Von Löffeln und #chroniclife – Leben mit chronischen Schmerzen

silver spoons
Foto , CC BY-NC 2.0 , by Marcus Metropolis

Dies ist ein Beitrag aus unserer Rubrik kleinergast, in der wir alle Gastartikel veröffentlichen. Dieses Mal kommt er von Alina.

Wenn Alina nicht gerade dabei ist, Uni und ihre chronischen Erkrankungen zu managen, geht sie gerne mit ihrem Hund spazieren, kümmert sich um den Garten oder verbringt ihre Zeit damit, in Videospielen post-apokalyptische Welten zu erkunden.

@AlinaManns Instagram: @alina_manns

[Content Note: Beschreibung von Krankheits- und Diagnoseverlauf einer chronischen Erkrankung]

Der Monat Mai ist im englischen Sprachraum auch bekannt als „awareness month“ für chronische Krankheiten, da sich hier Kampagnen zu diesem Thema häufen. Einen Monat lang wird auf viele verschiedene, meistens chronische Krankheiten wie Lupus, Fibromyalgie, Ehlers-Danlos-Syndrom, Endometriose, Spondylitis ankylosans oder psychische Erkrankungen aufmerksam gemacht. In sozialen Netzwerken teilen Menschen, die mit einer (oder mehreren) dieser Erkrankungen leben oder jemanden kennen, der_die damit lebt, Informationen dazu. Diese Krankheiten sind leider oft nicht (sofort) sichtbar und bekommen von Mediziner_innen wie auch in der allgemeinen Bevölkerung kaum bis gar keine Aufmerksamkeit. Dabei sind allein in Deutschland z.B. 40.000 Menschen von Lupus betroffen, in den USA sogar 1,5 Millionen. Für Lupus und viele andere dieser Erkrankungen gibt es keine Heilung und auch die Auslöser bleiben ein Rätsel. Nicht nur im Mai, auch das ganze Jahr über wird daher von Menschen unter dem Hashtag #awarenessmonth auch auf das Problem hingewiesen, dass es kaum Forschung zu diesen Krankheiten gibt – und vor allem noch keine Heilung.

Und was hat das mit Löffeln zu tun?

Dabei geht es auch darum, Stigmata, die mit diesen Erkrankungen verbunden sind, aufzuheben und über das Leben mit chronischen Schmerzen aufzuklären – wie zum Beispiel über den selten leichten Weg zu einer Diagnose. Oft fällt in solchen Beiträgen der Begriff „Spoonie“, der von Christine Miserandinos „Spoon Theory“ abgeleitet ist (im Deutschen: Löffeltheorie). In ihrem Text beschreibt sie die Einschränkungen und Erschöpfungszustände, die mit ihrer Lupus Erkrankung einhergehen. Sie drückt dies mit Löffeln als “Masseinheit” aus: Jeder Löffel steht für eine einfache Aktivität, wie z.B. duschen oder Frühstück zubereiten. Im Gegensatz zu gesunden Menschen haben Menschen mit einer chronischen Erkrankung nur eine begrenzte Anzahl Löffel zur Verfügung. Wenn mehr Löffel verbraucht werden als da sind, hat dies zum Teil schwerwiegende Folgen. Deswegen muss sich ein Spoonie genau überlegen, welche Aktivität sie_er sich leisten kann.

Auch ich bin ein Spoonie und verbringe jeden Tag damit, meine Löffel zu jonglieren, was mir mal mehr und mal weniger gut gelingt. Da es nur wenig Bewusstsein für diese Erkrankungen gibt und damit auch der Diagnoseprozess oft zu einer Art Odyssey für viele Betroffene wird, haben sich einige Spoonies dazu entschlossen, über diese Odyssey zu sprechen, in dem sie ihre Geschichte und Details aus ihrem Leben dazu veröffentlichen. Im deutschen Twitter wird z.B. unter dem Hashtag #behindernisse darauf aufmerksam gemacht, welche „(strukturelle) Diskriminierung und Einschränkung im Leben von BeHinderten“ stattfinden; darunter auch einige Beiträge von Menschen mit chronischen Schmerzen. Auch mir halfen solche Geschichten und Beiträge der sogenannten „Spooniecommunity“ auf Instagram und Twitter, die dort unter Hashtags wie #spoonieproblems (Probleme eines Spoonies) oder #chroniclife (Leben mit einer chronischen Erkrankung) gepostet werden. Zum einen halfen sie mir, mich mit meiner Diagnose auseinander zu setzen, und zum anderen, mich nicht so alleine zu fühlen. Aus diesem Grund möchte ich hier gerne meine Geschichte erzählen, um eventuell dem einen oder der anderen dieses Gefühl zurückzugeben.

