Der Nerd und sein Baumhaus

Umdeutung des Fake Nerd Girl Meme

Der Nerd und der Feminismus existieren durchaus als gewisses Spannungsfeld, das zuweilen an das Spannungsfeld zwischen Teufel und Weihwasser zu erinnern scheint. Seit ich wesentliche Teile dieses Artikels vor einigen Wochen schrieb, hat sich das mehrfach wieder gezeigt. Warum ist das eigentlich so? Und inwieweit unterscheidet sich da „die Szene der Nerds“ vom Alltag? Gibt es da ureigene Verhaltensmuster und Gründe? Ein Versuch eines kritischen Blicks nach Innen.

Nerds, Geeks und Hacker – sie haben viele positive Eigenschaften. Dazu muss eins sich nur die Selbstdefinitionen dieser Gruppen ergooglen. Da ist von Leidenschaft die Rede. Von Toleranz und von Kreativität. Alles gar nicht so falsch. Behaupte ich jetzt mal, auch aus Eigeninteresse.

Ich möchte mich dennoch den negativen, weniger häufig beleuchteten Eigenschaften des männlichen Nerds, vielleicht etwas provokant und verallgemeinernd, nähern. Weil ich mich gefragt habe, warum sich ausgerechnet männliche Nerds, die sich oft selbst als progressiv und egalitär sehen, in meiner Wahrnehmung so schwer tun mit dem Feminismus. Damit möchte ich nicht die zahlreichen weiblichen Nerds unsichtbar machen oder marginalisieren. Ich versuche an eigenen Erfahrungen entlang Entwicklungen nachzuvollziehen und zu extrapolieren.

Am Beginn der prototypischen Nerd-Biographie steht Verletzung und Ausgrenzung. Oft wurden sie in der Schule gemobbt oder verprügelt. Rückzugsräume fanden sich nur abseits des Mainstreams – im Schachclub oder in der Informatik AG. Bis in die Mittelstufe hinein Außenseiter mit kleinem Freundeskreis, dem es oft ähnlich erging. Mehr Solidargemeinschaft als Freunde. Irgendwann lässt es dann nach. Die Anderen haben genug mit sich selbst und ersten Beziehungen zu tun. Der Nerd könnte jetzt seine Verletzungen aufarbeiten und Entwicklungsdefizite auf sozialer Ebene aufholen. Könnte. Passiert aber meistens nicht.

Es festigen sich stattdessen Verhaltens- und Denkmuster. Ein paar davon sind sehr schön als die fünf „Geek Social Fallacies“ zusammengefasst. Die ersten beiden davon lassen sich als „Ausgrenzung ist immer böse“ und „Freunde akzeptieren mich, wie ich bin“ umschreiben. Mit einer unterstellten Historie der sozialen Isolation sind derartige Gedanken natürlich durchaus nachvollziehbar. Dennoch machen sie Kritik fast unmöglich. Wird zum Beispiel jemand auf sexistisches Handeln angesprochen, ist es wenig hilfreich wenn derjenige sich gleich als „Sexist“ ausgegrenzt und freundschaftlich verraten fühlt. Erschwerend kommt für den Nerd in diesem Fall noch der Vorwurf der Diskriminierung anderer hinzu. Dabei ist er ja nie wirklich aus der Opferrolle entwachsen. Wie soll er da „Täter“ sein?

Hier spielt sicherlich auch eine Rolle, dass manche Nerds auch später in ihrer Biografie Probleme mit der Partnersuche haben. Heterosexuellen Nerds könnte da sicherlich eine latente Frustration unterstellt werden, die sich ja auch oft genug in Denkmustern wie dem des „Nice Guy“ niederschlägt. „Ich bin doch so ein netter Typ warum will mich keine?“ habe ich schon viele Nerds sagen hören. Oft ist es dann zu Pick-Up-Artists oder einer anderen misogynen Szene kein weiter Weg. Es wird fleißig oszilliert zwischen Objekt der Begierde und Subjekt der Zurückweisung. Dass es in Nerdkreisen mehrheitsfähig ist, Feminismus als fundamentalistisch oder gar faschistisch zu betiteln, wundert dann auch nicht mehr wirklich. Schließlich wurde mann doch persönlich seit Kindesbeinen von den Frauen „diskriminiert“, nicht umgekehrt.

Sicherlich gibt es auch noch weniger intime Gründe die es dem Durchschnitts-Nerd schwer machen, sich in den Feminismus einzuarbeiten. Exemplarisch sei da nur die unter den vorwiegend naturwissenschaftlich Sozialisierten recht verbreitete Geringschätzung der Geisteswissenschaften erwähnt …

Organisieren sich Nerds zusammen in Vereinen, Parteien oder Hackspaces treten immer wieder ähnliche Verhaltensmuster an prominente Stelle. Es wird ein Rückzugsraum, ein Nest abseits des Mainstream gebaut, das es gegen „die Anderen“ zu verteidigen gilt. Ein Baumhaus – Zutritt nur für Nerds. Wer akzeptiert gehört dazu, wer kritisiert ist Feind. Hierarchien bilden sich anhand von Eintrittsdaten und erfolgreichen Projekten. Männliche Kommunikationsstrategien dominieren den sozialen Raum im Realen und im Virtuellen. Dazu muss eins nur mal einen Streit auf beliebiger Nerd-Organistations-Mailingliste miterlebt haben. Mehr noch habe ich oft den Eindruck dass in solchen Gruppen eine alternative Männlichkeit ausgelebt wird, die in der realen Welt nicht umgesetzt werden kann. Ob das nun der Security-Hacker mit seinem Dominanz-Machismo ist, oder der Pony-Fan der seine soziale Stellung über möglichst umfangreiches Faktenwissen definiert – beide konstruieren Männlichkeit entlang der gesellschaftlichen Norm und münzen sie auf ihr spezielles Umfeld um. So entstehen selbstverstärkende Systeme die sich zwar als anders, offen und tolerant selbstwahrnehmen, es aber nicht wirklich sind. Wer von außen kommt wird kritisch begutäugt und hat erstmal nichts zu melden. Ein bisschen wie ein hermetisch abgeschlossener Ameisenhaufen.

