Was wird es denn?

Verzwirbeltes pinkes Geschenkbank auf weißer Pappe in Nahaufnahme.
CC BY-NC-SA 2.0 , by @vonhorst

Als Kugel rolle ich über Stadt und Land. Als Kugel sieht mich die Welt und stellt Fragen zur Kugel und ihrem Inhalt. Vor „Ist das nicht anstrengend bei der Hitze?“ (Ja. Geht. Wär’s auch ohne Kugel) und „Wann ist es denn soweit?“ (vorraussichtlich Ende August) steht auf Platz 1 der häufigsten Fragen, von Fremden über Verwandtschaft, gerne mehrmals über die Schwangerschaft hinweg, folgende allerhäufigste Frage:

 

„Was wird es denn?“

 

Und ich hab keinen Plan. Weder, was sich in der Kugel befindet, noch, wie ich gut mit dieser Frage umgehe.

Manchmal geht es so:

„Was wird es denn?“
„Hoffentlich ein Baby.“
„?“
„Naja, Dino wär doof. Die beißen.“

Meistens geht es so:

„Was wird es denn, ein Mädchen oder ein Junge?“
„Keine Ahnung.”
„Wollt ihr es nicht wissen?“
„Hm, nee. Hm.“

Und ich denke: selbst wenn ich es wissen wollte, woher weiß ich denn, dass ich es weiß? Mit einem Ultraschall kann ich herausfinden, ob dieser Fötus einen Penis oder eine Vulva hat. Oder weniger „eindeutige“ Genitalien. Aber reicht das denn aus, um auf ein Geschlecht zu schließen? I don’t think so. Für eine meiner Mütter hat es über 30 anstrengende Jahre gedauert, herauszufinden und anzunehmen (as in accept, not assume), dass sie eine Frau ist. Ich will nicht so überheblich sein, das besser zu wissen als mein Kind. Und es ist ja viel mehr als „wissen“. In dem Moment, in dem ich mir einbilde, ein Geschlecht zu wissen, baue ich es. Ziehe mit einem Superstaubsauger alle Bilder von Geschlecht x oder Geschlecht y, die ich kenne, nah ran, lege sie auf dieses Kind, das da kommt, und gleiche sie mit dem Kind ab. Ich möchte das nicht.

Von inbetweenillustrations gibt es eine Zeichnung, die ich sehr liebe. Bei der es so stark Klick gemacht hat, dass das Klickgeräusch fast ein frohes Facepalm-Klatschen war.

Schwarz-weiß-Zeichnung. Zwei Personen mit Hut stehen, umgeben von Baum und Büschen, einander gegenüber. Die linke Person zeig mit dem Finger auf die rechte Person, die einen Kinderwagen schiebt. Die linke Person fragt "Is it a boy or a girl?", die Person zur Rechten antwortet "I don't know. It can't talk yet."

Meinem Freund hab ich von dem Bild erzählt. Wenn er gefragt wird „was es ist“, sagt er genau das: „Es kann ja noch nicht sprechen.“ Das klappt sogar ganz gut. Oft lachen Menschen, vielleicht, weil sie checken, was gemeint ist, vielleicht weil Lachen lässiger ist als „Hä?„ “ sagen. Ich muss das noch üben, weil ich bei der Frage feststecke zwischen „Ey, was geht dich das an“ und „It’s more complicated than you think“. Die Gedanken, die ich mir zum Geschlecht von Föten und Babies mache, kann ich nicht easy peasy in eine Smalltalksituation destillieren.

Es ist kompliziert

Als wir über mögliche Namen selbstgemachter Kinder redeten, schlug mein Freund vor, was ich selbst schon gedacht hatte. Ein Name, der auf mehrere Geschlechter passt, das wäre schön. Wie doppelt gut es passt, dass der Name, den dieser Fötus mal tragen soll, sowohl der Name einer Oma meines Freundes als auch der selbstgegebene Name eines meiner Opas ist.
Er sollte schon der Name unseres ersten Kindes werden; ein schöner Lieblingsname. Als wir die Diagnose bekamen, dass es kurz nach der Geburt sterben würde, entschieden wir uns bei unserem ersten Kind für einen anderen, ebenfalls geschlechtsoffenen Namen. Wir wollten schließlich den Lieblingsnamen über Spielplätze rufen können.

Schon bei diesem Kind wollten wir ein Geschlecht eigentlich nicht „wissen“, ihm keins zuschreiben. Dann passierte ein Missgeschick. Eine andere Ärztin als sonst machte den Ultraschall. Im Raum noch zwei Kinderärzte von der Neonatologie, die es betreuen sollten. Und nicht zu uns, sondern leise zu einem der Kinderärzte hin, sagte sie, wie nebenbei: „Ein kleines Mädchen“. Ein zärtlicher Moment. Ein kleines inneres Fest.

Auf einmal wurde der Fötus, den wir damals Keimling nannten, als Idee von einer Person greifbarer und echter. Ein Mädchen – so eine frohe Botschaft. Und ja, auch das war eine Zuschreibung allein aufgrund der Genitalien, doch wir wären nie in die Gelegenheit gekommen, vom Kind selbst zu hören, wie es sich definiert. Die Konstruktion war für uns als Eltern in dieser Situation wichtig und tat uns gut. Sich an alles klammern, was irgendeine Aussage über die Persönlichkeit dieses Kindes trifft, weil man sie nicht kennenlernen kann. Immer wieder das Papier lesen, auf dem es steht, offiziell. Sagen zu können: meine Tochter. Oder später mal: deine Schwester.