Vor der Diagnose

Es war vor sechs Jahren, dass ich das erste Mal das Gefühl hatte, dass etwas nicht stimmt. Schon bevor sich Schmerzen in meinen Gelenken bemerkbar machten, war ich ständig müde und erschöpft, nahm an Gewicht zu und fühlte mich nach dem Aufstehen wie vom LKW überfahren. Ein Zustand, den ich bereits während meiner Ausbildung in einer Bäckerei erlebte, aber damals der nächtlichen Arbeit zuschrieb. In dieser Zeit wurde festgestellt (nach vielen Besuchen bei verschiedenen Ärzten), dass meine Schilddrüse viel kleiner ist, als sie sein sollte und zudem chronisch entzündet – Hashimoto Thyreoiditis lautete diese Diagnose. Der Schilddrüse verdankte ich also die Müdigkeit und stetige Gewichtszunahme.

Als ich einige Zeit später das erste Mal Gelenkschmerzen wahrnahm, dachte ich, meine zwei Jobs in der Gastronomie seien bestimmt verantwortlich dafür. Nach der Ausbildung zog ich zu meinem Partner, begann als Servicekraft in einer Kneipe zu arbeiten und kurz darauf auch noch als Konditorin in einer Hotelküche. Beide Jobs waren körperlich sehr anstrengend und stressig, hauptsächlich weil alles immer sehr schnell gehen musste und kaum Zeit für Pausen da war. Die Arbeitszeiten schwankten zwischen 10 und 16 Stunden am Tag. Daher fand ich es nicht abwegig, dass meine Schmerzen wahrscheinlich von zu wenig Schlaf und zu viel körperlicher Anstrengung stammten. Urlaub war also mein erster Gedanke – wieder mal entspannen und runterkommen. Doch selbst nach einer zweiwöchigen Pause wurden die Schmerzen nicht besser. Auch nicht, nachdem ich den Job als Servicekraft aufgab. Daraufhin entschloss ich mich, wieder mal meine Ernährung umzustellen und mit Sport anzufangen. Schließlich ist es doch allgemein bekannt, dass genug Sport, eine gesunde Ernährung, aber auch genug Entspannung dazu führen, dass es dir besser geht, nicht wahr?

Aber die Schmerzen wurden trotz meiner Bemühungen nicht besser und sogar von Tag zu Tag schlimmer. Zunehmend schlauchte mich schon jede kleine Tätigkeit sehr. Mein Alltag bestand hauptsächlich aus schlafen, essen und arbeiten. An Sport war nicht zu denken. Ich versuchte mir einzureden, die Müdigkeit stamme nur von meiner Schilddrüsenunterfunktion, auch wenn ich mit Medikamenten eigentlich richtig darauf eingestellt war. Immer öfter hatte ich das Gefühl und die Angst, dass wahrscheinlich wirklich irgendwas mit mir und meinem Körper nicht stimmte. Dennoch versuchte ich arbeiten zu gehen und nahm täglich Schmerzmittel. Irgendwann war es so schlimm, dass ich kaum noch genug Energie hatte, aufzustehen, und jedes Mal auf dem Weg zur Arbeit in Tränen ausbrach. Die Schmerzen waren unerträglich und nahmen so viel Raum ein, dass ich mich weder auf meine Arbeit konzentrieren konnte noch darauf, Lösungswege zu finden. Ich konnte kaum noch Dinge halten, regelmäßig fielen mir Teller, Behälter und andere Dinge aus den Händen, was mir natürlich Ärger mit meinen Vorgesetzten einbrachte. Auch Temperaturen konnte ich kaum noch aushalten; bei jeder Aufräumaktion im Kühlhaus wurden meine Finger steif, taub und liefen blau an. Ebensowenig konnte ich warme Teller oder Töpfe anfassen. Von der teilweise sehr heißen, feuchten Küchenluft wurde mir schwindelig.