Manchmal fühlt sich dieser Nerd-Ameisenhaufen dann auch soweit bedroht, dass er absurde Feindbilder konstruiert und angreift. Beispielsweise kommt in amerikanischen Comic-Nerd-Kreisen immer wieder das Stereotyp des „Fake Nerd Girl“ auf, das es auch als Meme in die „Internet-Kultur“ geschafft hat. Es beschreibt eine Frau, die es sich zur Aufgabe gemacht hat „Nerd-Kultur“ zu unterwandern, ohne in ihr verwurzelt zu sein, nur weil sie sich davon Beachtung und Verehrung männlicher Nerds verspricht. (Mittlerweile formiert sich glücklicherweise auch eine Gegenbewegung in Meme-Form.) Das Unauthentische greift hier nicht nur an, es unterwandert und relativiert. Persönlich habe ich zum Beispiel die Erfahrung gemacht, dass Podcast-Kolleginnen sich weitaus häufiger beweisen müssen und ihnen beharrlich die Fachkompetenz abgesprochen wird. Kollegen haben es da sehr viel einfacher wenn es um „Nerd-Themen“ wie Technik oder Videospiele geht. Die Ameisensoldaten-Nerds sind ständig darauf aus das Andere von außen identifizieren und eliminieren, um das Nest zu schützen.

Die bittere Wahrheit ist aber, das es weder „die Anderen“, noch das „wir“ des Nerd-Hivemind gibt. Im Gegenteil erzeugt diese Einordnung nur mehr der Ausgrenzung, die eigentlich so gefürchtet wurde. Trotzdem sitzen immer noch so viele erwachsene intelligente Menschen in ihren Baumhäusern und warten auf den nächsten Grabenkrieg mit klaren Fronten. Dabei gäbe es so viel zu lernen. So viel zu hacken. Die eigenen Unzulänglichkeiten und Denkfehler. Nachhaltige Organisation von Gruppen ohne pseudo-meritokratische Machtstrukturen. Oder vielleicht wäre sogar die strukturelle Benachteiligung der Hälfte der Bevölkerung hackbar. Wenn uns Nerds nicht dieses Thema am Herzen liegt, welches dann?

PS: Die Quintessenz dieses Artikels ist auch als My Little Pony Folge verfügbar.

61 Antworten zu “Der Nerd und sein Baumhaus”

  1. Ethan sagt:

    Bitte auch einmal beleuchten, warum Nerds Schwierigkeiten bei der Partnersuche haben und warum da viele Frauen auch nicht gerade positiv hervorstechen.

  2. Samya sagt:

    Sehr fein. Ich bin gespannt, was hier noch kommt.

    Übrigens haben nicht alle Nerds Probleme, Beziehungen zu finden – sobald sie unter ihresgleichen (oder fast ihresgleichen), nämlich anderen Akademikern sind, ist Wissen plötzlich sexy ;). Es gibt sogar einen richtigen Nerd-Fetisch: http://www.sexintheair.de/bdsm/nerd-fetisch/

  3. Faserpiratin sagt:

    Schöner Artikel – vielen Dank!
    Und die Buchstabenfetischistin steht auf die gut ausgewählte Schriftart hier ;-)

    Weiter so, ich bin gespannt, worüber ihr noch schreiben werdet.

    Viele Grüße,
    Faserpiratin

  4. klaus sagt:

    aha. kommentare upvoten geht so, zum downvoten muss man sich anmelden.

  5. Senfpresser sagt:

    Ich bin mir nicht sicher, ob das zu naiv gedacht ist, aber mir sind einige Formulierungen im Text aufgefallen, die ich zur Diskussion stellen wollte. Es ist beispielsweise von „männlichen Kommunikationsstrategien“ die Rede. Ich habe mich spontan gefragt, wie diese genau aussehen könnten – und habe dann überlegt, ob sich hier nicht Ebenen vermischen, die man, vorausgesetzt, man möchte normative Geschlechterrollen durchbrechen oder zumindest von außen beschreiben, vielleicht eher trennen sollte. Wenn ich auf analytischer Ebene von Männlichkeit, männlichen Attributen und Verhaltensweisen spreche, perpetuiere ich dann nicht ein normatives Bild von Männlichkeit, das ich doch an und für sich in Frage stellen möchte? Vielleicht ist das zu verkomplizierend, aber sollte man sich da analytisch nicht auf eine Meta-Ebene begeben und von Kommunikationsstrategien sprechen, die einem stereotypen Bild von Männlichkeit zugesprochen werden? Oder blöd gefragt: Vorausgesetzt, ich wüsste, was der Text mit „männlichen Kommunikationsstrategien“ meint, müsste ich dann diese an mir selbst feststellen können, weil ich ein Mann bin?

    Ansonsten: Vielen Dank für diesen Text. Konstruktive Kritik: Die Zeichensetzung bedürfte einer Überarbeitung. Kommata und so.

    • Martin sagt:

      Es geht mir zum Beispiel um Kommunikationsmuster die vor allem auf Dominanz, Lautstärke und Aggression fußen. Ob es jetzt in dem Kontext den du beschreibst schlau war das „(traditionell-)männlich“ zu nennen, ist sicherlich diskutabel.

  6. ╦ ╯ sagt:

    ich geb für diesen Beitrag ein ganz klares <3
    Vor allem, weil ich wieder mal das ganze sehr ähnlich sehe wie der gute map, nur der bringt es besser in Blogs – in viele Blogs ;-)

    viele Grüße

    TJ

  7. Antoine sagt:

    Küchenpsychologische Plattitüden. Als ob nicht jede soziale Gruppe ihr „innen“ und „außen“ hätte (sonst wäre es keine Gruppe), und als ob nicht die Gruppe „Hacker“ erheblich durchlässiger und toleranter gegenüber dem „außen“ wäre als bspw. die Modelleisenbahnfreunde Marzahn oder die Ultras von Hertha BSC.

