Die „heile“ Welt von Janosch, Conni & Co. – und warum ich sie meiner Tochter nicht zumute

CC-BY , by @leitmedium

Dies ist ein Beitrag aus unserer Rubrik kleinergast, in der wir alle Gastartikel veröffentlichen. Dieses Mal kommt er von Leitmedium.

Leitmedium ist parteiloser Postprivatier. Lebt in heteronormativer Beziehung mit @fraumierau und zwei Kindern in Berlin. Macht was mit Medien, Promotion und @popcorn_piraten.

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Vorlesen. Das ist eine dieser Tätigkeiten, zu denen ich als Vater einer vierjährigen Tochter eine Art Hassliebe habe. Das Ritual an sich ist schön: Jeden Abend gibt es zum Einschlafen ein Kapitel oder ein kleines Büchlein vorgelesen. Selbst mein sieben Monate alter Sohn hört auf seine Weise aufmerksam zu und schläft nicht selten dabei ein. Soweit zur Liebe. Schwierig wird es bei der Auswahl der Texte.

Frühes 20. Jahrhundert: Die Großen Abenteuer des Kleinen Ferdinand

Eigentlich hatte ich aus meiner DDR-Kindheit Unmengen an Kinderbüchern aufgehoben. Wie habe ich mich darauf gefreut, endlich „Die Großen Abenteuer des Kleinen Ferdinand“ vorlesen zu können. Kurzweilige Geschichten einer lustigen Ameise hatte ich in Erinnerung. Bis ich mich dabei wiederfand, große Teile des Buchs zu überspringen, um nicht ein verstörtes Kind im Bett zu hinterlassen. Ich rede nicht von den wenig subtilen Anspielungen auf Zucht und Ordnung oder die vielen kleinen und großen Gewaltausbrüche. Verstörend war viel mehr die „Liebesgeschichte“: Ferdinand Ameise machte der Käferdame Fräulein Siebenpunkt Avancen. Diese erwidert sie zunächst, nutzt ihn aber angeblich durch das Einfordern von Geschenken ohne Gegenleistung aus. Als Ferdinand ihr aus Versehen unsanft auf die Schulter klopft, beginnt sie zu schreien und akzeptiert aus Erzählersicht unverständlicher Weise keine weitere „zarte“ Berührung:

Einen Augenblick überlegte er, dann näherte er sich ihr leise von hinten und klatschte ihr – patsch! – kameradschaftlich auf den Rücken, daß es knackste. Na, diesen Einfall hatte ihm der Teufel selbst eingeflüstert! Siebenpunkt fing an zu schreien und zu weinen, als ob sie am Spieß stäke. Und wie sie dabei auf Ferdinand schimpfte! »Du widerwärtiger Bengel, Du Schmutzfink, ich mag Dich überhaupt nicht sehen! Mach, daß Du fortkommst!« zeterte sie so laut, daß die Mücken, Käfer, Wasserreiter und Wasserjungfern zusammenflogen. Ja sogar dem Käfer Tolpatsch verschlug es die Sprache. Als er merkte, daß Ferdinand in der Patsche saß, machte er sich flink aus dem Staube.

Ferdinand war ganz unglücklick. So hatte er es doch nicht gemeint! Er wollte Siebenpunkt alles erklären und berührte zart ihre Hand. Da fing sie sofort wieder zu schreien an, als hätte er ihr fürchterlich weh getan! »Hilfe! Hilfe! Rettet mich!«

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Soll ich meiner vierjährigen Tochter wirklich vorlesen, dass sich Frauen doch nicht so haben sollen? War ja lieb gemeint – da kann man eine zarte Berührung als Entschuldigung schon mal aushalten? So, wie ich wert drauf lege, dass sie niemandem einen Kuss geben muss („Jetzt gib dem Onkel doch mal ein Küsschen!“) und auf niemandem Schoß sitzen muss, wenn sie nicht will, möchte ich auch mit solchen zunächst harmlos wirkenden Texten nicht das Weltbild prägen. Denn das tun Kindergeschichten: Sie arbeiten mit am Bild über der Welt, das unsere Kinder vermittelt bekommen.