Der Diagnoseprozess

Meinem Partner blieb das natürlich alles nicht verborgen und er bat mich, zum Arzt zu gehen. Aber vergangene (negative) Erfahrungen mit Ärzte_innen hatten mich sehr skeptisch gemacht. Ich erwartete, dass ein Arzt_Ärztin mir nur sagen würde, was ich mir selbst schon versuchte einzureden: Mehr Schlaf, mehr Sport, gesündere Ernährung. Es waren meine weißen, sich blau verfärbenden Hände, die dazu führten, dass ich schliesslich im Netz nach möglichen Ursachen dafür suchte. Sie waren das einzige sichtbare Anzeichen. Symptome im Netz nachzuschlagen ist zugegebenermaßen in vielen Fällen problematisch, besonders wenn Menschen sich daraufhin selbst medizinisch behandeln, mir hingegen half es. Auch wenn meine Schmerzen für mich deutlich spürbar waren (und sind), die Umwelt bekommt davon eher wenig bis gar nichts mit. Darunter eben auch Ärzte_innen. Nachdem mir die Informationen im Netz nicht sofort Krebs als Ursache nannten, sondern auf “Lupus Erythematodes” hindeuteten, vertraute ich mich doch meinem Hausarzt an. Zu meinem Glück glaubte mir dieser sofort und veranlasste mehrere Blutuntersuchungen mit dem Verdacht auf eine rheumatische Erkrankung. Rheuma wird oft als eine Krankheit bezeichnet, ist allerdings nur ein Überbegriff. Es gibt viele verschiedene Arten, die nicht nur Senior_innen sondern auch Kinder und junge Menschen betreffen können.

Die Blutuntersuchung ergab schliesslich, dass ich höchstwahrscheinlich an Lupus erkrankt war. Da mein Arzt sich aber auch nicht zu 100% sicher war, liess er mich für eine Woche in ein Krankenhaus einweisen. Dort wurden mir weitere Unmengen Blut entnommen, um ein genaueres Ergebnis zu bekommen. Meine Gelenke wurden per Ultraschall untersucht, woraufhin der Rheumatologe den Verdacht auf Rheumatoide Arthritis lenkte. Aber sicher war die Diagnose immer noch nicht: Es folgten mehr Tests, nochmals wurde mir Blut entnommen, Ultraschall und Röntgenaufnahmen gemacht, ich wurde buchstäblich auf Herz und Nieren geprüft. Heute weiss ich, wofür all diese Tests gemacht werden, doch in dieser Woche im Krankenhaus wurde mir nicht ein einziges Mal erklärt, wofür die ganzen Untersuchungen waren oder was eine rheumatische Erkrankung nun für mich bedeutete. Sehr verunsichert und immer noch ängstlich, aber auch ein bisschen zuversichtlich liess ich alles über mich ergehen. Wie bei der Hashimoto Erkrankung würde ich sicherlich nur irgendwelche Tabletten nehmen müssen.

Im Abschlussgespräch eine halbe Stunde vor der Entlassung wurde mir dann endlich gesagt, dass meine Symptomatik einer sogenannte Mischkollagenose (auch Sharp-Syndrom) entsprach, da die Blutwerte weder eine Rheumatoide Arthritis noch ein Lupus Erythematodes bestätigt hatten, es aber Anzeichen dafür gab (wie ich später herausfand, sind dies gewisse Antigene im Blut, die auf autoimmune Aktivitäten im Körper hinweisen). Die Ärztin erklärte mir kurz, dass ich gut damit leben können würde und gab mir noch den Tipp, die Gelenkschmerzen würden nachlassen, wenn ich ein paar Kilo abnehme (wie das mit einer nicht funktionierenden Schilddrüse allerdings gehen sollte, sagte sie nicht). Neben dem Bericht für meinen Hausarzt bekam ich einen Flyer zu Medikamenten bei rheumatischen Erkrankungen und das war es. Ich verliess das Krankenhaus völlig durcheinander und ratlos mit einer Diagnose, die mir absolut nichts sagte.

Nach der Diagnose

Das Ganze, vom erstmaligen Auftreten der Schmerzen bis hin zu der Woche im Krankenhaus hat ungefähr zwei Jahre gedauert, was ein wirklich kurzer Diagnoseprozess ist, verglichen mit Anderen, die andauernden Schmerz ertragen müssen. Oft warten Betroffene jahrzehntelang auf eine Diagnose und damit auf Hilfe – und Erfahrungen zeigen, dass es noch viel schwieriger sein kann, wenn sie nicht männlich, weiß oder cis sind. Was das Leben mit chronischen Schmerzen eigentlich bedeutet, wurde mir erst in den darauffolgenden Jahren wirklich bewusst. Ähnlich wie Trauernde in verschiedenen Wellen mit dem Verlust eines geliebten Menschen umgehen, durchlebte ich Zeiten des Nicht-wahr-haben-wollens und Leugnens, aber auch von Wut und Hoffnungslosigkeit.