Ein erhellender Klickmoment war das auch, weil mir an der Definition „Mädchen“ erst auffallen konnte, dass ich in meinem Nichtwissenwollen von einem Jungen ausging. Vermeintlich neutral, weil unmarkiert. Es kostete schon einen besonderen Aufwand, gedankliche Anstrengung, mir jenen Fötus als Mädchen vorzustellen. The other. Das hat ein bisschen mit dem Spitznamen zu tun, Keimling ist grammatikalisch männlich, aber das allein kann nicht schuld an meiner Wahrnehmung gewesen sein. Und ich war erstaunt, wie gut ich es fand, ein Geschlecht gesagt zu bekommen, mir etwas ausdenken zu können, so anders als geplant. Oder zu merken, dass ich, obwohl ich nicht davon ausging, dass es ein Mädchen sein könne, mir eigentlich eines gewünscht hatte. Mein Freund auch.

Mittlerweile ist das ähnlich. Ich spreche meistens vom „Fötus“, auch das grammatikalisch männlich, und wenn ich mir dieses Kind geschlechtslos vorstelle, dann nehme ich es tatsächlich eher männlich war. Ohne an Genitalien zu denken. Männlichkeit als nicht hinterfragter Normalzustand.

 

Ultraschall- vs. Bauchorakel

Die Ärztin, die sich verplappert hatte, sprang auch bei dieser Schwangerschaft als Ultraschallvertretung ein. Das war ganz süß: Wir erinnerten uns und sagten so rechtzeitig wie möglich Bescheid, dass sie nichts zu einem vermeintlichen Geschlecht sagen soll. Sie sagte, dass sie dann gar nicht danach erst gucken werde, sie sei Weltmeisterin im Verplappern. Da mussten wir lachen, sie hatte damals ihr Verplappern gar nicht als Solches mitbekommen.

Beim ersten Ultraschallbild, ein 3D-Bild vom Gesicht, mit einer Hand mit ausgestrecktem Ringfinger an der Schläfe, sagt meine Cis-Mutter, das sehe aus wie ein Junge. Woran sie das festmache? Na, das Gesicht sehe halt so aus. Beim zweiten Bild, ein paar Monate später, auch ein 3D-Bild vom Gesicht, erzählt mein Freund seiner Mutter, dass es nicht so leicht gewesen sei, ein Bild zu machen, das Köpfchen etwas tief im Becken, das Gesicht zu meinem Rücken, Hand und Arm immer wieder vor dem Gesicht. Sie schmunzelt, sagt etwas wie: „Soso, schüchtern und verschämt, bestimmt ein Mädchen.“ (And I’m like: what the fuuuck?)

Dabei braucht es ja noch nicht mal Genitalien, um Föten ein Geschlecht zuzuschreiben (wenngleich mit dieser Zuschreibung wieder Genitalien gemeint sind. Seufzpopeufz). Es gibt Mythen, dass sich am Ausmaß der Übelkeit der schwangeren Person, an ihrer Lust auf Süßes oder Saures, an der Reinheit ihrer Haut ablesen lasse, welches Geschlecht das Ding in ihrem Bauch habe. Oder an der Form ihrer Bäuche.

Ein ehemaliger Kollege des Vaters meines Freundes guckt meinen Bauch an, sagt, es werde ein Mädchen, er könne das erkennen. Eine fremde Frau an der Baumarktkasse dreht sich zu mir um, sagt: „Das ist ein Junge“, die Kassiererin pflichtet ihr bei, „So sehen Jungs aus, ja“. Ich bin irritiert, frage, ob mir irgendwo ein Penis raushängt, auch wenn ich weiß, dass Genitalien nicht reichen, um Geschlecht zu konstituieren, weil – wassollndasüberhaupt. Ich quatsch doch auch nicht fremde Leute an und sag ihnen, dass sie bestimmt Hämorrhoiden haben, weil ich mich für das super Hämorrhoidenorakel halte oder selbst mal welche hatte. (Und wieviel Komplexität passt an die Baumarktkasse?)
Aber hey, wahrscheinlich sollte ich mich heiter sein, dass mir immerhin noch niemand Fremdes ungefragt an den Bauch gefasst hat.

Fragenregen

Ich habe mich selber beim ersten Ultraschall in Schwangerschaftsmitte dabei erwischt, doch neugierig zu sein, ein Geschlecht gesagt zu bekommen, damit ich mir etwas vorstellen kann. Und ja, so aufgeklärt ich darüber bin, wie Geschlecht gemacht ist, gab es da ein Gefühl von “mit Jungs kann man x machen, mit Mädchen kann man y machen”. Das war gruselig. Und ist wichtig. Denn selbst wenn ich mir vornehme, dieses Kind geschlechtsoffen zu erziehen, ihm keinen eindeutigen Namen zu geben, anderen Leuten nicht zu “verraten”, was ich eh nicht genau weiß, sondern nur projiziere, es ist nicht so einfach. Ich bin selbst nicht geschlechtslos, mein Umfeld ist es nicht, ich hab an Bildern über Gender internalisiert, was man so internalisieren kann. Es ist und bleibt ein Sichselbstinfragestellen. Es wird Fragen in diese Familie regnen.

Im Moment geht es in meinem Kopf vor allem um die Frage, wie ich den Gegensatz von “das soll es uns selbst verraten” und “das will ich nicht verraten”/”das will ich nicht wissen” auflöse, also wie ich Menschen, die mich nach einem Geschlecht fragen, mehr Komplexität zutraue, und, statt mit innerem Augenrollen ihr Narrativ zu übernehmen, darüber spreche, was ich mir wünsche und denke.

Da wird bestimmt noch viel Praktisches an Fragen und Zweifeln noch mit dem Kind in die Welt kommen. Wenn ich andere Menschen das Kind wickeln oder baden lassen möchte, werde nicht verhindern können, dass sie von Genitalien auf ein Geschlecht schließen. Oder dass fremde Menschen von Kleidung auf ein Geschlecht schließen und sich entsprechend verhalten. Darin immer ein Abwägen, welche Kämpfe man ausficht, was man ignoriert, weil man die Kraft an anderer Stelle braucht. There‘s no (easy) way out.