    Wenn ich diese These lese und sie der Erfahrung von 12 Congressen und unzähligen kleineren Veranstaltungen mit „Nerds“ gegenüber stelle dann sehe ich da keinerlei Bestätigung für in der Realität.

    Mir scheint der Autor verarbeitet hier eher seine persönlichen Befindlichkeiten nach dem 20C3 (Stichwort „popcccorn“).

    • map sagt:

      Wie in der Einleitung geschrieben entstand der Text bereits lange vor dem 29c3 (allerdings nicht vor dem 20c3).

      Ich könnte mich jetzt auf das Spiel „Wer hat schon mehr Congresse besucht“ einlassen, aber erstens geht es darum nicht, und zweitens ist das genau dieses Hierachie-Dominanz-Gehabe das ich oben angesprochen habe.

    • lala sagt:

      Aus „In anderen Gruppen ist es ja auch nicht besser!“ folgt nicht, dass Verbesserungen bzw. Anregungen zu Verbesserungen der eigenen Gruppe abzulehnen sind, oder?

      Wenn ich diese These lese und sie mit der Erfahrung von 14 Congressen und unzähligen kleineren Veranstaltungen mit „Nerds“ gegenüber stelle, dann sehe ich da durchaus eine Bestätigung für die Realität. Aber gut, wie map schon sagte, bringt es null Erkenntnisgewinn, hier „Wer hat die meisten Congresse vorzuweisen“ zu spielen. Unabhängig davon also: Meine Erfahrung bezüglich dieses Themas ist eine andere als deine. Das kannst du jetzt abbügeln wenn du möchtest, oder du kannst das zum Anlass nehmen zu sagen „Oh, wirklich? Na gut – was war noch mal genau die Kritik, und wie kann man auf Verbesserung hinarbeiten?“

  8. Michael sagt:

    Im Endeffekt sagst du gerade aus, dass „die Nerds“ alle kleine ungefickte Sozialversager sind, die jetzt fleißig gegen Frauen auskeilen. Das halte ich für zu einfach argumentiert und ist sogar im Kern sogar extrem beleidigend – wer dir nicht zustimmt, ist eben einer dieser Versager. Kein Wunder, dass es dann heftige Reaktionen auf entsprechende Forderungen gibt. Irgendwo schreibt jetzt einer auf der Gegenseite einen Antwortpost, in dem er formuliert, dass Feministinnen alle Stuck up-Bitches sind, die einfach mal richtig durchgevögelt werden müssen. Solche Erklärungen bringen absolut nichts.

    Weitere Gedanken:

    – dieses zitierte Fake Nerd Girl ist ja nur eins von zighundert Memes, Das Neckbeard-Meme etwa widerlegt deine Aussage, da machen sich dann die Nerds fleißig über sich selbst lustig. Außerdem sind Memes jetzt nichts besonders nerdiges mehr, spätestens seit sie überall auf Facebook auftauchen.

    – dieses Bestreben, den eigenen sozialen Raum und die eigene soziale Gruppe erstmal so bestehen zu lassen und gegen Außenstehende zu verteidigen, findest du überall, in jeder Gruppe. Vor allem, wenn die Außenstehenden direkt mit Vorwürfen und Änderungsbefehlen kommen. Geh mal in den katholischen Gesangsverein St. Marien in Herne-Wanne und schlag spontan vor, was anderes zu singen.

    – Es gibt dieses Gefühl, dass man nichts falsch gemacht habe. Besonders gut kann man das an den Debatten um die Frauenquote sehen – da wird bemäkelt, dass die Gesellschaft ja massiv Frauen benachteiligen würde, es zu wenig Frauen in Aufsichtsratsposten gebe etc. Ich stehe dann da und frage mich – was hat das mit mir zu tun? Ich treffe keine Personalentscheidungen, schon gar nicht für Aufsichtsratsposten und habe mit meinen jetzt 30 Jahren auch nicht erlebt, dass Frauen massiv irgendwo ausgeschlossen wurden. Sie waren selbstverständlich bei allem dabei. Und wenn jetzt der Vorwurf kommt, dass ich als Mann ja generell und sowieso Frauen diskriminieren würde, dann führt das natürlich zu Widerspruch.

    – Vieles wird zu stark aufgebauscht. Das Internet ist gerade aufgrund seiner direkten, schnellen und unmittelbaren Kommunikation eben manchmal ein ungemütlicher Ort. Ich wurde auch als heterosexueller Mann schon beleidigt, gemobbt, gestalkt und so weiter. Etwas dicke Haut schadet generell nicht.

    • Harry sagt:

      Da machst du es dir zu einfach.
      Das Klischee, dass du unter „kleine ungefickte Sozialversager“ zusammenfast ist, das, was Nerds oft über sich selbst verbreiten (steht ja z.B. auch ziemlich genau so in dem Link zu den Five Geek Social Fallacies). Das brauchst du dem Autor hier nicht in die Schuhe schieben. Und woher du die gewissheit nimmst, dass „wer dir nicht zustimmt, eben einer dieser Versager [ist].“ weiß ich auch nicht.

      Ich finde das, was du schreibst ziemlich aus der Luft gegriffen. Und ich wundere mich tatsächlih immer wieder darüber, wie hefitg (nicht nur) Nerds darauf reagieren, wenn man ihnen sagt, das man etwas was sie gesagt oder getan haben sexistisch findet.

    • Anne Wizorek sagt:

      „Im Endeffekt sagst du gerade aus, dass „die Nerds“ alle kleine ungefickte Sozialversager sind, die jetzt fleißig gegen Frauen auskeilen.“

      hm, wo steht das denn? mir scheint eher, dass du diese pauschale aussage hineinliest, warum auch immer. davon abgesehen stempelt map hier niemanden ab, sondern möchte zum kritischen nachdenken über eigene verhaltensmuster anregen.

      zu deinen anderen punkten:

      – ernst gemeinte frage: was willst du damit belegen? dass nerds ja nicht *ausschließlich* sexistische/frauenfeindliche memes verfolgen? außerdem: bloß weil memes mittlerweile schneller in den mainstream überschwappen, heißt es ja nicht, dass sie dadurch weniger beleidigend sind? sie transportieren immer ein stück aus der kultur, aus der sie entsprungen sind.