Die erste Zeit nach der Diagnose arbeitete ich zunächst weiter, unter der Annahme, die medikamentöse Therapie würde nun alles besser machen. Kein_e Mediziner_in hatte mich darauf vorbereitet, dass die Medikamente nicht unbedingt die Schmerzen verbesserten, sondern lediglich das Fortschreiten der Erkrankung und die Krankheitsaktivität verringerten. Ein halbes Jahr später waren die Schmerzen etwas besser, aber nicht weg. Auch die Erschöpfungszustände wurde nicht weniger und langsam wurde mir klar: „Diese Schmerzen werden bleiben. Für immer.“ Ich gab diesen Job und letzten Endes meinen Beruf auf und orientierte mich neu. Alles auf Anfang sozusagen.

Hast du schonmal Yoga probiert?

In der Zeit, in der ich mit dieser Erkrankung nun lebe, habe ich einiges darüber gelernt, wie mein Umfeld darauf reagiert – wenn ich z.B. für nur eine Etage den Aufzug nehmen muss, weil meine Hüft-, Knie- und Fußgelenke so sehr schmerzen, dass ich keine Treppe hochlaufen kann. Dick sein hilft da übrigens auch nicht besonders. Oft werde ich mit vielsagenden, abwertenden Blicken von oben bis unten gemustert oder auch darauf angesprochen. Von außen kann natürlich niemand sehen, dass ich Schmerzen habe, also wird angenommen, ich nehme den Aufzug weil ich faul bin (im Grunde genommen kann ein „trainiertes“ Auge schon erkennen, wer Schmerzen hat und wer nicht, aber die meisten Menschen sind eben ungeübt darin). Sehr beliebt ist auch, mir auf die Aussage “ich habe chronische Schmerzen”, Yoga und den Verzehr von Grünkohl zu empfehlen. Vielen Dank, aber nein danke… ;) Sehr zutreffend hat dies neulich Sarah Andersen in diesem Comic dargestellt:

sarahandersen

Ebenfalls unangenehm sind Menschen, die mir Heilung versprechen z.B. durch Homöopathie, Steine auflegen oder Grasssaft-trinken oder solche, die nicht verstehen, was das Wort „chronisch“ bedeutet. Immer wieder erklären zu müssen, welche Erkrankung ich habe etc. empfinde ich als zusätzlich ermüdend, wenn auch teilweise notwendig. Die meist gut gemeinten, aber trotzdem verletzenden Reaktionen gehören leider dazu. Übrigens sind Ärzte_innen nicht davon ausgenommen. Ich kann gar nicht mehr zählen, wie oft ich auch mit einer Diagnose erzählt bekomme, ich müsse Sport machen und mich gesünder ernähren. Es wird sofort angenommen ich tue dies nicht. Verbunden mit teilweiser Unkenntnis über meine Krankheiten ergeben sich daraus vermehrt schlechte Erfahrungen mit Ärzten_innen und meinen Mitmenschen.

Wie kann ich helfen?

Hier einige meiner Meinung nach hilfreiche Tipps, an denen sich „Nicht-Spoonies“ orientieren können, um oben genannte, oft als negativ empfundene Reaktionen zu vermeiden:

  1. Zuhören: die positivste und eigentlich allgemeingültigste Empfehlung für den Umgang mit Menschen/Spoonies. Manchmal möchte ein Spoonie einfach nur den ganzen Frust loswerden und nicht unbedingt einen Ratschlag oder ähnliches haben.
  2. Keinen ungebetenen Ratschlag geben: wenn nicht explizit danach gefragt wird, möchte ein Spoonie in der Regel nicht, dass du ihm_ihr Empfehlungen jeglicher Art gibst. Spoonies sind die Experten in ihrer eigenen Erkrankung und wenn es eine Behandlung gäbe, die sie heilen könnte, wären sie als erste dabei, glaub mir.
  3. Bestätigung: Ein kurzes „Ich glaube dir.“ kann Wunder bewirken, da Spoonies in der Regel auf sehr viel Zweifel stoßen.
  4. Fragen: Für einige Spoonies kann es schwierig sein, nach Hilfe im Alltag zu fragen: diese Hürde wird erleichtert, indem du ihm_ihr deine Hilfe anbietest.