Oder doch? In Schweden habe ich ein tolles Buch gefunden, das Texte und Tricks parat hat. Es heißt „Ge ditt barn 100 möjligheter – Istället för 2“ („Gib deinem Kind 100 Möglichkeiten – Statt 2“). Ein Handbuch nah am Herzen, mit unfassbar tollen Bildern. Leider noch nicht ins Deutsche übersetzt. (Verlage dieses Sprachraums, ich würds machen. Na?)

Ich will an dieser Stelle auch noch gar nicht so viel über Geschlechtszuweisung und ihre Folgen sprechen, wenn das Kind erst mal geboren ist und sich in der Welt bewegt. Das kommt noch auf uns zu und ich bin neugierig, auf welche Weise. Noch kann ich nur lesen, was andere dazu schreiben, z.B. Melanie für die Mädchenmannschaft, oder Esthilavista, die beobachtet wie Geschlecht an ihrem und den Kindern in ihrem Umfeld gemacht wird und über ihre Bebachtungen bloggt. Oder mir die vielen klugen Dinge zu Herzen nehmen, die Arwyn Arising auf Raising My Boychick schreibt.

Es geht um viel mehr als ein „ich sag nicht, was es ist“, denn ich weiß es nicht „was” es ist, und muss mir das selbst immer wieder in Erinnerung rufen. Ich werde das Geschlecht nicht wissen, wenn ich das Kind geboren habe und irgendeine Angabe in die Geburtsurkunde eingetragen wird. Aber ich bin gespannt, was dieses Kind mir erzählen, wie es sich selbst definieren wird. Und ich wünsche mir so sehr, dass es nicht nur körperlich über sich selbst verfügen kann, sondern auch in Identitäten und Beschreibungen. There’s quite a road ahead.

Wenn ihr mal schwanger wart – wie seid ihr mit einem vermeintlichen Geschlecht während der Schwangerschaft umgegangen, wie euer Umfeld?

Wenn ihr nicht schwanger wart – interessiert auch das Geschlecht von anderer Leute Föten? Warum eigentlich (nicht)?

28 Antworten zu “Was wird es denn?”

  1. Anna Luz de León sagt:

    Was für ein weites Feld! Soweit ich das herauslesen, ist ja dein biographischer Hintergrund einer, der dich dazu befähigt, dir diese Art Fragen auf diese Weise zu stellen: ich denke, so tiefgehend setzen sich die wenigstens (werdenden) Eltern mit dem möglichen Geschlecht und der Geschlechtsidentität ihrer Kinder auseinander.

    In meiner ersten Schwangerschaft wollten wir das Geschlecht zunächst auch nicht wissen. Erst als die Ärztin beim Ultraschall sagte, sie wisse es jetzt, ob wir es auch wissen wollten, brach meine Gegenwehr zusammen und wir erfuhren, dass wir ein Mädchen bekämen. Dieses Mädchen ist heute 10 und soweit wir das beurteilen können, tatsächlich ein Mädchen. :-) Ab dem Zeitpunkt, da ich das Geschlecht meines Kindes im Bauch kannte, bemühte ich mich, rosa und pink im Vorfeld zu vermeiden und neutrale Farben für Kinderzimmer, Kleidung, Kinderwagen, Accessoires rund ums Kind zu vermeiden. Schon mit der Geburt wurde dieses Unterfangen schwierig, denn Freundeskreis und Verwandtschaft beglückten uns mit rosa Schnullern, Moltontüchern mit pinken Blümchen, Stramplern, Mützchen & Co in Mädchenfarben. Bei Kind 2 und 3 haben wir uns das Geschlecht bewusst sagen lassen und es immer schön gefunden, eine Idee davon zu kriegen, wer da zu uns kommt, auch wenn wir wussten, dass

    Inzwischen habe ich drei Kinder, Mädchen-Junge-Mädchen, und ich stelle gigantische Unterschiede zwischen ihnen als Menschen fest – aber auch zwischen ihren geschlechtlichen Identitäten. War meine große Tochter nie wirklich in der viel beschworenen pinken „Prinzessinnenphase“ und entdeckt die Farbe erst jetzt als eine, die sie z.B. gerne trägt, so ist die Kleine (heute 4) scheinbar in einer rosa Wolke zur Welt gekommen. Dafür interessiert sie sich überhaupt nicht für Puppen (obwohl alles Material fürs Puppespielen von den großen Geschwistern im Haus ist). Es geht allein um die Inszenierung ihrer eigenen Person als Prinzessin.

    Was ich sagen will: ich halte es für wichtig, den Kindern die Bandbreite all dessen zu zeigen, was es so gibt auf der Welt und ihnen natürlich alle Möglichkeiten zu bieten, sich selbst „zu beschreiben“ (im Sinne von schreiben=erschaffen). Ich halte aber Kategorien, auch und gerade geschlechtsspezifische, für wichtig und sei es auch nur, ums ich abzugrenzen. Die Schwierigkeiten beginnen doch für jeden (kleinen) Menschen immer genau dann, wenn die Umwelt ihn nicht so sein lässt, wie er aber nun mal ist. Sich fühlt. Und sei es auch nur für einen Moment/eine Phase. Mein Sohn (6) hatte eine lange Phase, in der er gerne Nagellack tragen wollte. In einem Kleid zum Spielen raus gehen, wie seine Schwester. Heutzutage tauscht er noch gerne mit der Kleinen die Klamotten und sie „verkleiden“ sich als jeweils der/die andere. Ich würde den Teufel tun und ihm das verbieten. Aber ich finde es auch nicht schlimm, wenn er sich dann plötzlich zur Orientierung die Spieler der Nationalmannschaft heranzieht oder permanent Motorengeräusche von sich gibt. Dasselbe gilt für die Mädchen. Ich sage ihnen, was ich von Barbies und geflügelten Elfen mit überdimensionierten Brüsten halte, aber spielen dürfen sie dennoch damit.