      – nerd girls und ladies wollen ja gar nicht „was anderes singen“, sie wollen *mitmachen*, da sie dieselben interessen teilen. wo genau ist da der ausschlussfaktor enthalten? ich dachte eigentlich immer, es ist total großartig wenn sich menschen aufgrund gleichgesinnter interessen zusammenfinden und -tun.

      – wenn es diese ungerechtigkeiten innerhalb deines engsten umfelds bislang nicht gab: glückwunsch! das ist wirklich toll. aber schau mal über den tellerrand (fehlende weibliche besetzung in führungspositionen etc. sind nun mal ein fakt und nichts, was sich feminist_innen aus jux und dallerei ausdenken) und überleg dann, ob du nicht eigentlich auch eine gesellschaft und welt besser finden würdest, in der allen diese chancengleichheit zukommt. genau *da* hat das thema frauenquote dann eben auch etwas mit dir zu tun, denn du hast z.b. eine stimme, die du für parteien abgeben kannst, die eine frauenquote befürworten, kannst menschen positiv beeinflussen, die vielleicht in anderen unternehmen entsprechende kompetenzen inne haben etc. dass sich das thema nicht von alleine regen wird, beweisen die letzten jahrzehnte nur leider zu gut, also braucht es in diesem fall eben ein instrument, um veraltete strukturen aufzubrechen. am ende ist die frauenquote auch nur ein hack.

      – und fandest du das okay, „beleidigt, gemobbt, gestalkt und so weiter“ zu werden? ich schätze mal nicht. also abstumpfung als „lösung“ (für ein ohnehin strukturelles problem)? thanks but no thanks. das ist nicht mein internet, das ist schlicht traurig und niemals erstrebenswert. das netz wird am ende doch immer von den menschen bestimmt, die es nutzen, oder nicht?

      • Michael sagt:

        Dann les nochmal deinen Abschnitt 6, in dem du ganz klar Probleme bei der Partnersuche als eine oder gar die Ursache für frauenfeindliche Sprüche festmachst.

        Zu den weiteren Punkten:

        – Ich wollte sagen, dass Memes als Begründung nichts taugen. Wenn du einen Punkt machen willst, nehm irgendwas anderes.

        – Ich bin mir in vielen Fällen eben nicht sicher, ob nicht doch was anderes gesungen werden soll. Gerade wenn man manche Blogs liest, taucht da ganz stark eine „Ihr müsst euch ändern“-Forderung auf.

        – Da hast du meinen Punkt nicht verstanden – es ging mir darum, dass mir „als Mann“ eben Dinge vorgeworfen werden, für die ich absolut nichts kann. Und ja, ich habe bislang immer Parteien gewählt, welche für eine Quote sind.

        – Natürlich nicht, ich wollte damit nur sagen, dass das Internet generell manchmal ein unangenehmer Ort ist – und dass dies nichts mit dem Geschlecht zu tun hat.

    • Bastinat0r sagt:

      Dem kann ich nur zustimmen, da ich mich angesprochen, und genau als solch einen Versager bezeichnet fühle.
      „die Nerds“™ werden nicht dafür auf euch eingehen, dass ihr sie über den „Entwicklungsdefizite auf sozialer Ebene“-Kamm schert.

  9. Herr Liefert sagt:

    Bekommt 3 von 3 Herzchen: <3 <3 <3

  10. Klara sagt:

    wow! fundierte Analyse, klar und bestechend. sehr sehr schön zu lesen und danke für die Anregungen zum Weiterdenken!!!

  11. David sagt:

    Was genau ist eigentlich so falsch daran, dass die Erbauer und Besitzer eines Baumhauses entscheiden wollen wer rein darf und wer nicht?

    • map sagt:

      Wenn kein Wert auf Inklusion gelegt wird, und die Aussendarstellung keinen Wert auf Offenheit legt – nichts. Ist dann halt genau das was der Baumhaus Metapher transportiert: Ein „Boys Club“.

      • David sagt:

        Haha schöner hieb auf die Mailadresse, danke. Es klingt in Deinem Text aber eher danach, dass du willst, dass ALLE einen Wert auf Inklusion legen sollen.
        War der 29c3 nicht genau dafür ein gutes Beispiel, dass dem halt nicht uneingeschränkt so ist?

        • map sagt:

          Ich wollte eigentlich nicht über den 29c3 diskutieren, ich denke das ich hinreichend passiert. Trotzdem sei erwähnt dass „galaktische Gemeinschaft von Lebewesen“ einen inklusionistischen Grundgedanken nahelegt. ;)

          • David sagt:

            Wollte ich auch nicht wirklich. Ist meiner Meinung nach nur ein aktuelles Beispiel.

            Nur noch mal als Hinweis:
            Ein „Boys Club“ kann auch sehr gut ein Rückzugsort für 2 Jungen btw. Männer sein, die einfach zusammen etwas erreichen wollen.

            Also mehr „Es sind nur Boys“ anstatt „Nur Boys zugelassen“ ;)

      • Björn sagt:

        Komischerweise gibt es ja Allerlei Nerd-Treffen extra für Frauen (Geek Girls, Rails Girls, Whatever…), aber keine nur für Männer. Bin mir nicht sicher, eventuell sind boys clubs sogar inzwischen verboten (oder war das in der UK)? Dagegen wird offen überlegt ob Mädchen alleine besser lernen könnten, und es gibt denke ich auch Mädchenschulen. Was, wenn Jungen auch manche Dinge besser ohne Beteiligung von Frauen machen? Man kann doch mehrere Baumhäuser bauen, mit allen möglichen Mischverhältnissen. Ich finde z.B. die c-base hier in Berlin auch nicht so richtig gemütlich, obwohl ich ein Mann bin. Ich würde aber nie auf die Idee kommen daß auf Sexismus zurückzuführen, oder Geekismus, oder was auch immer. Da haben sich ein paar Leute zu einem Verein zusammengetan und einen Raum nach ihren Wünschen geschaffen. Wenn es mir nicht gefällt, muss ich eben einen anderen Raum suchen oder diesen selber schaffen. Um Öl auf das Feuer zu giessen könnte ich jetzt sagen, ein neues Baumhaus zu bauen wäre eher ein männlicher Ansatz, während der weibliche Ansatz eher ist zu jammern und sich zu beschweren :-)

    • Anne Wizorek sagt:

      „erbauer und besitzer“?! heute nacht wird dich der geist von ada lovelace heimsuchen.