In der Folge von unsanfter und sanfter Berührung wird Ferdinand verhaftet und nach heuchlerischen Aussagen eines hinterhältig dargestellten Fräuleins Siebenkäfer zu 25 Schlägen auf einer Bank verurteilt [sic], vor denen er sich durch Flucht unter Mithilfe seiner Freunde entzieht. Die männlichen Freunde halten hier alle selbstverständlich zusammen gegen das eine weibliche Wesen.

Mitte bis Spätes 20. Jahrhundert: Janoschs Kinderbücher

Nun hat Ondřej Sekora das tschechische Original „Ferda Mravenec“ bereits in den 1930er Jahren veröffentlicht, das deutsche Buch erschien in den 1960ern. Anderes Jahrtausend, andere Generation, anderer Kulturkreis – mag man meinen. Doch gehen wir ein Stück weiter. Jahrzehnte nach Ferdinand Ameise gehörten die liebevoll gestalteten Janosch-Bücher zum Standard der Kinderliteratur. Die Bücher sind sprachlich hervorragend, die Bilder eine Freude. Und doch, wenn man wirklich genau liest, fällt einem ein merkwürdiger Umgang mit Frauen auf, der sich wie ein roter Faden durch Janoschs Geschichten zieht: Bei Janosch gibt es nur männliche Helden: kleiner Tiger, kleiner Bär, Günter Kastenfrosch, usw. – die Frauen sind stets Beiwerk.

Da ist zum Beispiel noch recht unverfänglich „Maja Papaya“ mit rothaarigem Zopf und Minirock, die perfekt zwischen Tiger und Bär passt:

Als der kleine Tiger von so viel Arbeit müde war, legten sie sich ins Bett. Maja Papaya in die Mitte. Mädchen müssen warm liegen, sie haben noch kein Fell.

Oder die Geschichte von Papa Löwe. Dessen Frau erscheint zunächst als überraschendes Beispiel einer arbeitenden Frau. Papa Löwe hütet die Kinder, Mama Löwe ist „Chefin Nummer Eins“ im Büro. Doch letztlich wird nur betont, dass ein Vater die Mutter ersetzen kann, diese aber nur auf ihr eigenes Leben bedacht ist. Es wirkt fast wie ein anti-emanzipatorischer Text und man wundert sich, dass statt „Löwenmutter“ nicht „Rabenmutter“ geschrieben steht:

»Ruf mich doch mal an, Irmchen«, rief der Löwenpapa aus dem Fenster, »damit ich weiß, dass du mich liebst.«.
»Keine Zeit«, rief die Löwenmutter. »Und mach du mir bloß die Kinder glücklich, so als wärst du die Mutter selber, hörst Du, Walter? Damit sie lustig und froh sind«. »Na klar«, sagte der Löwenpapa, »ein Vater ist doch genauso gut wie eine Mutter.« Da hat er Recht.

[…]

Morgen wird ein neuer Tag kommen, die Mutter wird ins Büro fahren, und der Löwenpapa wird uns alle glücklich machen. Und genau so muss das Leben sein, liebe Eltern, merkt euch das!

Und wofür sind die Frauen in Janoschs Büchern sonst da? Zum Beispiel zum übergriffigen Küssen in Massen:

Nach der Schule aber erkannten die Mädchen den kleinen Tiger an seinem Schwanz.
Eine hat ihn gefangen, eine hat ihn festgehalten, und alle haben ihn geküsst.

Jeder Kuss so groß wie eine Kirsche.

Wer kann hier die Mädchen und wer kann die heißen Küsse zählen? Hinschreiben! Zur Erinnerung an die heiße Kusszeit.

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Den Gipfel bildet wohl die Geschichte „Guten Tag, kleines Schweinchen“. Das kleine weibliche rosa Schweinchen, dessen Symbolik mit dem Zaunpfahl winkt, drängt sich in die Freundschaft vom kleinen Bären und kleinen Tiger, die daran fast zerbricht. Das Schweinchen nutzt den kleinen Tiger aus, lässt sich lasziv, ja fast obszön, auf dem Bett sitzend bewirten. Später verleugnet es den kleinen Tiger, um den kleinen Bären ins Haus zu locken:

Als er beim kleinen Schweinchen vorbeigekommen war und gefragt hatte: »Hast Du den Tiger gesehen?«, sagte es: »Was für einen Tiger, welchen denn, ich kenne keinen Tiger.«
War gelogen, klar. Wir wissen das. Und es rief:

»Ach komm doch herein, Bär, ich back Dir einen Kuchen.«

Man kann schwer in Worte fassen, wie sehr die Geschichte in ihrem Zusammenspiel von Text und Bild wirkt. Man kommt schwer umhin, eine Anwiderung gegenüber Frauen wahrzunehmen. Die Erkenntnis, dass Janosch-Geschichten und besonders die Geschichte von kleinen Schweinchen von Sexismus durchdrungen sind, ist nicht neu. In der Buchbeschreibung zu Helena Grafs „Kritischer Blick auf eine Janosch-Kinderbuchgeschichte und auf Werbestrategien in den Medien“ heißt es:

Eine Kinderbuchgeschichte von Janosch, die ihre Aufmerksamkeit gewann („Guten Tag kleines Schweinchen“), musste aber vom Unterrichtsplan gestrichen werden, weil darin zu deutlich sexistische Darstellungsweisen im Mittelpunkt standen.

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Unkritischer Umgang mit historischen Kinderbüchern

Es stellt sich generell die Frage, inwiefern ein kritischer Umgang mit historischen Kinderbüchern wichtig ist. Gerade erst lief eine Debatte über den weiteren Gebrauch von problematischen Begriffen. Diese Diskussion entfachte sich an klaren Kritikpunkten, da die strittigen Wörter einzeln benennbar sind. Doch wie steht es um eine inhaltliche Auseinandersetzung mit Kinderbüchern, wenn man vom Gebrauch einzelner Worte absieht?

Das kritische Hinterfragen einer Handlung ist weniger scharf zu umreißen, aufwändiger und wenn man ehrlich ist, bei Kinderbüchern nicht gerade ein attraktives Diskussionsthema. Doch es geht darum, wie wir Kindern ihre Umwelt vermitteln und man sollte sich davor hüten in retrospektiver Erinnerung zu schwelgen und über verstörende Elemente hinwegzusehen. Wenn einen das Gefühl beschleicht, eine Geschichte sei irgendwie nicht gut, sollte man sie einfach nicht vorlesen. Und das gilt sogar für Grimms Märchen. Die gehören zwar zu unserem Kulturerbe, sind aber sicher nicht Pflichtlektüre im Kinderzimmer. Brennende Hexen, tödliche Schwiegermütter, zu neugierige und sterbende Frauen können auch später noch rezipiert werden.

Spätes 20. Jahrhundert bis heute: Conni

Verlassen wir die 1960er bis 1990er Jahre. Janosch-Bücher sind zwar auch heute noch in Buchläden zu finden, viel präsenter sind jedoch andere Reihen. Quasi omnipräsent sind die „Conni“-Geschichten. Die seit zwanzig Jahren stetig erweiterte Reihe durchdringt den Markt von ersten Vorlesebüchern bis zu Pubertäts-Romanen, Hörbüchern und DVDs.

Die meisten Conni-Bilderbuchgeschichten sind gleich gestrickt. Das blonde Mädchen Conni „mit der Schleife im Haar“ erfährt etwas Neues und möchte oder muss es meistern: ein Musikinstrument lernen, Backen, Ballettunterricht, das erste Mal zum Friseur gehen, usw. Typischerweise geht es so: Conni besucht eine Ballett-Aufführung und ist ganz verzaubert. Zu Hause versucht sie zu tanzen. Ihre Mutter schickt sie zum Ballett-Unterricht, sie bekommt ein Tutu, steht bald auf einer kleinen Bühne und landet mit einem Foto in der Zeitung.

Das klingt jetzt alles nicht sonderlich aufregend und aufregend ist die Reihe wirklich nicht. Zwar lässt sich schon aus der Themenauswahl ein klassisches Rollenbild ableiten, aber das wäre noch kein hinreichender Anlass für diesen Text. Viel spannender ist die Subtilität, mit der klassische Rollenbilder durch die Bücher vermittelt werden. Einen Aha-Effekt erlebt man, wenn man sich die letzte Seite der Conni-Bilderbücher ansieht. Viele Geschichten enden damit, dass Papa endlich nach Hause kommt und Conni besonders glücklich ist, dass er sie für das neu Erlernte lobt. Hier werden verschiedene Geschichten en passant erzählt. Neben den evidenten, wie der üblichen Arbeitsteilung Haushalt/Familie, wird die Bedeutsamkeit des väterlichen Lobs vor der müttlerichen Freude hervorgehoben. Heft für Heft. Nicht in jedem, aber oft genug, um ein Muster zu sein, das auffällt.

