Andreas L., aber Amedy Coulibaly

Foto , CC 2.0 , by Dirk Vorderstraße

Sie heißen „Coulibaly“ und „Brüder Kouachi“. Niemand sagt Chérif K., Saïd K., keiner schreibt Amedy C. Die drei sind Terroristen, haben Menschen erschossen, der größte Anschlag auf die Pressefreiheit in Europa seit Jahrzehnten. Redakteure von Charlie Hebdo sind gestorben, dazu ein Polizist, vier jüdische Menschen in einem Supermarkt.

Wir erkennen die Täter an ihrem Nachnamen. Auf Wikipedia hat der Nachname eine eigene Seite. Wir diskutierten damals nicht, ob wir die Namen nennen sollten. Wir taten es einfach. Die Öffentlichkeit nahm es hin, hinterfragte es nicht, keinen kümmerte es, im Bildblog erschien keine Wutrede, in den Kommentarspalten regte sich niemand darüber auf, mit was für einer Selbstverständlichkeit die Täter bei ihrem Namen genannt wurden.

Hätte es einen Unterschied gemacht, wenn wir die Männer nicht bei ihrem vollen Namen genannt hätten? Sie haben „Allahu-Akbar“ gerufen während ihrer Tat, das ist doch klar genug, um sie als Terroristen zu brandmarken. Das war auch der Grund, warum ich mich dazu entschied, einen Imam auf Verdacht zu interviewen. Alles andere, Bekennerschreiben, würde doch für sich sprechen. Warum brauchen wir den Namen?

Kurzer Einschub: Als Andreas L. das Flugzeug in den Bergen zerschellen ließ und damit, das ist der Stand der Ermittlungen, willentlich über das Leben von 150 Menschen entschied, war meine erste Reaktion: Namen nennen. Zu einer Tat gehört ein Täter, er spielt die entscheidende Rolle, er hat einen Namen. Der Verdachtsgrad ist hoch genug, es ist von immensem öffentlichen Interesse. Er heißt zum Beispiel Andreas, er heißt nicht Hakan.

Ich habe viele Gegenargumente gehört, auf zwei davon will ich kurz eingehen, durch eines davon habe ich meine Meinung geändert.

Das erste Argument besagt, dass es rechtlich gesehen zwar schon okay sei, den Namen zu nennen, aber die Frage, ob das auch moralisch klar gehe, sei nochmal eine ganze andere. Dazu: I don’t buy it. Der Pressekodex, an dem Journalisten ihr Handeln ausrichten (sollten), ist eine Selbstverpflichtung. Sie unterliegt also per Definition moralischen Grundsätzen. Der Pressekodex gilt als zahnloser Tiger, weil die höchste „Strafe“ in Form einer öffentlichen Rüge daherkommt. Die Entscheidung, ob man den Namen nennen darf oder nicht, ist also von Anfang an eine moralische gewesen und nie eine genuin rechtliche (mit Sanktionsmöglichkeit).

Das zweite Argument hingegen lautete: Schutz der Familie. Wie ätzend muss es für die Familie sein, sich all dem ausgesetzt zu sehen? Nun in eine Diskussion mit hineingezogen zu werden, von der sie im Zweifel nichts gewusst hat. Hat diese Familie nicht das Recht, anonymisiert zu werden, eben deswegen? Ich persönlich finde: ja, sie hat es.

Um das festzuhalten: Der Täter sollte beim Namen genannt werden, aber aus Schutz der Familie gegenüber finde ich persönlich es vertretbar, den Namen nicht zu nennen.

Womit wir wieder in Paris sind. Die Frau von Saïd sagte über ihren Anwalt in den Folgetagen, dass sie nichts von den Plänen ihres Mannes wusste. Saïd habe ihr einen Abschiedskuss gegeben und gesagt, dass Chérif krank sei. Sein Handy habe er zu Hause gelassen. Der Anwalt sagte weiterhin: Die Familie sei genauso geschockt wie der Rest des Landes über diese Tat. Es ist ein Muster, das man hier erkennt. Der Fall Elif Ö. ist das aktuellste Beispiel dieser Art. Eltern von sich radikalisierenden Kindern wissen nicht, was sie tun sollen, kriegen meist nichts davon mit und wenn, sind sie machtlos. Wer die Orte besucht, mit Imamen, Eltern und Menschen wie Claudia Dantschke spricht, die sich mit ihrer Organisation Hayat um Prävention kümmert, der kann das herausfinden, problemlos. Die Eltern sind ebenfalls Opfer sich radikalisierender Kinder.

