Vorbilder und warum sie ein Update brauchen

Foto , CC BY-NC 2.0 , by Russell Davies


Dies ist ein Beitrag aus unserer Rubrik kleinergast, in der wir alle Gastartikel veröffentlichen. Dieses Mal kommt er von Susanne.

Susanne ist freie Filmemacherin aus Hamburg. Am liebsten arbeitet sie im Bereich Dokumentation und Branded Content. In ihrer Freizeit beschäftigt sie sich mit geekig feministischen Themen und schreibt darüber bei Femgeeks. Ihr neustes Projekt roleUP! ist eine Webserie über weibliche Vorbilder mit der sie die Sichtbarkeit von tollen Frauen* verbessern will.

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Wer war dein erstes Vorbild und warum?

Menschen lernen über Nachahmung. Von dem Moment an, in dem wir andere Menschen in unserer Umwelt wahrnehmen, versuchen wir sie auch zu kopieren. Und wir kopieren die am stärksten und am häufigsten, die uns am besten gefallen. Die aus unsere Sicht etwas toll machen, oder auf eine Art, die wir großartig finden. Wir nennen sie Vorbilder. Oft sind diese Menschen in unserem direkten Umfeld, aus der Familie, dem Freundeskreis. Vor allem später sind es aber auch zunehmend Menschen, die ganz weit weg sind, oder eigentlich gar nicht wirklich existieren. Stars oder fiktionale Charaktere aus Büchern, Filmen, Serien. Und auch sie haben einen immensen Einfluss darauf, welche Interessen und Präferenzen wir entwickeln. Wie wir welche Entscheidungen treffen.

Ja, wo laufen sie denn, wo laufen sie denn hin?

Wenn Vorbilder einen so starken Einfluss auf uns haben, wäre es doch wichtig, dass das Angebot, die Auswahl an Vorbildern, möglichst breit gefächert ist. Damit ich eine Chance habe, das oder die Vorbilder zu finden, die am besten zu mir passen. Leider ist das häufig weder im Nahumfeld, also bei Familienmitgliedern und Freunden, noch im Fernumfeld, also bei öffentlichen Personen und fiktionalen Charakteren, der Fall.

Während an der Breite des Angebot im Nahumfeld eher wenig geändert werden kann – schon allein weil diese Gruppe auch in ihrer Größe beschränkt ist – sieht es im Fernumfeld anders aus. Hier gäbe es durchaus die Möglichkeit, eine sehr breite Auswahl anzubieten. Leider ist auch das nicht der Fall. Menschen aus Kunst, Medien und Sport sind sowohl real als auch fiktional sehr viel präsenter während, z.B. Naturwissenschaftler_innen oder Handwerker_innen eher selten im Rampenlicht stehen (Quelle via mintiff.de). Oder wie viele Sportler_innen, Schauspieler_innen, Journalisten_innen fallen dir spontan ein und wie viele Naturwissenschaftler_innen und Handwerker_innen (und nicht mogeln, Nahumfeld zählt nicht!)?

Ziehe ich jetzt noch die Kategorie Gender dazu und betrachte nur die Gruppe der Frauen*, wird es gleich noch einseitiger. Nicht nur, dass grundsätzlich weniger Frauen* öffentlich und medial präsent sind, aufgrund stereotyper Annahmen zum Können und Sollen, lassen sie sich häufig in wenige, ebenso stereotype Bereich einordnen (wie viele der Naturwissenschaftler_innen, die dir eingefallen sind waren Frauen?).

And Now for Something Completely Different

Diese Unterpräsenz von Frauen* in bestimmten Bereichen, ist etwas, dass mir schon länger gegen den Strich geht und immer stärker auffällt. Ein Schlüsselerlebnis bei einem Dreh mit einer Sportlerin und einem Sportler im vergangenen Jahr führte dazu, dass ich selbst etwas für mehr Öffentlichkeit, zumindest für diese eine Sportlerin, machen wollte. So entstand die Idee, ein Porträt nur über sie zu filmen, was ich aber nicht sofort in die Tat umsetzte.

Dafür passierte etwas anderes; Ich hatte zufälligerweise plötzlich recht viel Kontakt zu Frauen*, die in der IT Branche arbeiten und ich erfuhr, wie mühsam ihre Karrierewege bis hinzu ihrer aktuellen Position zu großen Teilen waren. Nicht zuletzt dadurch bedingt, dass sie erst sehr spät herausgefunden haben, dass IT überhaupt etwas für sie ist. Was wiederum häufig daran lag, dass ihnen anderes erzählt und vorgelebt wurde.