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Fragt man den Carlsen-Verlag nach einen pädagogischen Konzept für die Kinderbuchreihe, bekommt man – immerhin – einen Link auf eine Pressemappe zur Feier von 20 Jahren Conni. Dort erfährt man, dass Anfang der 1990er Jahre die 1957 geborene Lehrerin Liane Schneider ein erstes Manuskript für eine Conni-Geschichte einsandte. Und diese Prägung – geboren in den 1950er Jahren – merkt man den Conni-Geschichten an. Es stießen weitere Autorinnen und Illustratorinnen zum Team hinzu. Mittlerweile wurden fleißig mehr als hundert Publikationen veröffentlicht. Der Altersdurchschnitt der Erzählerinnen ist aber durchaus im Rahmen geblieben.

Und so ist es im Gegensatz zu Ferdinand Ameise und Janosch wohl kaum ein Skandal, Conni-Geschichten zu lesen. Bis auf die teils bis zur Schmerzgrenze vereinfachte Sprache in den Texten. Es ist vielmehr die Subtilität, mit der man mit dem Vorlesen von Geschichten seinem Kind ein Rollenverständnis als selbstverständlich darstellt, zu dessen Ablehnung man nicht einmal Feminist sein muss. Ich habe versucht, die Conni-Bücher zu Hause nach und nach verschwinden zu lassen. Sie sind weder literarisch noch inhaltlich wertvoll. Kinder lieben sie, weil sie eines richtig machen: Sie erzählen Alltagsgeschichten. Aber dieser Alltag ist nicht gut.

Er ist nicht gut, weil er eine heimelige Welt suggeriert, in der das artige, blonde Mädchen Conni – mit der roten Schleife im Haar – sich von Erfolg zu Erfolg kämpft und insbesondere auf väterliches Lob bedacht ist. Ihre Welt hat eine Katze, später ein Geschwisterkind und einen Vorgarten und natürlich meistert die brave Tochter alle Herausforderungen vom Ballett bis zum – es darf auch mal etwas ganz Verrücktes sein! – Fußball alles. Diese bunte heile Welt fühlt sich zunächst gut an. Aber sie suggeriert einem Kind, dass es nicht nur alles schaffen kann, sondern auch muss. Conni tut es auch. Und sie vermittelt in feinster Subtilität ein abgestuftes Belobigungssystem, bei dem der weitgehende Vater das Ziel der Bemühungen ist.

Ein Wunsch

Diese Kritik ist keine Forderung nach Kinderbüchern, in denen Mädchen mit blonden Haaren und roten Schleifen sich beim Ballett den Knöchel verstauchen, die Musikschule einfach wieder sein lassen und vierundzwanzig Stunden am Tag von ihrem Vater betreut werden. Aber es ist der Wunsch nach einer gesunderen Mischung aus Realität und Utopie, so paradox das klingen mag. Es wäre schön, auch in vorgelesenen Alltagsgeschichten von Fehlschlägen und dem Umgang damit zu berichten. Und auch der Vater darf ruhig mit der Tochter zum Friseur gehen und die Mutter beim Fußball mal im Tor stehen. Das tut gar nicht weh – auch nicht den älteren Frauen, die die Kinderbuchreihe pflegen. Dafür wären es ehrlichere und modernere Alltagsgeschichten.

Welche, bei denen man sich nicht schämen muss, wenn man sie vorliest.

52 Antworten zu “Die „heile“ Welt von Janosch, Conni & Co. – und warum ich sie meiner Tochter nicht zumute”

  1. Alice sagt:

    Noch schlimmer: Lauras Stern ! Echt cool: Mark Twain: Literarisch, inhaltlich und zum Viel drüber reden…

  2. Soph2000 sagt:

    Wie passt es eigentlich zusammen, dass das Vorlesen dieser Bücher so schlimm für die Rollenbilder meines Kindern ist, dass unsere Generation, die mit diesen Büchern aufgewachsen ist (je nachdem ob Ost/West eventuell etwas anders, aber ignorieren wir das mal), trotzdem jetzt die ist, die dieses ganze Rollenverhältnis permanent in Frage stellt? Warum hat Sie das lesen dieser Bücher nicht so sehr versaut, dass wir uns damit abfinden, dass alles ist wie es ist?