Aber über all das wurde nicht diskutiert. Dafür gibt es vor allem drei Gründe.

Erstens: Bei Charlie Hebdo haben wir ein Narrativ, an das wir anknüpfen können. Islamistischer Terror ist eine Ideologie mit Botschaft, die es sich zum Ziel erklärt hat, den Westen zu bekämpfen. Charlie Hebdo schreibt diese Geschichte fort. Welche Geschichte schreibt Andreas L. fort? Zum Beispiel die des Amoklaufs. Das ist aber viel diffuser – aktuell vor allem auch zu spekulativ.

Grund Zwei: Die Attentäter sind Fremdkörper, der Pilot hingegen kommt aus der „Mitte der Gesellschaft“. In beiden Fällen hätten wir alle Opfer sein können, sei es im Supermarkt oder in der Maschine. Doch nur in einem Fall hätte der Täter, aus Sicht der Mehrheitsgesellschaft, „auch unser Kind“ sein können: der Pilot. Die islamistischen Attentäter werden nicht als Teil der Gesellschaft begriffen, vielmehr als Beweis der Un-Integrierbarkeit.

Grund drei: Das eine ist Deutschland, das andere ist Frankreich. Ähnlich wie sich die New York Times und BBC dazu entschlossen haben, den Täter beim Namen zu nennen, haben das deutsche Medien in diesem Fall auch getan.

Doch diese drei Gründe erklären nicht, wieso diese Diskussion nach Charlie Hebdo ausgeblieben ist. Denn, wir erinnern uns, der Grund, den Namen nicht zu nennen, wird vor allem aus dem Schutz der Familie hergeleitet. Dieser Schutz müsste in gleichem Maße auch für die Familie von Kouachi und Coulibaly gelten.

Dass eine vergleichbare Debatte, wie wir sie jetzt erleben, nach Charlie Hebdo hierzulande nicht geführt wurde, zeugt von einer (implizit) islamfeindlichen Haltung, sowohl in Redaktionen als auch in der Leserschaft. Die Religion des Islam und ihre Anhänger werden nicht als schutzwürdige Mitglieder der hiesigen Gesellschaft angesehen. Obwohl es zum Beispiel Brandanschläge gibt und Deutschland islamfeindlicher wird. Muslime gehören nicht zum Wir-Gefühl, sie stören es nur. Wenn es zu Attentaten kommt, sind sie in der Bringschuld, sie müssen sich kollektiv entschuldigen. Als Mitglieder der Gesellschaft, die geschützt werden müssen, werden sie nicht angesehen. Nicht einmal rein argumentativ.

21 Antworten zu “Andreas L., aber Amedy Coulibaly”

  1. Kinch sagt:

    Den Namen „Anders Breivik“ oder „Tim Kretschmer“ kennt doch auch jeder?

  2. boxi sagt:

    danke für ihren beitrag, mir selber ist das so gar nicht aufgefallen. bzw. ich hatte nicht daran gedacht, dass daraus auch eine islamfeindliche haltung sichtbar werden könnte. danke.

    ihre entscheidung die namen nicht zu nennen war mir aber etwas zu kurz. dementsprechend versteh ich sie nicht. ich halte auch den schutz der familie als valides argument, aber es ist mir nicht stark genug:
    -der name lässt sich bei einem derartigen ereignis nicht geheimhalten. jedes medium berichtet darüber, blogs, twitter, facebook, … den namen nicht zu nennen obwohl er allen bekannt ist (wie auch hier) halte ich eher für befremdlich
    -täter haben namen, haben ein gesicht. gerade als opfer halte ich es für wichtig den namen als auch gesicht der person zu kennen
    -den betroffenen familien etc sollte so oder so unterstützung psychisch als auch physisch zur seite gestellt werden.
    liebe grüße

  3. Lakeshore sagt:

    „Zu einer Tat gehört ein Täter, er spielt die entscheidende Rolle, er hat einen Namen.“

    Zu einer Tat gehören ein Täter, die Herleitung der Tat und der Auslöser der Tat. Für all dies benötigt man keine Kenntlichmachung des Täters für die Öffentlichkeit. Ob über Andreas L. oder Jan B. oder Manuela Mustermann gesprochen wird ist für mich, der keinen der drei kennt oder jemals gesehen hat, komplett irrelevant.