    Kinder sind schlau. Sie brauchen unsere Unterstützung und unsere ungeteilte Liebe, Aufmerksamkeit und Fürsorge. Dann finden sie ihren Weg zu sich und zu der Person, die sie sein wollen. Daran glaube ich fest. Und ob ich das Geschlecht vor der Geburt kenne, ob ich es benenne oder genau das vermeide spielt dabei für die Kinder eine untergeordnete Rolle. Es zählt für das Kind allein die Gewissheit, dass es Eltern hat, denen all diese Dinge wichtig sind weil ES den Eltern wichtig ist. Dass es gesehen, gehört und angenommen wird, als die Person, die es ist. Ich glaube, das ist schon alles.

    Liebe Grüße, Anna (aka @berlinmittemom)

    • Anna Luz de León sagt:

      Äh…. irgendwie ne Menge Typos und mindestens ein unfertiger Satz… warum weiß ich nicht! Sorry! Also wenigstens den letzten Satz im zweiten Absatz vervollständige ich mal. Es sollte heißen:
      … auch wenn wir wussten, dass es möglicherweise ein vorläufiges Konstrukt sein könnte und außerdem nichts darüber sagt, was für eine Person da zu uns kommt.

      Und im Abschnitt darüber meinte ich natürlich, dass wir pink und rosa vermeiden wollte und auf neutrale Farben geachtet haben. So.

      Entschuldigung!

    • fröken von Horst sagt:

      full ack & word up!

      Was ich ja nicht möchte, ist mein Kind ohne Geschlecht großzuziehen, den Versuch halte ich weder für gut, noch für überhaupt möglich. Lieber, dass Kinder Raum bekommen Geshclecht als „gender is a spectrum“ zu erfahren. Wie du sagst: „den Kindern die Bandbreite all dessen zu zeigen, was es so gibt auf der Welt und ihnen natürlich alle Möglichkeiten zu bieten, sich selbst „zu
      beschreiben““. <3

    • Kiki sagt:

      Anna, es ist so schön das zu lesen!!! besonders deine letzten Sätze. danke :)

  2. mainwasser sagt:

    Ganz egal, „was“ (hoffentlich kein Dino. Obwohl, hm, doch, selbst dann) es wird: ich wünsche Euch dreien, dass Euer „Fötus“ gut auf unsere Welt kommt; Kind, Mutter und Vater alles heil überstehen, und ihr viele viele Erlebnisse voller Liebe und gemeinsamem Glück habt. Alles Gute! <3

  3. MaryJay sagt:

    Ich bin gerade schwanger und werde diese Woche wohl erfahren, was für ein Geschlecht es hat. Mich persönlich nervt die Fragerei „Und wisst ihr schon, was es wird?“ eigentlich nicht. Ich möchte selbst gerne wissen, welches Geschlecht haben wird und zwar einfach, weil ich es toll finde mehr über mein Kind zu erfahren, auch wenn es in diesem Stadium eben erst einmal nur Äußerlichkeiten sind/sein können. Es wird mich vermutlich auch, genauso wie dich, hier und da beeinflussen, aber ich weiß für mich, dass ich einfach alles dafür tun werde, dass mein KInd möglichst einfach und angstfrei entdecken und leben kann wie es ist, was es mag und zwar in allen Aspekten.

    Anstrengender find ich die Sprüche, die man sich so anhören muss. „Dein Kerl wünscht sich doch bestimmt nen Stammhalter.“ / „Einem Mädchen kann man so süüüße Sachen anziehen.“ / „Man muss ja fragen: Nicht, dass ich dann einem Jungen einen rosa Strampler kaufe.“ Warum in aller Welt, sollte ich die Welt meines Kindes so einschränken?

    Momentan halten alle es für einen Witz, wenn ich sage, dass rosa Strampler auch getragen werden, wenn es ein Junge wird… Aber sie werden schon sehen ;-)

    • fröken von Horst sagt:

      Auf der „Hurra, das Baby ist da“-Karte für meinen kleinen Bruder trägt er übrigens einen rosa Strampler. Und nix ist passiert. ;)

  4. Kia sagt:

    Ich wollte wissen, „was es wird“, mit dem klaren Gedanken, dass mein Kind das eh selbst entscheiden wird, immer wieder. Das ist wahrscheinlich nicht weit genug gedacht, aber ich werde nicht verhindern können, dass Umgebungsmenschen es auf dieses Geschlecht reduzieren, Dinge projizieren, die Blödsinn sind. Kann mich nicht erinnern, was ich bei der Frage danach sagte, nur dass Sie kam und dass Menschen die Mythen anwandten und ich jedweden ungebetenen Kommentar zu meinem Bauch als Grenzübertretung empfand.
    Bei fremden Schwangerschaftsbäuchen frage ich nicht danach, es interessiert mich nicht. Ich frage sowieso nichts zum Bauch, zum Fötus, es sei denn, ich werde darum gebeten.

  5. taraia sagt:

    Ich musste an dieses Video denken, das ich gestern gesehen habe: http://www.youtube.com/watch?v=VAJ-5J21Rd0
    Das Projekt, um das es im Ted-Talk geht ist zwar nicht direkt zum Thema passend, aber dafür die Erzählungen über iO Tillett Wrights Kindheit direkt am Anfang. Fand ich ziemlich spannend.