    • map sagt:

      „Uns hat das auch nicht geschadet“ halte ich nicht für eine produktive Herangehensweise. Zumal das ja auch eher nur so halb stimmt, wenn man guckt wie verbreitet Sexismus immer noch ist.

      • sn sagt:

        „‚Uns hat das auch nicht geschadet‘ halte ich nicht für eine produktive Herangehensweise“ halte ich nicht für eine konstruktive Reaktion auf eine durchaus auch anders zu deutende Frage. Vorlesen ist keine Einbahnstraße, sondern Teil einer Auseinandersetzung mit der Welt an sich, erst recht, wenn Kinder geschilderte Welt und ihren Alltag unterschiedlich erleben.

        Kinderbücher sind keine Präskription und Kinder sind nicht bescheuert. Sie identifizieren sich, aber wissen wohl, dass Conni jemand anderes ist als sie selbst. Und sie erleben in ihrem Alltag verschiedenste Familientypen. Vorleben, mitnehmen und erklären halte ich da für sinnvoller als zu monieren, dass Connis Familie ein durchaus noch verbreitetes Rollenbild lebt. Und wenn es mittendrin „Wenn einen das Gefühl beschleicht, eine Geschichte sei irgendwie nicht gut, sollte man sie einfach nicht vorlesen.“ heißt… ist dann im Grunde nicht alles gesagt? Gibt es denn keine Alternativen?

    • Wolfgang Mederle sagt:

      Unsere Generation stellt sicher nicht zur Gänze die traditionellen Rollenbilder in Frage. Ein Blick aus der Filterblase hinaus kann heilsam sein. Die Realität ist, daß ich der einzige Papa im Kindergarten-Elternbeirat bin, und der einzige, der sein Kind in der Eingewöhnungswoche begleitet hat, und es gibt keinen einzigen männlichen Erzieher dort, obwohl das gewünscht wäre, aber man findet keinen.

      Sicher ist es kein Problem, wenn das Kind vereinzelt mit Geschichten voller Klischeerollen konfrontiert wird. Aber wenn die Ausnahme die Regel wird, ist das schon eins.

  3. Sabine sagt:

    „Kurzweilige Geschichten einer lustigen Ameise hatte ich in Erinnerung.“

    Sagt eigentlich schon alles. Es ist ziemlich weit hergeholt zu glauben das Kinder alle Geschichten nur so sexistisch wahrnehmen und die Rollebilder übernehmen.

    • map sagt:

      Meines Wissens funktioniert Prägung ohne aktives Erinnern. Ich denke da gibt es in der pädagogischen Forschung bestimmt viel interessantes zu lesen.

  4. Kat Harina sagt:

    Schöner Text, danke.

  5. kmohrf sagt:

    kritisch-lesen hat im januar kinderbüchern eine ausgabe gewidmet:
    http://www.kritisch-lesen.de/ausgabe/alternative-kinderbucher

    • sn sagt:

      Sehr schöner Link, vielen Dank.

    • Robin Urban sagt:

      „Schade ist, dass bei der Vielzahl von Abbildungen nur einmal die Gelegenheit genutzt wird, eine Person Of Colour darzustellen und Menschen mit (sichtbarer) Behinderung überhaupt nicht vorkommen. Auch wenn es nicht wünschenswert ist, anhand einer Checkliste sämtliche gesellschaftliche Normen im zentralen Handlungsstrang abzuarbeiten, so wäre es doch erfrischend gewesen, wenn mit derselben lockeren Selbstverständlichkeit wie in Bezug auf Gender und Sexualität behandelt werden auch andere Kategorien zumindest im Hintergrund vorkämen und somit zu einer Sichtbarkeit dieser beigetragen würde.“

      Das steht unter http://www.kritisch-lesen.de/rezension/coole-madchen Genau das ist es, was ich befürchte. Es wird zwar eine „Checkliste“ abgelehnt, aber im Grunde soll man eben doch eine Checkliste neben sich haben, wenn man so ein Buch schreibt. Genau das meine ich mit „es niemanden Recht machen können“.

