sind. Wird auch in der Studie erwähnt, das da keinerlei zusammenhang besteht.
„Die Untersuchung belegt einen Zusammenhang zwischen der Performance
eines Unternehmens und dem Frauenanteil in der Führungsetage.“
Puhh, fangen wir mal an:
– Die Frage nach der Schwangerschaft ist unrechtmässig und kann von der Frau mit einer Lüge beantwortet werden, ohne das ihr dadurch nachteile entstehen, von daher ist alles bestens organisiert. Zweitens kenn ich jetzt im Persönlichen umfeld keine Einzige Frau, die nach ihrer Kindheitsplanung gefragt worden ist. Drittens, ist ja nicht das Kinder kriegen und die einjährige Auszeit ein Problem, sondern das dauherhafte fernbleiben, das Frauen dann machen, ganz Freiwillig und ohne not. Denn in den letzten drei Jahren hat sich die Arbeitszeit von Müttern um 9 STundne in der Woche gesenkt, in einer Zeit also, in der Kita Plätze massiv ausgebaut worden sind. Mal ganz davon ab, das sich Frauen mal mehr mit dem Partner absprechen sollten, denn Männer können nach wie vor Familie und Karriere auch nicht unter einen Hut bringen, auch Männer müssen sich entscheiden.
– Die Qualifikation. Es stimmt einfach nicht, das Quote und Qualifikation hand in hand gehen. Wenn sich Frauen auf einen Job mit Frauenquote bewerben, dan werden diese auch genommen, wegen der Quote, siehe ÖD siehe Politik, auch wenn sie nicht die entsprechende Qualifikation haben oder wenn ein Mann besser wäre. Es fehlt einfach an Frauen, die sich Hocharbeiten wollen. Die wenigsten Frauen Arbeiten so hart an ihrer Karriere wie Männer. Es gab dazu auch mal einen Artikel im Spiegel, bei dem drei Frauen befragt worden sind, warum sie denn keine Führungsaufgabe übernommen oder mittlwerweile gekündigt haben. Einheitliches Kredo: Zu viel Arbeit, zu lange Arbeitszeiten. Zeigt sich auch sehr gut im Grundschulbereich. Dort fehlen über 1000 Rektoren, es wäre kein Problem für Frauen, diese Stellen zu bekommen, der Grundschulsektor hat einen Anteil von 98% Frauen. Trotzdem nimmt keine Frau diesen Job.
– Und wie das beispiel Norwegen zeigt und unsere Parteien, bringt eine Quote überhaupt nichts. In Norwegen sind es noch genausoviele Frauen wie vorher, die in Führungspostionen arbeiten, in unseren Parteien ist der Frauenanteil gering, selbst bei so einer Männerhasspartei wie den Grünen, sind nur 34% Frauen.
Fazit: Die quote führt nur dazu, das es Frauen einfacher haben, an eine Stelle zu kommen als Männer, allein schon dadurch, das sich Prinzipiel weniger Frauen auf Führungspositionen bewerben als Männer. Das ist ungerecht, das ist wirliche Diskriminierung. Es kann nicht sein, das es Frauen permanent leichter gemacht wird.
P.s: die Stuie über das niedrige Gehalt würde mich sehr interessieren. Dieses Feministische Gespenst über angeblich weniger Geld für gleiche Arbeit kursiert ja schon seit einiger Zeit und konnte noch nie Belegt werden.
Geiler Text. Alles, was ich in jeder immer wieder vorkommenden Diskussion mal ausdrücken wollte. Danke
True dat! Ich arbeite in der PR von einem großen, renommierten Forschungsinstitut. In einem Team von 17 Leuten sind gerade mal 3 Männer… und „natürlich“ haben die die höchsten Positionen. Obwohl unser Chef mit seinet Position völlig überfordert und nicht mal so sonderlich qualifiziert ist, und die Frauen in der Praxis sowieso den Laden schmeißen. Aber wo kämen wir denn hin, wenn wir Damen nicht einen Leithammel hätten? Der reinste Männerverein. Ugh.
Danke für den Artikel, super! Was mich an der Diskussion um die Frauenquote immer verwirrt, kognitiv dissoziiert und mir total unlogisch vorkommt: Im Grunde haben wir schon eine Quote, die lautet je nach Unternehmen und Branche 100, 98, 95 oder 90 (…) Prozent der Führungsstellen werden mit Männern besetzt, nicht selten mit einem weniger qualifizierten männlichen Bewerber als konkurrierenden weiblichen (u.a. aus den oben genannten Gründen wie einseitiges Übernehmen der Familienlasten, Firmenpolitischen Strukturen, ganz einfachen Vorurteilen …). Die Einführung einer Frauenquote (oder der Systemhack, wie es das kleinerdrei-team benennt) würde einfach die Männerquote aufheben. Hah! Und da war sie die Unlogik, wir können doch die Quote nicht einfach abschaffen.
[…] Verhalten nieder: Frauen verdienen oft weniger als Männer in den gleichen Positionen, Frauen haben schlechtere Aufstiegschancen im Beruf, sind häufiger auf Niedriglohnjobs angewiesen und damit auch häufiger von Altersarmut bedroht – […]