  6. Lena sagt:

    Ich bin nicht schwanger und habe mich – da kaum vorhandener Kinderwunsch – auch bisher nicht weiter mit dem Thema auseinander gesetzt. Mir kam nur sofort ein Comic vom Flix in den Sinn, den man hier anschauen kann: http://www.der-flix.de/flix-heldentage-2-13.html?blaettern=next&episode=867

    Ich wünsche euch alles Gute und eine tolle Zeit mit eurem Kind <3

  7. Extramittel sagt:

    Wir wollten damals (ist bei mir schon länger her) nicht wissen, „was es wird“. Arbeitsname des Kinds im Bauch war „das Strampelchen“. Allerdings wurde mir mehrmals unaufgefordert per Bauchorakel mitgeteilt, dass es ganz klar ein Mädchen wird. Auch weniger obskure Indizien (wir kannten den Konzeptionstermin) deuteten darauf hin. Das entsprach auch durchaus unserem Wunsch (der allerdings nicht übermächtig stark war). Tatsächlich war es dann so, dass wir schon ewig einen Mädchennamen hatten, aber erst eine Woche vor der Geburt beschlossen, uns sicherheitshalber doch auch auf einen Jungennamen zu einigen.
    Und dann war es ein Junge, also hauptsächlich erst mal ein gesundes, natürlich außergewöhnlich niedliches Kind. Dass ich damit nicht gerechnet und mir keine Erwartungen und Vorstellungen von einem Sohn aufgebaut hatte, fand ich dann sehr schön. Er (inzwischen ein erwachsener junger Mann) war dann auf ganz andere Weise ein „typischer Junge“, als wir uns das vorgestellt hatten. „Geschlechtsneutrales“ Spielzeug (um das wir uns natürlich bemühten) war im Kleinkindalter für die Katz, aber in seinen Spielen fuhren die Autofahrer auch gern mal mit täuschend nachgemachtem Motorengeheul nach Hause, um die Wäsche aufzuhängen. Später war dann durchaus auch eine Puppenküche oder ein Bügelbrett interessant, schließlich sah er ja zu Hause, dass Männer sowas regelmäßig benutzen.
    Auch im Nachhinein bin ich froh, mir nicht schon Monate vor der Geburt Vorstellungen von meinem Kind als Mädchen oder Junge gemacht zu haben. Vielleicht hat es das leichter gemacht, zuallererst den kleinen Menschen und seinen Charakter zu sehen.

  8. frauziefle sagt:

    Nach zehn Jahren Zusammenleben mit Jungs und Mädchen: Ein Kind muss Selbstwirksamkeit erfahren dürfen. DANN besteht die Chance, dass das Geschlecht kein konstituierendes Merkmal mehr sein muss – und dann darf man hemmungslos und vollkommen ein glücklicher kleiner Mensch sein.
    Warum? Ein strickendes Kind wird immer strahlen, wenn es einmal verstanden hat, wie es mit den Nadeln aus dem Wollknäuel einen Schal gemacht hat, nur mit den eigenen Händen.
    Und ein Kind, das bemerkt, dass seine Meinung zählt (geht schon bei ganz ganz ganz kleinen Kindern), dass seine Person repsektiert wird und wahrgenommen wird, braucht „Geschlecht“ nicht mehr als abgrenzendes Konzept.
    Ich glaube ein guter Weg ist, den Fragen nach all dem im Zusammenleben ganz bewusst nicht allzuviel Raum zu geben und das Kind einfach wachsen zu lassen – das wird schon :))

  9. Philip sagt:

    Ich habe noch nie über mögliche zukünftige Transgender-Implikationen bei dieser Frage nachgedacht. Ich finde eine derartige Implikation auch ein wenig zu weit hergeholt aus einem einfachen Grunde: Der Mensch an sich beschäftigt sich gerne mit Wissen und das basiert immer auf aktuellen Beobachtungen. Ein Ultraschall von einer Vulva lässt mit einer höheren Wahrscheinlichkeit das Geschlecht „Weiblich“ zu als „Männlich“ (rein prozentual gesehen). Daher würde ich nie darauf kommen, Boshaftigkeit zu unterstellen, wenn man sagt: Es wird ein Mädchen. Auch mit einer Vorgeschichte sollte keine Boshaftigkeit angenommen werden. Ich würde persönlich immer sagen (vermutlich gerne auch dem sarkastischen Dino-Spruch): Hauptsache gesund. Einfach, weil der Informationswert einer Antwort auf diese Frage gen null geht. Schwangerschaften bringen Menschen immer wieder in die Situation, nur vorsichtige bzw. sozial geduldete Fragen zu stellen, wie z.B. die nach dem Geschlecht des Fötus.

    Ich stelle diese Frage Bekannten, ja, aber auch nur aus Pflicht zum sozialen Protokoll. Ich gebe auch jedes Mal zurück: Hauptsache gesund oder Ähnliches. Ich wäre froh, wenn diese Art von Smalltalk wegfallen könnte.

  10. Fie sagt:

    Mein Kind ist inzwischen eineinhalb und ich wollte unbedingt wissen was es wird um dem Kind einen Namen zu geben, denn ich hatte mir schon viele Jahre vorher Namen ausgesucht. Daher hat das Kind keinen geschlechtsneutralen Namen. Das gefällt mir auch so, denn so muss ich die Frage ob es ein Mädchen oder ein Junge ist nicht so oft beantworten, denn viele fragen nach dem Namen um das herauszufinden. Mir tut es gut unterschiedliche Spitznamen für mein Kind zu haben. So nenne ich es Motte oder Spatz (zugegeben weder individuell noch einfallsreich) und je nach dem Spitznamen also ob männlich oder weiblich ändert sich mein Gefühl. So spiele ich selber damit um meinem Kind gegenüber so frei wie nur möglich zu sein, denn dieser Geschlechtszugehörigkeitsmist steckt einfach sehr tief in mir drin und ich möchte mein Kind auch nicht darin begrenzen das ich einfach das Gegenteil von irgend etwas tue. In der Kita ist Geschlechtszugehörigkeit wichtig für die Erzieherinnen, ich bin überrascht wie gelassen ich damit umgehe. Das hat sicher damit zu tun, dass mein Kind sehr störrisch ist und ich guter Hoffnung bin, dass es sich nicht zu sehr begrenzen lässt, denn dabei werde ich es unterstützen.