Kombiniere, Kombiniere

Da waren sie wieder, die fehlenden Vorbilder. Und plötzlich erschien mir die Sache klar. Wenn die anderen (Medien) nicht dafür sorgen, dass mehr und vor allem auch verschiedene Frauen* in der Öffentlichkeit auftauchen, dann mach ich das eben selbst. Ich mache nicht nur ein Porträt über eine Sportlerin, sondern viele, über ganz verschiedenen Frauen*. Und ich schaffe damit Zweierlei. Ich verschaffe Frauen*, die spannend und interessant sind mehr Öffentlichkeit und ich biete allen anderen, aber vor allem jungen Frauen* und Mädchen*, mehr potentielle Vorbilder, aus denen sie sich welche aussuchen können. Das Ganze packe ich in das Format einer Webserie bei Youtube, denn dort sind heute eh alle jungen Menschen, die was mit Video konsumieren wollen und die Zugangsbarrieren zu den Vorbildern sind gleichzeitig minimiert.

Und das ist sie, die fertige Idee: Eine Webserie über weibliche Vorbilder aus IT, Technik, Sport, Kunst und Unternehmerinnentum mit dem Namen roleUP! – lvl up your role models.

roleUP! – Level 1: Crowd Funding der Pilotfolge

Jetzt bleibt nur noch ein Problem: wie finanziere ich das. Wenn ich etwas frei verfügbar anbieten möchte, muss ich es aus anderen Mitteln finanzieren, ich kann es nicht direkt verkaufen. Sind die eigenen Mittel begrenzt, brauche ich Investoren. Die Frage ist nur, was haben die davon, warum sollte sie mir Geld geben? Vielleicht weil es ein gutes Projekt ist. Weil es jungen Mädchen das gibt, was eine selbst früher nicht hatte. Und weil es tollen Frauen* heute die Sichtbarkeit gibt, die sie verdienen. Vielleicht aber auch nur, um Frauen zu sehen, die eine_r sonst auf diese Weise nicht zu Gesicht bekommen würde. Welcher Grund es auch sein möge.

Noch bis Ende Februar sammle ich Geld für die Produktion der ersten Folge. Und wenn dir das Projekt gefällt und du von den ersten drei Vorbildern mehr sehen willst als die kurzen Vorstell-Teaser, dann unterstütze mich doch – finanziell oder durch weiterverbreiten, oder beides.

roleUp! – crowd funding the pilot: Intro Nela from pikofilm on Vimeo.

roleUp! – crowd funding the pilot: Intro Stephanie from pikofilm on Vimeo.

8 Antworten zu “Vorbilder und warum sie ein Update brauchen”

  1. SenorKaffee sagt:

    Der Sternchentext ist beim Einfügen wohl untergegangen – ich bin mal so frei ihn von der Projektseite zu pasten.

    (* Kurz zur Erklärung: Was soll das Sternchen? Ich möchte mit der Markierung darauf hinweisen, dass ich Frau und Mann als soziale Kategorie verstehe und nicht etwa als unveränderliche “biologische” Wahrheiten. Wenn ich Frauen* und Mädchen* schreibe meine ich alle, die sich mit dieser Kategorie (auch) identifizieren.)

    Ich hätte mir gewünscht, dass eine_r der Stammautoren als Stimme für dein Projekt gewirkt hätte. So kriegt es ein kleines Geschmäckle als Zweitverwendung des Projektaufrufs.

    Das Projekt selber finde ich sehr interessant und backenswert. Hoffentlich klappt das!

    • Auto_focus sagt:

      Du meinst vermutlich „Stammautor_innen“. Zudem hat es kein Geschmäckle – es ist natürlich eine Verwertung des Aufrufs und macht daraus ja auch keinen Hehl. Susanne war so nett, für uns einen Text mit dem Aufhänger Vorbilder zu schreiben, denn darum geht es ja auch. Alle Blogs haben unterschiedliche Leser_innen, und es macht ja Sinn, den Aufruf möglichst weit zu streuen. Daher sehe ich da kein Problem.