  12. […] on kleinerdrei.org · the article page · kleinerdrei.org on QUOTE.fm […]

  13. nerdynerd sagt:

    Es wundert mich, dass hier Attribute nur Nerds zu geschrieben werden, die meiner Meinung nach generell extrem verbreitet sind. So haben fast alle Männer die ich kenne den Wunsch so akzeptiert zu werden wie sie sind und auch unter Frauen ist diese Einstellung zumindest existent wenn auch eventuell nicht ganz so verbreitet. Man schaue sich nur mal Paare an, die Männer sind fast nie bereit sich zu ändern, weil ihren Frauen an ihnen etwas nicht passt.

    Auch die Unfähigkeit sich selbst als Täter zu sehen ist nicht Nerd spezifisch sondern menschlich. Es ist auch nicht so schlecht, wenn man nicht gleich bei jeder Kritik sofort nachgibt. Die meisten intelligenten Leute haben selbst ein sehr genaues Bild von ihrem eigenen Verhalten und versuchen dieses mit ihren moralischen Vorstellungen in Einklang zu bringen, dass es dann ein persönlicher Angriff ist, wenn dieses Verhalten kritisiert wird, ist nur natürlich.

    Ich halte sowohl die Fähigkeit Kritik zu akzeptieren, als auch Änderungswillen für gute und wichtige Attribute, aber es sollte beides auch Grenzen haben. Der Wille sich selbst als gut genug anzuerkennen ist nicht vollkommen unwichtig.

    Am meisten jedoch stört mich folgender Satz: „unter den vorwiegend naturwissenschaftlich Sozialisierten recht verbreitete Geringschätzung der Geisteswissenschaften erwähnt …“ Dies ist deutlich weniger verbreitet als von geisteswissenschaftlicher Seite oft wahrgenommen. Innerhalb des naturwissenschaftlichen Teils meines Freundeskreises hat kaum jemand die Meinung, dass Geisteswissenschaften nicht so viel wert sind wie die Naturwissenschaften. Dies steht im ganz klaren Kontrast zu der Tatsache, dass ich wenn ich Leuten erzähle, dass ich Physik studiere ständig von diesen abfällige Bemerkungen über ihr eigenes Fach höhre und dass ich besonders schlau sein muss, weil ich ja so ein schweres Fach studiere. Hinzu kommt, dass Naturwissenschaftler generell oft sehr (zu) kritisch sind und daher sowohl Naturwissenschaften als auch Geisteswissenschaften kritisch betrachten.

    Abschließend sei noch erwähnt, dass ich es extrem naiv finde davon auszugehen, dass hier nur eine Seite Schuld trägt und Feministen und Feministinnen immer alles richtig machen.

    • map sagt:

      Wenn der Eindruck entstand dass es mir um „Seiten“ oder „Schuld“ ging, dann ist der Text wohl nicht so zugänglich wie ich es mir erhofft hätte.

      • nerdynerd sagt:

        Der Eindruck, dass es dir um Seiten geht entsteht durch den Bezug zum Feminismus. „Der Nerd und der Feminismus existieren durchaus als gewisses
        Spannungsfeld, das zuweilen an das Spannungsfeld zwischen Teufel und
        Weihwasser zu erinnern scheint.“

        Gründe wieso ich dachte, dass es dir auch um Schuld geht, sind zum Beispiel deine Bezeichnung der nerds als „Täter“ (zugegeben in Anführungszeichen) und, dass das Verhalten des nerds mehr der Ausgrenzung erzeugt. Vor allem aber wird in der Analyse ausschließlich das Verhalten der nerds kritisiert, wenn man daraus ableitet, dass eine Verhaltensänderung Lösungen zu bestimmten Problemen lieferen könnte so rechnet man die Hauptschuld den nerds an. „Oder vielleicht wäre sogar die strukturelle Benachteiligung der Hälfte der Bevölkerung hackbar.“ suggeriert, dass du zumindest vermutest nerds könnten diese Probleme lösen.

        Das es in erster Linie um bestimmte Verhaltensmuster bei nerds geht und nicht um Schuld ist aber durchaus rübergekommen.

        • lala sagt:

          Ich weiss nicht, ob map das ursprünglich so meinte, aber nach 15 Jahren im Nerd-Umfeld, die größtenteils großartig waren (weil Gleichgesinnte, yay), aber letztlich zunehmend frustrierend (weil siehe unten), sehe ich es so, dass das Verhalten „der“ Nerds durchaus mehr Ausgrenzung erzeugt. Nicht aller Nerds natürlich, aber die Ausgrenzung, die ich meine, ist schon recht auffällig und pervasiv und wird in nicht geringem Maße durch tonangebende Mitglieder der Community vertreten. Im Laufe der Jahre habe ich immer wieder mitbekommen, dass Menschen, männlich wie weiblich, diese Community aufgrund solcher problematischer Attitüden verlassen haben, die eigentlich sehr sozialkompatibel und eine Bereicherung waren – und jedes Mal dachte ich mir „Scheisse, das hätte doch eigentlich echt nicht sein müssen?“ Und inzwischen fühle ich mich in der Community auch nicht mehr wohl.

          Und ja, in diesem Punkt _rechne_ ich den (betroffenen) Nerds die Schuld an. Weil ihr Verhalten unnötigerweise ausgrenzt, und sie selbst auf freundlich vorgetragene Kritik zickig und mit Beißreflex reagieren. Sich aber gleichzeitig für voll so aufgeklärt und offen und fortschrittlich halten. Das geht nicht zusammen. Dieser Beißreflex und der Unwille, sich da mit Kritik auseinanderzusetzen nervt extrem und wird dem Anspruch einer intergalaktischen Gemeinschaft nicht gerecht. Und gleichzeitig denke ich mir: Was würde es die kosten, da mal ihre Beißreflexe im Zaum zu halten, über ihren Tellerrand zu schauen und konstruktive Kritik als solche anzunehmen?