    Ich wünsche Euch alles gute für die Geburt und die Zeit danach. Super, dass ihr so einen perfekten geschlechtsneutralen Namen mit Familienbezug habt, da habt ihr großes Glück denke ich. Der Name ist sehr sehr wichtig, im Grunde ist er das einzige das wir unseren Kindern wirklich mitgeben (auch wer seinen Namen ändern muss, verliert den alten Namen nie ganz), alles andere sind nur Möglichkeiten und Optionen.

  11. unsichtbares sagt:

    ich wollte das geschlecht nicht wissen, mein partner schon. naja was solls. mittlerweile kommt die astronautin nach hause und sagt, sie sei ein mädchen, allerdings das einzige auf der welt, alle anderen sind jungen. sie ist jetzt zwei einhalb und mag glitzer pink und flugzeuge. ich habe wenn ich ehrlich bin immer schwierigkeiten mit ihrem pinkwunsch, dabei war ich als kind genauso . meine eltern mochten auch lieber “geschlechtsneutrale“ dinge und ich wollte alles in schweinchen rosa. der namen den wir ausgesucht haben ist nicht neutral, aber da sich sowohl mein vater als auch mein partner in ihrer jugend ihre namen selbst ausgesucht haben, halte ich das eher für einen vorschlag… genauso wie alle aktivitäten die wir anbieten, überhaupt ist es viel spannender ihr zuzuhören als sie mit zuschreibungen zu versehen.

  12. Kiki sagt:

    Liebe Nicole,

    auch ich hatte meine Schwierigkeiten mit dieser Frage während der Schwangerschaft. Der Papa wollte es nicht wissen, ich schon, die FÄ hat es auch einfach so mal eben gesagt als es offensichtlich war.

    den Leuten habe ich immer gleich mit der Gegenfrage geantwortet, ist es denn nicht wichtiger dass das es dem Kind gut geht? ja und da haben sie dann blöd geguckt und haben schnell das Thema gewechselt. ich fand das auch meist toll, denn als Schwangere will man ja nicht immer mit jedem fremden über seinen Körper reden.

    Was uns in der Zeit mit Kind immer geholfen hat das Geschlecht zu relativieren war und ist, gemixte und neutrale schöne Kleidung. mal die Räuberhosen, mal ein Räuberkleid, mal Tiere drauf, mal Blumen. oder einfach grüne Streifen, mit gelb. Zum Glück gibt es ja auch noch die nordischen Klamotten, bei denen man oft einfach schöne bunte Kindersachen finden kann.

    liebe Grüße,
    Kiki

  13. Frau Erdbeersojamilch sagt:

    Ich wollte nicht wissen was es wird, da ich beschlossen hatte wenigstens für den sehr kurzen Zeitraum der Schwangerschaft, mich und das Kind vor diesen ganzen Sachen zu schützen. Schützen auch vor meinen eigenen Zuschreibungen, denn wir stecken ja alle drinne in diesem Kram und es ist gar nicht so einfach da nicht mitzumachen.

    Der Herzmensch und ich haben auf die Geschlechterfrage auch immer sowas geantwortet wie: „Hoffentlich kein Stuhl“ oder „Wahrscheinlich ein Kind“. Kam manchmal gut an, manchmal nicht. Über entsetzte Fragen wie ich denn dann das Kinderzimmer einrichten kann, oder Babyklammoten kaufen, wenn ich doch nicht wüsste was es ist, hab ich meistens gelacht und gesagt, dass das jawohl Quatsch ist und dem Kind eh egal.

    Das Problem ist, dass es die meisten Menschen wahnsinnig macht wenn sie einem Baby nicht sofort ansehen welches Geschlecht es vermeintlich hat. Je Neutraler die Kleidung desto schlimmer wirds. Aber es gilt immer die Regel: Wenns nicht Rosa ist, ist es ein Junge. Das Baby das jetzt seit 6 Monaten mit uns lebt, wird IMMER für einen Jungen gehalten, da es bunte, grüne, blaue ( „aber es trägt doch blau, das kann doch kein Mädchen sein!!“) usw. Klammotten trägt. Und ziemlich dick ist, ein weiteres eindeutiges Signal für einen Jungen. Nicht. Wenn die Leute dann „er“ sagen, korrigier ich sie meistens nicht. Ist ja auch egal.

    Wir haben uns entschlossen, sie immer so neutral wie möglich anzuziehen. Solange sie das noch nicht selbst entscheiden kann. Dazu gehört auch dass wir ihr keine Kleider kaufen. Auch wenns da wirklich schöne gibt, die nicht alle hellrosa und mit Schleifchen und Herzchen sind

    Ich will, dass die Leute sie als Baby, Kind, Menschen sehen. In all ihrer Großartigkeit die vollkommen unabgängig von ihrem Geschlecht ist. Ich will nicht “ Das süße kleine Mädchen“ oder „den Tapferen kleinen Jungen“. Das kann ihr einfach nicht gerecht werden.

    Und wenn sie später die volle Prinzessinendröhnung will, mit Pink und Glitzer, dann kann sie die haben. Und wenn sie ein Prinz sein will, dann wird sie ein Prinz sein. Darum gehts doch.

    Unsere Aufgabe ist es doch, sie immer darin zu bestärken und zu unterstützen das zu sein was sie sein möchte. Auch wenn das schwer sein kann. Ich bin jetzt schon total genervt von den dauernden Fragen. Im Babyladen zum Beispiel, wenn ich nach Krabbelknieschonern frage, und die Verkäuferin als erstes fragt:“ Junge oder Mädchen?“ AAHHHHHH!!! Es sind verdammte Knieschoner!!! ( Ich hab dich da übrigens glaub ich gesehen vor so 2 Wochen im grässlichen Babywalz. Wollte dir Hallo sagen, hab dann gedacht, nee sie kennt dich doch gar nicht :-))

    So. Das musste jetzt mal raus.
    Ich wünsche dir viel Kraft für die Geburt und gaanz viel Liebe für euch alle drei.