    Deshalb finde ich folgende Frage viel spannender: Weshalb werden Namen genannt und Fotos gezeigt? Informationsgewinn kann nicht dahinter stehen. Eher Befriedigung der Schaulustigen.

  4. Laconia sagt:

    Hinzu kommt, dass es mehrere weitere Personen mit identischem Namen gibt (sogar einen Journalisten). Was sollen die jetzt machen, was können die dafür? Die müssen jetzt auch ein Leben lang damit kämpfen.

  5. Christoph sagt:

    Da ist sicher viel Wahres dran. Trotzdem möchte ich einwerfen, dass bei den Herren Mundlos und Böhnhardt ja auch sehr schnell die vollen Namen genannt wurden.

  6. Sarina sagt:

    Täter dürfen und müssen genannt werden. Aber was passiert, wenn die Identität eines Verdächtigen vorschnell bekannt wird, wurde in erschreckender Weise bei dem Mordfall 2012 in Emden deutlich. Der Tod durch Lynchmord droht Andreas L. nun nicht. Trotzdem sehe ich es gerade im Hinblick auf die Angehörigen als Pflicht an, den Namen erst zu veröffentlichen, wenn die Tat erwiesen ist. Von den Fotos (insbesondere dem des Elternhauses in einem relativ kleinen Ort) will ich hier gar nicht reden.

    Und doch, diese Debatte gab es durchaus auch bei Charlie Hebdo, denn die Identifikation der Täter erschien manchem doch zu schnell und zu passend. In der Lautstärke wie jetzt wurde sie in D nicht geführt, das ist richtig. Das mag aber tatsächlich daran liegen, dass dieser Flugzeugabsturz einfach „näher“ ist (und das meine ich nicht geografisch).

    Namen wie Anders Breivik und Tim Kretschmer sind bekannt, und die sind auch eindeutig als Täter indentifiziert. Aber auch hier gab und gibt es Diskussionen, auf die Namensnennung zu verzichten. Denn oft tun solche Menschen, was sie tun, u. a. auch deswegen, um ihren Namen in den Medien zu wissen, und sei es posthum. Dass das funktioniert, schafft Anreize für Nachahmer.

    Ich halte die Theorie des absichtlich herbeigeführten Absturzes nach allem, was ich weiß, bisher für die plausibelste. Ich halte es allerdings auch für möglich, dass sie sich noch als falsch erweist. Und so lange sollte so etwas wie eine Unschuldsvermutung, noch mehr aber der Schutz der Angehörigen gelten.

  7. Sarina sagt:

    PS: Dass bei der Charlie-Hebdo-Berichterstattung und in vielen anderen Fällen Islamfeindlichkeit sichtbar wird, will ich gar nicht abstreiten. Aber ich würde das nicht an der Nennung der Namen festmachen.

  8. Lily sagt:

    In Anbetracht der Tatsache, dass auch die Namen anderer Amokläufer und Attentäter, die keine Moslems sind, genannt werden, habe ich wie einige andere KommentiererInnen auch Zweifel an Ihrer Ursachenforschung – so nachvollziehbar ich sie zunächst fand. Die Empörung über die Namensnennung bei Andreas L. sehe ich eher darin begründet, dass sein Name schon genannt wurde, als noch gar nicht sicher war, ob er Schuld am Absturz hat und ob er das wirklich mit Absicht getan hat. Sollte sich im Laufe der Ermittlungen herausstellen, dass alles ganz anders war und der Co-Pilot unschuldig ist (auch wenn das inzwischen unwahrscheinlich erscheint, aber wie gesagt: schon sehr früh wurde sein Name genannt, als man noch kaum etwas wusste), wurde und wird sein Name zu Unrecht mit einem Massenmord in Verbindung gebracht.

  9. darkkurt sagt:

    Ist die ganze Diskussion über die Nennung von Namen und Unkenntlichmachung von Fotos inzwischen von rein akademischer Natur? Der Presse-„Codex“ gilt nun mal nur in Deutschland, und international fühlen sich selbst die renommierten Veröffentlichungen nicht an ihn gebunden. So findet man ohne lange Suche oder fundierte Fremdsprachenkenntnisse auf den Seiten von seriösen Zeitungen im Ausland Klarnamen und unverpixelte Bilder von Andreas L(ubitz). Warum diskutieren wir über eine Moral, die anderswo nicht zu gelten braucht?