          Parallel dazu habe ich an anderen Orten Nerd-Communities erleben dürfen, die außergewöhnlich inklusiv waren. Diese Communities waren dadurch nicht weniger nerdig, aber viel, viel diverser, und haben Hack-Potenzial in Bereichen gefunden, die mir vorher nie eingefallen wären. Ich frag mich also, warum ich das ausgrenzende Verhalten der hiesigen Nerd-Community widerspruchslos akzeptieren soll, wo doch so viel mehr gehen würde?

          • nerdynerd sagt:

            Das sehe ich genauso. Wenn auf freundlich vorgetragene Kritik zickig reagiert wird ist das doof genug, wenn man dann noch davon überzeugt ist so tolerant zu seien ist es besonders schlimm. Allerdings ist dies nicht ein nur-nerd-Problem sondern gibt es auch in anderen Arten von Gruppen.

      • MD1032 sagt:

        Leider kam der Text bei mir und so gut wie jedem, dem ich das weitergeschickt habe, genau so an. Nicht unbedingt „Schuld“, aber „Seiten“. Hier (männlich geprägte) Nerds, da Frauen, alles kaputt und jetzt schauen wir mal. Ich finde mich darin (als Nerd) nicht wieder, obwohl ich das Problem dass du am Ende ansprechen willst, durchaus sehr stark sehe.

        Ich bin mir sicher, dass das nicht so gemeint ist, aber alles in allem fühle ich mich davon nicht gerade auf dieses Blog gezogen.

    • Ethan sagt:

      „Abschließend sei noch erwähnt, dass ich es extrem naiv finde davon auszugehen, dass hier nur eine Seite Schuld trägt und Feministen und Feministinnen immer alles richtig machen.“

      Darauf wollte ich auch hinweisen, wurde aber dann weggeblonkt….

  14. distelfliege sagt:

    Mit dem Podcast sagst du was.. ich bin auch Podcasterin, und da ich über Handarbeiten podcaste (und andere auch) sind wir eine Gruppe die eigentlich nur aus Frauen* besteht. Eines Tages kam in die Podcasting-Gruppe, bzw. ihr kleines Forum ein Kerl, der den Account seiner Freundin dazu benutzte, uns zu herrklären, wie Podcasting eigentlich geht. Natürlich vorraussetzend, (und zuerst sehr hilfsbereit) dass wir selbstverständlich dafür zu blöd sind. Diese Haltung ist schon schwer genug zu ertragen, wenn sie in einem sehr von Frauen dominierten Raum stattfindet. Wenn man sich dann auch noch in einem Raum befindet, wo Frauen in der großen Minderheit sind und viele Frauen* auch für hilfsbedürftig und inkompetent halten, gute Nacht. Das wäre nicht meins. Deswegen bin ich bei gewissen Themen, und da gehört Technik dazu, für FLT* Gruppen, wo ich das ohne Herrklärer lernen und mit Gleichgesinnten diskutieren kann – also, ich will auch ein Baumhaus.

  15. […] lernte ich dann einen neuen Begriff dafür kennen: “Baumhaus”. Da hat mir map doch einiges zu denken gegeben. Aus dem Text lese ich heraus, dass ein weiterer […]

  16. Björn sagt:

    Leider setzt der Artikel zu viel Hintergrundwissen voraus. Wenn es darum geht was die Nerds falsch machen, heisst es „Männliche Kommunikationsstrategien dominieren den sozialen Raum“ – was soll das heissen? Für gestandene Feministen ist das vielleicht klar, aber ich habe keine Ahnung was „männliche Kommunikationsstrategien“ sein sollen. Der Verweis auf IRC hilft da auch nicht weiter (soll ich jetzt tagelang Chatskripte analysieren?). Bleibt die Beschreibung einiger typischer Nerds in Nerdräumen – „Security-Hacker mit seinem Dominanz-Machismo ist, oder der Pony-Fan der seine soziale Stellung über möglichst umfangreiches Faktenwissen definiert“. Seltsam nur, daß es die anderen (männlichen?) Nerds schaffen, mit diesen Dominanztypen zu koexistieren. Es können ja nicht alle gleichzeitig in allen Bereichen dominant sein. Könnte dies also ein Hinweis darauf sein daß Männer deutlich toleranter sind als Frauen? In dem Sinne wäre der Aufruf, die Nerdräume frauenfreundlicher zu machen, also ein Aufruf zu weniger Toleranz. Und genau das macht mich ehrlich gesagt auch wütend. Die Nerds hatten also keine Chance an der High School, und nun will man ihnen auch die letzten Rückzugsräume wegnehmen? Mag ja sein daß der Security-Fakten-Dominanz-Typ etwas Sozial-Coaching vertragen könnte. Es ist aber nunmal niemand perfekt und sowas lässt sich vermutlich auch nicht an einem Wochenendkurs geradebiegen. Bis die frauengerechte Sozialisierung erfolgt ist, möge man den Menschen doch wenigstens ein Umfeld lassen indem sie trotz ihrer Eigenheiten akzeptiert werden.

    • map sagt:

      Ich würde daraus, dass Männer sich in männlich dominierten Räumen angeblich wohler fühlen als Frauen, nicht ableiten dass sie toleranter sind. Ansonsten forderst du genau was ich kritisiere. Einen hermetischen kritikfreien Rückzugsraum. Agree to disagree.