    Und wenn du mal Lust hast auf ein gemeinsames auskotzen oder so, mit Menschen die auch Babys und ähnliche Probleme haben, melde dich, wir wohnen in derselben Stadt :-)

    • Futterstall sagt:

      Späte Antwort, aber: Genau so sieht es bei uns im Leben aus, hätte ich fast alles genauso schreiben können wie Du und es tut gut, das mal von jemand anderem zu lesen :-D.

      Mich interessiert: wie ist das jetzt, 3 Jahre später bei euch? Ich werde v.a. von älteren Kindern am Spielplatz gefragt, sobald sie den Namen meines Kindes hören: „Hää? Ist das ein Mädchen? Wieso sieht’n die aus wie’n Junge?!“ – ich sag dann meist: „Hm, ich finde ja, x sieht aus wie ein Kind…“ Aber es wird immer schwieriger.

  14. Kat Harina sagt:

    Als ehemalige „Tomboy“ aus einer Zeit, als es das noch gar nicht gab, habe ich den Eindruck, auf das Thema recht sensibilisiert zu sein.
    Aber ich muss zugeben: hätte ich eine Tochter, Wäre es für mich wahrscheinlich einfacher gewesen, die ganze Palette an Möglichkeiten offen zu lassen. So aber, als Mutter eines Sohnes, erwische ich mich ab und an selber wie ich ihm sage „nein, das kannst du nicht machen“ wenn er etwas auswählt, das ihm gefällt – und das etwas zufällig pink mit Glitzer ist. Ich muss mich da echt zusammenreissen, nicht ständig seine Möglichkeiten einzuschränken.

    Aber grundsätzlich bin ich der Meinung, man nimmt dieses Geschlechter-Gender-Zeugs einfach viel zu ernst: Entweder weil man eine „echte Frau“, ein „echter Mann“ sein will oder sich gerade absichtlich davon abheben möchte. Aber einfach sich selber sein und dem Geschlecht die Wichtigkeit geben, die es eigentlich verdient hätte (irgendwo zwischen Ohrenform und Schuhgrösse auf der Prioritätenskala), ist manchmal unendlich schwer.

  15. Antje Schrupp sagt:

    Mir fällt grade auf, dass es ja noch komplizierter ist, denn wie das Kind später einmal die Frage, „was“ es ist, beantworten wird, spielt sich ja auch nicht im luftleeren Raum ab, sondern wird maßgeblich davon geprägt, wie die Welt drumherum Begriffe wie „Mädchen“, „Junge“ usw. definiert, beschreibt, und welche Möglichkeiten für das „Mädchensein“, „Jungesein“, „was anderes sein“ angeboten und vorgelebt werden.

    Ganz abgesehen davon, dass es eigentlich, um mit Hannah Arendt zu sprechen, viel interessanter ist, „wer“ diese Person einmal sein wird, als „was“ sie ist.

  16. pitz sagt:

    Ich habe es mir bei beiden Kindern gewünscht, das Geschlecht vor der Geburt zu wissen – einfach, um überhaupt etwas über diesen Menschen zu wissen, den ich da im Bauch herumtrug. So, wie ich auch wissen wollte, ob genügend Ohren und Nieren und Milze dran und drin sind. Bei dem größeren Kind erfuhren wir das Geschlecht dann wirklich erst kurz vor der Entbindung. Es hat sich komisch angefühlt zu sagen: „es ist ein Junge/ein Mädchen“, „ich werde es ‚er‘ bzw. ’sie'“ nennen. Sehr fremd und ungewohnt. Ich hatte nicht das Gefühl, durch das Geschlecht etwas wesentliches (im Wortsinne) über diesen Menschen erfahren zu haben. Aber ich fand die Orientierungshilfe, die mir durch das soziale Konstrukt gegeben wird, ganz gut. Ich verstehe Geschlecht als Identifikationsangebot, das man so oder so annehmen oder ausschlagen kann. Ich will es aber auch immer wieder hinterfragen, indem ich beim Nachdenken und Schreiben über die Kinder das Geschlecht bewusst ausspare.

    Beim zweiten Kind „wusste“ ich das Geschlecht, bevor ich mir auch nur sicher war, wirklich schwanger zu sein (und lag damit auch richtig). Der Übergang von dem Moment, an dem das Kind nur-Baby ist, bis ich es Junge/Mädchen nannte, war aber auch wieder seltsam und fremd und hatte wenig mit dem Menschlein zu tun, dass ich vor mir hatte. Ich wurde während beider Schwangerschaften oft gefragt, „was“ es denn werde, komischer hat es sich angefühlt, das nicht gefragt zu werden. Als würde sich das Gegenüber gar nicht für das Baby interessieren. Gleichzeitig hat es mich irritiert, wie sehr ich diese Frage erwarte und als eine gewisse Aufmerksamkeit mir gegenüber verstand. Neben den anderen Übergriffigkeiten, die ich in der Zeit erlebt habe (Bemerkungen über meine Figur, mein Essen bis hin zum ungefragten Bauchgetatsche fremder Leute), fand ich die Frage nach dem Geschlecht aber nicht schlimm oder anmaßend, zumal oft im gleichen Atemzug gefragt wurde, ob es mir und dem Baby gutgehe, also gesundheitliche Dinge gefragt wurden.

    Die Namen der Kinder sind eindeutig dem jeweiligen Geschlecht zuordenbar, was ich sogar ziemlich gut finde, obwohl diese Überlegung während der Namenswahl eine kleinere Rolle spielte. Bei einem Namenspaar wie Simon/Simone wäre ich eher an die aktuelle bipolare Konsumlandschaft erinnert, die für beide Geschlechter alle Spielzeuge in rosa und hellblau gegendert bereithält.