Ebenfalls wichtig ist, dass nicht alle mit derselben Erkrankung gleich sind. Es ist gut möglich, dass du jemanden kennst der auch z.B. Lupus oder Arthritis hat und bei ihm_ihr hat Mittel xy super gut geholfen. Das mag für diese Person gelten, für mich aber nicht. Genauso kann dem einen vielleicht eine bestimmte Behandlung nützen, der anderen dafür nicht. Spoonies und deren Verläufe und „Zusammensetzung“ der Krankheiten sind viel zu verschieden. Oft ist es sogar so, dass Spoonies einen ganzen Cocktail an verschiedenen Krankheiten haben, dessen Behandlung sogar Mediziner_innen überfordert (besonders „schön“, wenn dein Arzt schulterzuckend vor dir sitzt und auch nicht weiter weiß).

Solch einen Cocktail scheint sich bei mir mittlerweile auch zusammengemischt zu haben, denn aktuell erwartet mich ein weiterer Diagnoseprozess. Dieses Mal gehe ich aber informierter heran. Ich weiß, wie Autoimmunkrankheiten funktionieren, ich kenne Laborwerte und Medikamente, weiß, welche Untersuchungen welchen Zweck haben. Das bedeutet zwar auch, dass ich zuerst Anwätlin für mich selbst sein muss und erst an zweiter Stelle Patientin, aber nur so ist es zur Zeit Möglich, an Hilfe zu gelangen. Nun wird sich herausstellen, ob die anfängliche, sehr schnell gefasste Diagnose richtig war oder ob ich vielleicht noch eine zusätzliche Krankheit habe, die (andere) chronische Schmerzen verursacht, oder vielleicht gar nichts von beidem. Meine Krankheitsgeschichte ist also noch lange nicht zu Ende.

2 Antworten zu “Von Löffeln und #chroniclife – Leben mit chronischen Schmerzen”

  1. ina sagt:

    Ja, ein Text dem ich nur zustimmen kann. Er deckt sich mit meinen Erfahrungen.
    Mir fehlt nur der Teil dass es mir Spoony immer und immer noch schwerfällt, mir einzugestehen, dass ich eben nicht bloß „faul“ bin und es ok ist, nicht mithalten zu müssen.
    Nächste Woche gehe ich zu einem neuen Orthopäden. Ich drücke mir die Daumen, dass er nicht doof ist und mich auch in dick wertschätzt, von Fatshaming und „health at every size“ etwas gehört hat.
    Ina

  2. Andrea sagt:

    Danke, dass du deine Geschichte hier erzählt hast – es tut gut, mal wieder dran erinnert zu werden, dass man nicht allein ist.

    Ich bin auch ein Spoonie, seit inzwischen 7 Jahren, und leider immer noch ohne Diagnose. Mein Hauptproblem ist chronische Erschöpfung, ich habe vielleicht 40 Prozent der Leistungsfähigkeit, die ein gesunder Mensch hat. Dazu kamen und gingen im Lauf der Zeit verschiedenste andere Symptome, ich bin quasi die fleischgewordene Forrest-Gump-Pralinenschachtel – man weiß nie, was man kriegt. ;-)
    Durch die Erkrankung hat sich mein Leben radikal verändert, ich kann viele Dinge nicht mehr tun, meine Zukunftsplanung wurde komplett auf den Kopf gestellt. Ich weiß nicht, ob ich je in der Lage sein werde, eine Beziehung zu führen, den Gedanken an Kinder habe ich eigentlich schon aufgegeben (obwohl ich mir das selbst noch nicht so ganz eingestehen will).
    Ich habe immer noch große Schwierigkeiten, meine Erkrankung nach außen zu kommunizieren; ich verfalle leider oft genug in den Tarnen-und-Täuschen-Modus, sage nicht offen, wie es mir geht, weil es mir unangenehm ist, ich mich schäme und Angst habe, dass die anderen es nicht verstehen. Teilweise liegt es auch daran, dass ich keine Diagnose habe und daher sozusagen nicht „offiziell und ärztlich legitimiert“ krank bin, sondern nur einen schwammigen Strauß Symptome beschreiben kann, um zu erklären, was mit mir ist. Damit wird man noch viel weniger ernst genommen, als wenn man wenigstens sagen könnte, „ich habe Krankheit XY“.

    Trotzdem hab ich es bislang irgendwie geschafft, nicht zu einem depressiven Häufchen Elend zu werden und mir eine positive Grundeinstellung zu bewahren (meistens zumindest). Dafür bin ich sehr dankbar.