      • Björn sagt:

        Auch Männer können sich gegenseitig kritisieren, und in den Nerdräumen geht es im Allgemeinen nicht um Frauen. Wenn die sich treffen würden um gemeinsam Pornos zu schauen könnte ich vielleicht eher zustimmen (solche Clubs gibt es auch, zumindest in anderen Kulturkreisen). Aber wenn die sich Treffen um an einem Telefon rumzulöten verstehe ich nicht, warum man daran herumkritteln muss. Aber OK – agree to disagree, ist eh nicht meine Welt diese Blog hier. Ich lasse auch also einen hermetischen kritikfreien Rückzugsraum :-)

        • map sagt:

          Dass es in Nerdräumen „nicht um Frauen geht“, und Mann sein der Default ist, ist genau Teil meiner Kritik.

          • Björn sagt:

            Muss ich wieder sagen ich spreche nicht wirklich euere Sprache. Was meinst Du mit „um Frauen gehen“? Ich dachte daß die Männer nicht hauptsächlich darüber diskutieren, wie sie mit Frauen umgehen. Warum sollte es in einem Nerdraum darum gehen (ich denke jetzt mal konkret an Hackerspaces, wo sich die Leute treffen um irgendwelche elektronischen Schaltungen zusammenzulöten)? Das kann doch auch anderswo diskutiert werden. (Bin nochmal zum kommentar zurückgekehrt da es gemein ist sich einfach wegzuklinken… Aber letzlich ist es wirklich so, ich verstehe schon euere Verallgemeinerungen/Sprache nicht, daher ist der Blog nix für mich).

          • Anne Wizorek sagt:

            Verallgemeinerungen zur Sprache des Blogs nach einem einzigen Artikel verstehe ich wiederum nicht.

  17. nicolai sagt:

    danke fuer den hinweis auf die pony-besserwisserei. auch sonst kein schlechter text.

  18. Sui sagt:

    Meine Güte, lass doch die Leute in Ruhe. „Nerds vs. Feminismus“, gehts noch pauschaler??? Der Text ist geradezu übergriffig.

    • Antoine sagt:

      Ist halt seine fixe Idee, da sieht er das Problem. Und alles nur weil auf dem 29C3 die Flauschi-Gang mit den tollen bunten Kärtchen eine Abfuhr bekommen hat.

  19. die_krabbe sagt:

    Hmm. Ich verstehe nicht wirklich, warum sich beide Seiten so im Wege stehen.

    Ich muss zugeben, dass ich mich nicht aktiv mit Feminismus beschäftige, aber das Meiste, was mir dazu über den Weg läuft, aufnehme. Nun habe ich das Glück in meinem persönlichen Umfeld keine Ausgrenzung in die eine oder andere Richtung zu erleben, erkenne aber, dass es dieses Problem natürlich (z.T. erschreckend stark) gibt.

    Jedes Mal (so scheint mir) muss eine solche Grundsatzdiskussion, wie sie hier aufgemacht wurde, auf Eierschalen stattfinden, weil bei der kleinsten Verallgemeinerung oder Plakativität viele der Nicht-Gemeinten auf die Barrikaden gehen und zurück brüllen.
    Diskurs wird nur durch breite Striche angestoßen und in genau diesem Stadium befinden wir uns leider noch, wie man an einigen Kommentaren sieht. Detailfrickelei kann mann dann betreiben, wenn 90% der Menschen aufgeklärt sind, sonst verliert man sich in Spezialdiskussionen, die dann wiederum 90% der Menschen ausgrenzen, weil sie diese nicht verstehen können.

    Selbstverständlich entsteht Reibung, wenn einer Personengruppe falsches Verhalten vorgeworfen wird, aber jeder wird wohl einsehen, dass diese Probleme existieren und ein solcher Text die Wahrnehmung solcher Probleme schärfen kann und mit diesem neu erlangten Wissen in Problemsituationen eingeschritten werden kann.

    Ich verstehe nur nicht, warum bei diesem Thema in den Kommentaren jedes verdammte Mal ein Schreiwettbewerb stattfindet. Wir sollten doch alle am gleichen Strang ziehen und die grundsätzliche Richtung, die mit so einem Artikel angestoßen wird begrüßen, oder fühlen sich hier einige Männer tatsächlich bedroht, wenn Frauen einen größeren Stellenwert bekommen? Trotzdem fühlen sich etliche peinlich berührt und trampeln auf unglücklichen Formulierungen herum, anstatt sich über den Diskurs zu freuen und ggf. im eigenen Blog (genauer oder an die eigenen Befindlichkeiten angepasst) weiter zu führen.
    Nein. Da wird gemotzt, unterstellt, dass etwas schlimmes unterstellt wurde und beleidigt. Erkennt einfach an, dass so feingranulierte Texte in diesem Stadium des Diskurses niemandem helfen. Die würde nämlich niemand lesen.

    Abgesehen davon nervt mich diese ständige Fokussierung auf die „Gruppe der Nerds“. Was bitte haben Nerds mit diesem Thema zu tun? Man kann all das Angesprochene auch auf „Mensch mit Hobby“ verallgemeinern und hat die gleichen Probleme. Fußballprolls würde ich auch Leidenschaft und Toleranz zusprechen, immerhin wird nirgends mehr Toleranz und (Rassen-)Gleichheit geschult, als in Sportvereinen.
    Triffst du die Unterscheidung nur weil „Nerds“ angeblich mehr in der Birne haben und aufgrund des biografischen Hintergrunds ähnliche Ausgrenzung schon einmal erlebt haben und es also besser wissen sollten?
    Das empfinde ich als Quatsch. Die meisten Grüppchen (egal ob männlich oder weiblich) haben ihr lautes Alphatier in der Mitte und oft sind diese in verschiedenen Ausprägungen fies zu Außenstehenden (und manchmal auch Mitgliedern der Gruppe, um ihren Status zu halten). Ich verstehe nicht wirklich, was das mit Nerds zu tun hat. Die meisten Organisationen haben Machthierarchien und Wettbewerb ist meiner Meinung nach einer der gerechteren (auch wenn ich weiß, dass Frauen weniger Wert auf Wettbewerb legen). Das ist doch per se kein Problem, wenn doch, hätte ich das gern erklärt bekommen.

    tl;dr:
    Ich mag den Artikel und dessen Plakativität, verstehe aber nicht den Fokus auf „Nerds“, wenn doch alle anderen genau so wenig zu einem Diskurs bereit sind (auch wenn diese ihn dann nicht so intellektuell führen, wie „Nerds“). Hier wird ein allgemeines Problem künstlich auf eine kleine Gruppe spezialisiert, was dazu führt, dass sich auch hier viele nicht mit den Problemfällen Identifizieren können.
    Abgesehen davon sollte diese Diskussion noch eine ganze Weile lang möglichst allgemein geführt werden, damit nicht am Ende nur 5 Personen diskutieren, die eh schon Bescheid wissen.

    Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

  20. Benno Klotz sagt:

    Wer sich heutzutage noch „Nerd“ nennt, ist garantiert keiner im Sinne der ursprünglichen Bedeutung. Was mittlerweile unter diesem Begriff firmiert, ist eine Schande und ein Schlag ins Gesicht aller echten Nerds, die diesen Titel zuerst als Stigma und dann mit Stolz getragen haben. Jeder, der sich ein Tumblr-Blog zusammenklickt, ist nun ein „Nerd“ und Teil der L33t-H4xxor-Geek-Community.

    Diese Verwässerung des Begriffs und damit auch der Trennschärfe der Zugehörigkeit zu gewissen Subkulturen scheint mir eines der Hauptprobleme zu sein.
    Die Küchenpsychologie des Artikels außen vor gelassen, komme ich daher zu genau entgegengesetzten Forderungen und meine damit konkret zum Thema „Nerds und Feminismus“:

    Wenn ich mich als „Durchschnitts-Nerd“ mit nerdtypischen Themen befasse, habe ich keine Lust, mich „in den Feminismus einzuarbeiten“, weil er dort noch nie etwas zu suchen hatte. Dazu gehören auch Vorschriften und Umerziehungsversuche, wie der moderne Nerd denn nun zu sein hätte und sich organisieren soll, damit er seinen fellow Mitnerds und -nerdInnen wohlgefällig sey.

    Ich möchte keine pathetischen Blogposts lesen, in welchen ihr die xyz-Community zur Rede stellt, weil ihr euch schlecht behandelt fühlt — und das, wo ihr es doch im Leben so schwer hattet und als Frau/Mutter/Schwuler/Transgender etc. der Nabel der Welt seid!

    Ich möchte auf keine Konferenz gehen, die der idiotischen Maxime folgt, dass ein bestimmter Prozentsatz der Vortragenden aus Frauen bestehen muss.

    Stattdessen:
    Ich möchte höhere Einstiegshürden in Nerd-Subkulturen. Wie damals, als man noch kryptische Zeichenfolgen ins Terminal tippen musste, damit das Modem überhaupt anfängt zu wählen.

    Ich möchte innerhalb dieser Subkulturen eine echte Meritokratie, die sich nicht an Geschlecht, Facebook-Likes, Retweets und zusammengeschusterten Proseminarsarbeiten in $SOCIAL_SCIENCE, sondern and der Qualität von Projekten bemisst.

    Ich möchte mehr rage-quits, der Szene-den-Rücken-Kehrer und Enttäuschte, die sich daraufhin ihre eigene Nische suchen oder aufbauen und die böse Community dafür in Ruhe lassen.

    Kurzum: Ich möchte mehr Exklusivität und Elitismus, nicht unbedingt ein Gegeneinander, aber Abgrenzung und Abschottung.

    Das Creeper-Card-Flauscheria-Drama im Nachgang des 29C3 hat mich diesbezüglich eigentlich ganz positiv gestimmt, da sich gezeigt hat, dass die Baumhausbauerei auch innerhalb der feministischen Zirkel ganz gut funktioniert und man(n) als Durchschnitts-Nerd mittlerweile immer besser weiß, welche Orte und Seiten man besser meidet.

    In diesem Sinne: Weiter so!

  21. Kapitaen_Nemo sagt:

    Interessanter Artikel. Danke.
    Ich habe mir in der Vergangenheit selber oft Gedanken zu dem Thema gemacht.
    Ich bin selber Softwareentwicklerin und hab oft das Gefuehl, dass der maennliche Nerd (den es als solchen natuerlich nicht gibt) so seine Probleme mit Frauen hat.
    Das trifft natuerlich nicht auf alle zu und ich habe und hatte viele wunderbare und aufgeschlossene Kollegen.
    Aber leider bin ich auch immer wieder auf sehr antifeministische Meinungen gestossen.
    Und zwar wesentlich oefter als mir das in anderen Lebensbereichen passiert waere.
    Ich war mir aber nie so ganz sicher, ob das vielleicht nur mir so vorkommt (soviele Kolleginnen mit denen ich diskutieren koennte gibts da leider nicht) und wo das her kommt.
    Deshalb freue ich mich sehr ueber diesen Artikel

  22. Am Beginn der prototypischen Nerd-Biographie steht Verletzung und
    Ausgrenzung. Oft wurden sie in der Schule gemobbt oder verprügelt.
    Rückzugsräume fanden sich nur abseits des Mainstreams – im Schachclub
    oder in der Informatik AG. Bis in die Mittelstufe hinein Außenseiter mit
    kleinem Freundeskreis, dem es oft ähnlich erging. Mehr
    Solidargemeinschaft als Freunde. Irgendwann lässt es dann nach. Die
    Anderen haben genug mit sich selbst und ersten Beziehungen zu tun. Der
    Nerd könnte jetzt seine Verletzungen aufarbeiten und
    Entwicklungsdefizite auf sozialer Ebene aufholen. Könnte. Passiert aber
    meistens nicht.

    Schon ganz schön „zugespitzt“.

  23. Ach, Ausgrenzung ist ein ziemlich starkes Thema in der Subkultur. Man muss nur mal sagen, man ginge gerne oder regelmäßig in eine Kirche …

  24. Krisse sagt:

    Sehr schöner Artikel, dem ich in vielen Punkten zustimmen kann und der sich mit meiner Alltagserfahrung deckt.

    Ciao Krisse – auch ein Nerd

  25. Robert SL sagt:

    Psychologisch interessante Darstellung. Und das von einem Nerd :-)