  6. Robin Urban sagt:

    Ganz früh gab es bei mir den Struwwelpeter zu lesen. Ich konnte die Geschichten mit vier Jahren sogar auswendig (teils sogar heute noch). Die Geschichten sind brutal, in ihrer Moral definitiv veraltet – und literarisch höchstansprechend. Ich würde es meinem Kind jederzeit vorlesen, solange ich merke, dass es damit klar kommt.

    Man muss sich nur mal ein Kinderbuch vorstellen, das sämtliche Gruppen berücksichtigt, es allen Recht machen will. Das ist schlichtweg nicht möglich. Müssen wir sogar schon das Kinderzimmer so politisieren? Und was für einen Stellenwert haben Kinderbücher in der Erziehung, wenn man als Elternteil seinem Kind eine tolerante, gleichberechtigte Weltsicht vorlebt?

    Auch ist einiges Sache der Interpretation. Beispiel Conny, jetzt nur mal ausgehend von dem, was hier kritisiert worden ist (ich habe es nämlich nie gelesen): Von Leistungsstreben, praktisch „Funktionieren“ und eine Legitimierung durch das väterliche Lob ist hier die Rede.
    Ist es nicht vielleicht eher möglich, dass die Autorin Mädchen vermitteln wollte: „Du kannst alles schaffen, was du dir vornimmst, ohne Einschränkungen!“? Und steht der Papa nicht vielleicht stellvertretend für die männliche Akzeptanz von Connys praktisch emanzipatorischen Bemühungen? Könnte man das nicht auch so interpretieren: „Kuck mal, dein Papa findet es super, wenn du dir deine Träume erfüllst! Starke Männer haben keine Angst vor starken Mädchen und ihrem Erfolg! Lass dir von niemanden was anderes einreden!“

    Gerade bei Conny kommt es mir vor, als würde hier nur mit aller Gewalt nach negativen Dingen gesucht. Dafür findet etwas wie „Prinzessin Lillifee“ überhaupt keine Erwähnung.

    • Caspar C. Mierau sagt:

      Zu Prinzessin Lillifee kann ich leider nichts schreiben, weil sie nicht bei uns im Regal steht. Ich habe diesen Text als Vater einer Tochter geschrieben und eine historische Entwicklung ausgearbeitet, deren aktuellen Status ich in einer gewissen Subtilität ausmache. Da ist es gerade wichtig nicht über eklatantes Rosa zu schreiben, sondern sich zum Beispiel mit einer erfolgreichsten Kinderbuchserien auseinanderzusetzen. Eine Serie, die eben von sich selbst sagt „Normalität“ vermitteln zu wollen. Es ist durchaus legitim, diesen Normalitätsbegriff zu kritisieren. Da die Autorinnen selbst hauptsächlich aus dem 1950er (bzw. zeitlich darum) stammen, ist die vermittelte Normalität dann auch wenig überraschend.

      Ich würde meiner Tochter derzeit nicht den Struwelpeter vorlesen. Kinder zwischen drei und fünf Jahren sind typischerweise in der magischen Phase (http://www.kindergesundheit-info.de/themen/entwicklung/entwicklungsschritte/geistige-entwicklung/magische-phase/) – ein aus meiner Sicht absolut ungeeigneter Zeitpunkt, Literatur zu präsentieren, zu der man einen gewissen Abstand halten sollte.

      • sn sagt:

        Die „magische Phase“ wäre für mich ja das viel stärkere Argument gegen Conni als ihr Rollenmodell oder ihr Normalitätsbegriff. Hochfunktionale Alltagsprosa, die nicht den kleinsten Zauber kennt. Das Gegenteil des in den letzten beiden Absätzen des Linktexts Empfohlenen… oder?

      • Robin Urban sagt:

        Mit der Lillifee hast du schon Recht. Etwas, was so eindeutig blöd für kleine Mädchen ist, muss man eigentlich nicht besprechen, da springt einem ja das Label „schlechtes Vorbild“ praktisch ins Gesicht. Nehme ich also zurück.