  10. Cheval Alazan sagt:

    >> Kurzer Einschub: Als Andreas L. das Flugzeug in den Bergen zerschellen ließ und damit, das ist der Stand der Ermittlungen, willentlich über das Leben von 150 Menschen entschied, war meine erste Reaktion: <<

    Habe hier aufgehört zu lesen. Bei einem Text, der gegen die Konkurrenz sticht aber ansonsten Spekulationen als Tatsachen hinnimmt, ist kein ernsthaftes und seriöses Niveau zu erwarten.

    Kleiner Tipp, machen Sie sich die Faktenlage klar, dann können Sie anfangen zu versuchen Argumente hervorzubringen die alle von der gleichen Prämisse ausgehen: Das die Täterschaft und die Gründe bekannt sind.

    Aber erst dann. Nicht jetzt wo die Medien den Pizzabäcker der Nebenstraße interviewen um sich Gründe für einen Vorfall zurechtzubasteln von dem bisher nicht klar ist wie er genau abgelaufen und was passiert ist.

    • Auto_focus sagt:

      Auf den Stand der Ermittlungen hinzuweisen ist journalistisch einwandfrei. Es bedeutet nicht, irgendwas als Fakten zu verkaufen, sondern wiederzugeben was der Stand der Ermittlungen ist – das ist etwas anderes. Kleiner Tipp: Lernen Sie das bitte zu unterscheiden bevor Sie hier herablassende Kommentare mit falschen Annahmen absetzen.

      • Cheval Alazan sagt:

        Kennen Sie den Unterschied zwischen „Stand der Ermittlung“ und „neuste Spekulation“? Offenbar nicht.

        Stand der Ermittlungen ist: Keine Hinweise auf ein Motiv, keine Ankündigung, keine Verabschiedung, keine Anzeichen für erneute Suizidgefährdung. Geräte werden noch ausgewertet, Unglücksstelle ist noch nicht vollständig untersucht.

        Ja, genau. Selbst das Andreas L. in irgendeiner Weise verantwortlich ist, ist Spekulation. Das ist der Witz daran, dass die Staatsanwaltschaft überhaupt auf medizinische Infos eingeht, ist schon eine Reaktion auf die Spekulation und kein Ergebnis der Ermittlungen. So weit sind die Behörden noch gar nicht. Erwarten Sie wirklich, dass die Behörden spekulativ davon ausgehen, dass der Copilot schon irgendwie verantwortlich sein muss, wenn noch nicht mal die Überwachungsgeräte ausgewertet sind?

        Das ist der Stand der Ermittlungen.
        Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf ist aufgrund der anhaltenden Spekulationen und dem Ausquetschen jeden möglichen Anhaltspunkt informativer als sie eigentlich sein dürfte, um objektiv zu bleiben.

        Aber Ihnen und Hakan reichen ja Spekulationen.

        • Laura M. sagt:

          Der jeweils aktuelle „Stand der Ermittlungen“ schließt auch ungesicherte, aber angesichts der jeweiligen Faktenlage begründete Vermutungen ein, die später nötigenfalls revidiert werden müssen. Wer überhaupt mitdenkt, denkt genau das bei solchen Formulierungen ebenfalls mit. Ihre Kritik schießt über das Ziel hinaus und geht ins Leere.

          Ich empfehle Ihnen allgemein, sich anzugewöhnen, Texte in Zukunft zu Ende zu lesen, auch wenn sie sich darüber ärgern.

    • Laura M. sagt:

      „[…], das ist der Stand der Ermittlungen, […]“

      Es ist dieser relativierende Einschub, der den kritischen Affekt hinfällig macht.

      Das Problem des schlechten Journalismus ist nur die eine Seite der Medaille, das Problem von immer ungenaueren Leserinnen und Lesern, die solche Feinheiten überlesen, nicht mehr zwischen direkter und indirekter Rede, Aussage und Paraphrase usw. unterscheiden können, die andere. Allerdings trägt der schlechte Journalismus, so jedenfalls meine Hypothese [man beachte den Einschub], maßgeblich dazu bei, solche Haltungen in der Lektüre zu normalisieren…