  2. zwzora sagt:

    Für alle Hamburger_inne, die Interesse an dem Projekt und an dem Thema Vorbilder allgemein haben: Zusammen mit den Organisator_innen des ebenfalls sehr coolen Projekts „Rent a Role Model“ (http://rent-a-role-model.herokuapp.com/) veranstalten ich im Rahmen der Social Media Week einen Vortrag/ Diskussion zum Thema Role Models. Hier stellen wir auch die beiden Projekte vor. Kommt gerne vorbei, es sind noch Plätze frei: http://socialmediaweek.org/hamburg/events/?id=136749

  3. Fabian sagt:

    Sehr schönes Projekt. Die Vielfalt der Gastbeiträge bereichert kleinerdrei wirklich sehr. Danke!

    Zwei (ganz) kleine Anmerkungen an die Autorin:
    1. Es ist gut, dass du auf deine differenzierte Sichtweise von Geschlechtern hinweist. Man muss das aber auch nicht übertrieben. Ein Sternchen nach _jedem_ Wort das geschlechtsspezifisch ist, lenkt irgendwann vom eigentlich Text ab. Zum Vergleich: bei Wikipedia wird auch nicht jedes Wort verlinkt, sondern nur jeweils die erste Erwähnung im jeweiligen Artikel.
    2. Bitte achte bei deinen Video etwas mehr auf den Ton. Hintergrundmusik sollte im Hintergrund sein und nicht verhindern, dass man die eigentlichen Akteure versteht. Vielleicht schaffst du es ja auch den Personen ein separates Mikrofon zu geben, und so mehr Kontrolle über Geräuschkulisse und Sprache zu bekommen.

    • Alex_a sagt:

      Zwei (ganz) kleine Anmerkungen zu Fabians Anmerkungen:
      1. Es ist schön, dass Du gendersensible Sprache zu schätzen weißt und das der Autorin auch mitteilst. Nicht so schön allerdings, dass Du meinst, definieren zu können, wie viel Sensibilität zu viel Sensibilität ist und Deinen Standpunkt so ein bisschen für den „objektiven“ hältst – als offenbar (wie ich Deinem Nick entnehme) von Diskriminierung und Unsichtbarkeit eher nicht so Betroffener.
      2. Bitte achte doch vielleicht ebenfalls etwas mehr auf den Ton Deiner Verbesserungsvorschläge…Männer*, die Frauen* endlich mal erklären, wie’s richtig geht, sind so ein bisschen old news….

      Sorry, aber das ist ein Blog mit feministischem Anspruch und da kann so ein kleines bisschen Rollen-(Selbst-)Reflexion nicht schaden.

      Im Übrigen: super Projekt, spannender Ansatz. Stehe dem Konzept „Vorbild“ eigentlich ziemlich kritisch gegenüber, weil ich immer denke, das schränkt doch in meiner eigenen freien Entfaltung eher ein und setzt wieder verallgemeinerbare Maßstäbe, erzeugt Druck (an das Vorbild rankommen zu sollen, Ziele erreichen zu müssen etc) – aber Deine Argumente überzeugen und ich überdenke gerade meine Position.

      • Fabian sagt:

        Danke für das Feedback!

        „Männer*, die Frauen* endlich mal erklären, wie’s richtig geht, sind so ein bisschen old news….“ -> Wenn das tatsächlich der Eindruck ist den ich vermittelt habe, dann will ich um Entschuldigung bitten.

        • Alex_a sagt:

          Sehr gerne, danke für die Rückmeldung! ;-)

          Schön, dass es keine Absicht war. Vielleicht hat es nur auf mich so gewirkt (vllt findet Susanne, an die’s ja gerichtet war, auch ganz unproblematisch), aber ja, bei mir ist der Eindruck entstanden.

          Entschuldigen ist gar nicht so nötig, finde ich – v.a. geht es um das Verständnis, was daran problematisch war oder sein könnte mit Blick auf Reaktionen in ähnlichen Situationen.

          Und da ich das gerade fordere, kann ich gleich selbst mitmachen:
          Die Formulierung „(wie ich Deinem Nick entnehme) von Diskriminierung und Unsichtbarkeit eher nicht so Betroffener“ würd ich am liebsten nachträglich ändern, die ist echt ziemlich daneben. Deinem Nick kann ich gar nix entnehmen und ich hab‘ keine Ahnung, was für Erfahrungen Du in Deinem Leben gemacht hast und machst und welche nicht, außerdem spielt es eigentlich auch keine Rolle in dem Zusammenhang.

  4. […] kleinerdrei wird für ein Role Model Update plädiert; Susanne stellt dazu ein prima Projekt […]