    Vielen Dank übrigens für den schönen, offenen Text!

    pitz via http://pitztagebuch.wordpress.com/

  17. Barbamolle sagt:

    Ich bitte nur um ein wenig Nachsicht!

    Ich verfolge die Genderthemen im Netz sehr interessiert und habe in den letzten Jahren schon viel dazugelernt. Zusätzlich kann ich einiges auch mit meinen Erfahrungen verbinden, da ich die komplette Kindheit durch für einen Jungen gehalten wurde, obwohl ich mich heute als Frau fühle. Trotzdem ist es mir passiert: Ich habe eine Frau auf dem Spielplatz gefragt, was das Geschwisterchen denn wird – und wollte mir im selben Moment schon auf die Zunge beißen. Die andere Frau druckste dann auch rum, ich dachte „ah toll, sie haben es so wie wir gemacht und wollten es vorher gar nicht wissen“, aber sie war dann doch noch einen Schritt weiter: „Es ist doch gar nicht so wichtig, was es wird.“ Oha, ja klar. Ich habe mich dann entschuldigt und gesagt, es sei einfach nur so eine dumme Smalltalk-Frage gewesen, die mir rausgerutscht sei. Und ich war sehr froh, dass sie so freundlich geblieben ist. Wir konnten uns danach noch gut unterhalten und ich fand’s sehr spannend.

    Was ich sagen will: Mir ist es passiert, obwohl ich mich dem Thema schon zugewandt fühle. Andere haben sich noch nicht so viel damit beschäftigt. Ich finde es schön, wenn man, obwohl die Frage zum 1000. Mal kommt, freundlich bleibt.

    Zu Deinen Fragen: Beim ersten Kind wussten wir das Geschlecht nicht und haben nach der Geburt erst mal gekuschelt und dann doch neugierig nachgeschaut. Bei der zweiten Schwangerschaft ist es einer Ärztin beim Ultraschall rausgerutscht: „Da ist ein Hoden.“

  18. spicollidriver sagt:

    Ich bin jetzt nicht soo tief in diesen ganzem „Geschlechtsthema“ drin. aber wird nicht im Regelfall zwischen sex und gender unterschieden? ersteres würde sich doch für einen aktuellen Stand schon vergleichsweise eindeutig bestimmen lassen.

    ich würde als Laie erstmal davon ausgehen, daß es unter den momentanen Rahmenbedinungen ja einen Grund hat, warum viele Menschen, die sich einem anderen „sozialen Geschlecht“ zugehörig fühlen, auf Dauer auch ihren Körper dem gefühlten Geschlecht „angleichen“ wollen.

    demzufolge wäre an der Feststellung „es ist ein Junge!“ oder „es ist ein Mädchen!“ doch gar nichts „schlimmes“. solange man dem Kind die Möglichkeit einräumt, sein soziales Geschlecht so weit wie möglich (auch hier: momentane Rahmenbedingungen) selbst zu erforschen und zu finden.

    (wie gesagt, falls ich hier quasi gerade einen gerade „Denkfehler“ begehe, bitte feedback :D )

  19. yckselle sagt:

    Sag doch einfach: es gibt viele verschiedene Leute mit Penissen und Du kannst Dir aussuchen, was Du für einer sein willst. Auch ein Dreijähriges kann so verstehen, dass das vielfältig sein kann… Und ist vielleicht dankbar für Offenheit. Später einfach mal hin und wieder zur richtigen Zeit Zukunftsvisionen für verschiedene Lebensentwürfe einfließen lassen: „F a l l s Du mal Kinder haben solltest…“, „Vielleicht tust Du Dich ja mal mit einem Mann zusammen“, „Vielleicht hast Du ja mal mehrere Partner die Dich lieben“. Wege abseits des ‚leitkulturellen Labelings‘ aufzeigen schadet der Entwicklug von geistiger Offenheit sicher nicht.

  20. Mama Hatschi sagt:

    Ich bin zwar schon etwas spät dran – aber dies ist wirklich ein schöner emotionsgeladener Artikel. Ich kann mir gut vorstellen wie dir um dieses Thema die Gedanken in der Schwangerschaft geradezu durchbrennen… Ich finde es auch wirklich sehr spannend. Wie die meisten anderen bereits sagten versuche auch ich meine Tochter geschlechtsneutral zu erziehen, mit noch nicht zwei ist die rosa Phase noch nicht aktuell und ich fürchte mich schon sehr davor, aber mal schauen, ob es überhaupt so kommt. Es werden immer wieder Untersuchungen bestätigt in denen sich herausstellt, dass Mädchen und Jungen unterschiedlich sind, egal wie sie erzogen werden oder unabhängig davon welche Vorbilder sie ständig um sich haben, ob unterschiedlich geschlechtliche Eltern, zwei Mütter oder zwei Väter. Daher müssen wir unsere Kinder ihre Orientierung selbst finden lassen und ihnen möglichst viel Freiraum dazu geben, auch wenn das sehr schwer fällt. Allerdings sollten wir es ihnen auch nicht zu schwierig machen, sich als ein bestimmtes Geschlecht zu bezeichnen oder zu präsentieren. Dass die Geschlechtsorientierung meistens auch dem sichtbaren Geschlecht entspricht (wahrscheinlich ist das nicht korrekt ausgedrückt – sorry dafür) ist nun mal so und der Weg es wahrzunehmen, dass man sich anders fühlt und das auch durchzusetzen ist leider irre schwer. In der Gesellschaft insgesamt muss sich noch so viel ändern bezüglich der Gleichstellung der Geschlechter und wir müssen weiter daran arbeiten.

  21. Nordendfrau sagt:

    Ich habe auf die blöde Frage gesagt: „Es wird ein Baby, hoffentlich kein Wurf Cocker Spaniel. Könnte man meinen bei dem Hunger, den ich habe!“ Punkt, Ende, aus. Die meisten heben dann gemerkt, dass die Frage doof ist, nervt und irgendwie irrelevant ist.