  11. Sven sagt:

    Es gibt ein Argument welches eigentlich alles zu dem Thema mit dem Vergleich besagt:
    Der Anschlag in Paris ist eine Tatsache gewesen. Es wurden gezielt Leute erschossen und die Täter waren identifiziert.
    Bei dem Flugzeugabsturz,ist ja noch nicht einmal der zweite Flugschreiber gefunden worden.Es ist also noch nichteinmal sicher,ob es nicht noch ein großen skandal geben wird,weil eben sein Name schon zum Täter erklärt wurde.lg

  12. Simone Zeisig sagt:

    Von einem Flugzeugabsturz auf Islamfeindlichkeit zu schließen, ist grotesk. Für die meisten Menschen in Deutschland ist schon das Christentum kein ausschließlicher Lebensinhalt. Aber der Islam gehört für den gewöhnlichen Mitteleuropäer nicht im Entferntesten zu seinem Leben.

  13. Karl-Heinz sagt:

    1. Ohne den Artikel hier hätte ich die Namen nicht gekannt
    2. Ich werd die Namen wahrscheiinlich schon morgen wieder vergeßen haben weil die für mich nichts zur Sache beitragen
    3. Mich hat es schon nach den Anschlägen gestört das die Namen genannt wurden, ich habe nur kein „Forum“ um sowas bekannt zu machen und hab mich privat darüber geärgert
    Man bräuchte eben manchmal mehr als ein Rüge. Zeitungen die gegen den Pressekodex verstoßen sollten hohe Strafen bekommen die sich aus dem mit dem Artikel generierten Umsatz errechnen sollten. Eine Rüge stört Medien wie die Bild nicht im geringsten!

  14. Marc sagt:

    Äh, nein, ich muss der Theorie der Islamfeindlichkeit als Hintergrund der Diskussion dann doch widersprechen. Um ehrlich zu sein, erscheint mir allein der Gedanke als so unglaublich absurd, dass sie mir nie in den Sinn gekommen wäre.

    Die aktuelle Kritik an der Nennung des Namens basiert im Wesentlichen schlicht auf der Tatsache, dass die Täterschaft derzeit lediglich eine als plausibel angesehene Theorie ist -mehr nicht – und die gesamte Berichterstattung somit eine Vorverurteilung darstellt.

    Bevor ein Abschlussbericht der Ermittler vorliegt, idealerweise nach Fund und Auswertung des Flugdatenschreibers mit der Erkenntnis eines andere Unfallursachen ausschließenden, völlig einwandfrei funktionierenden Flugzeuges, sollte in unserer Rechtsordnung zunächst die Unschuldsvermutung gelten.

    Bei den Hebdo-Attentätern war die Täterschaft hingegen unzweifelhaft bekannt, so dass einer namentlichen Nennung dieses Argument nicht mehr im Wege stand.

  15. Paul sagt:

    Wenn man das Argument mit „Schutz der Familie“ (welches ich a priori für vernünftig halte) weiterdenkt, hätte die Presse wohl auch in ganz anderen Fällen nicht den Namen nennen dürfen… Edathy, Hoeneß, Kachelmann, etc. Oder muss man Familien von Prominenten nicht schützen? In manchen Kommentaren hier wird darauf verwiesen, dass die Umstände beim Absturz noch nicht klar sind. Das stimmt, aber sollte das entscheiden, ob die Familie geschützt wird? Die Familie sollte auch dann nicht von einer Pressemeute belagert werden, wenn die Tat bewiesen ist.

  16. paul sagt:

    Amedy Coulibaly war Muslim. Aber was ist mit Robert Steinhäuser, Beate Zschäpe, Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt, Anders Behring Breivik, Armin Meiwes,…? Die waren alle keine Muslime und bei ihnen wurden ebenso selbstverständlich die Nachnamen genannt. Auch diese Leute haben bzw. hatten alle Familie, Verwandte. Daher zu meinen, die Namensnennung bei Coulibaly läge an Islamfeindlichkeit, finde ich konstruiert.

  17. Fledawisch sagt:

    Hmmm.
    Ich finde den Artikel spannend und möchte deine Ideen nicht klein reden.
    Es gibt aber eine banale Erklärung, die weder du noch die Kommentatoren erläutern. An einer Stelle wird sie nebenbei erwähnt.
    Deutschland und Frankreich haben in dieser Hinsicht völlig unterschiedliche journalistische Traditionen. In französischen Medien findet sich so gut wie nie Vorname N. sondern jeweils der ausgeschriebene Name. In D wird überwiegend die Abkürzung gewählt, die Traditionen wandeln sich aber