        Normalitätsbegriff: Auch hier stimme ich dir bis zu einem gewissen Grad zu. Doch es ist eine Sache, ob man die Normalität kritisiert, wenn sie als einzig mögliche Form dargestellt wird, oder soweit dekonstruieren will, bis die Norm (und sorry, aber die meisten Menschen sind halt z.B. heterosexuell und damit „Norm“. „Norm“ ist keine Wertung im Sinne von gut oder schlecht, sondern zeigt lediglich Relationen auf („am meisten verbreitet“)) überhaupt nicht mehr vorkommt.

        Was ich mich auch frage: Müssen Kinderbücher immer erzieherisch daher kommen? Reicht es nicht, wie das bei Erwachsenen auch oft der Fall ist, einfach gut unterhalten zu werden? Oder bei etwas älteren Kindern: Ist es nicht schön, dass sie überhaupt was lesen?

        Struwwelpeter: Definitiv nicht für jeden was. Es ist Sache der Eltern abzuwägen, was sie ihrem Kind zumuten können und was nicht. Manch ein Kind mag mit sowas aber gar keine Probleme haben.

        • Sereni sagt:

          Auch wenn’s komisch klingt – Lillifee hat in ihren Geschichten mehr von einer echten Kämpferin als Conni. Ich finde die Geschichten gar nicht soo übel, und ich bin sonst auch eher kritisch.

          • plastikstuhl sagt:

            Musste mal bei einer Lillifee-CD lachen, weil sie da von einer anderen Figur kritisiert wurde: „Du interessierst dich ja gar nicht dafür, wie es deinen Freunden geht, sondern willst ja immer nur alles rosa zaubern.“ :D

  7. D. Reith sagt:

    Hallo,

    erstmal danke für den anregenden Artikel. So weit finde ich das eine interessante Betrachtungsweise, möchte dennoch 2 Dinge anmerken die ich anders sehe.

    1: Ferdinand wird hier, so wie ich das hier lese, eine sexistische Intention unterstellt. Das finde ich etwas unangebracht das es Kindern wohl kaum um Sex oder Statusspiele geht.

    2: Nehmen wir ein anderes Beispiel. Übergriffig wären ja auch z.B. Klingelstreiche. Ein Klingelstreich könnte z.B. als aufdringlich und störend wahrgenommen werden.

    3: Eure Lösung in Erziehungsfragen wäre, so wie ich das interpretiere, eine rigeroße Ordnungspolitik wie im Buch vorgeschlagen? Das fände ich schade. Ich denke diese Lösung würde den autoritären Staat vorschub leisten, und zweitens denke ich wäre besser wen man andere Umgangsformen kultivieren würde. Da ich das Buch aber nicht kenne, weiß ich nicht was der Autor dazu schreibt.

    Vielen Dank fürs lesen, und schönen Feiertag.

    • Caspar C. Mierau sagt:

      Es ist natürlich richtig, dass „es Kindern wohl kaum um Sex oder Statusspiele“ geht. Sie hören zu. Aber man vermittelt Ihnen mögliche Verhaltensmuster und Normalitätsbegriffe. Wenn ich einem Mädchen immer wieder (und Kinderbücher müssen immer und immer wieder vorgelesen werden) vortrage: Der Ferdinand hat sie aus versehen gehauen, da soll sie sich nicht so haben, wenn er sie danach auch noch streicheln will – welche Normalität vermittle ich da?

      Es gibt natürlich auch andere in Büchern vermittelte Verhaltensmuster, deren Vermittlung man hinterfragen kann. Ob der Klingelstreich jetzt dazu gehört, weiß ich nicht ;)

      Den Hinweis mit den autoriäteren Staat verstehe ich nicht ganz, würde aber mal pauschal sagen: Nein. Nein, der kritische Umgang mit Literatur schafft keinen autoritären Staat.

      • D. Reith sagt:

        Nun ja, es ist ja nicht so das dort gezeigt wird das es für Ferdinands verhalten keine Konsequenzen gibt.

        • Wie einfach man die ganze Problematik dieser Szene und ihrer unterschiedlichen Rezeption doch entschärfen könnte, indem auch Käferfrau Siebenpunkt Gelegenheit bekommt, aus ihrer Perspektive zu berichten.
          Ich glaube, auch die Kleinen könnten Geschichten aus der Sicht mehrer Personen durchaus verkraften – zappen gehört sowieso zum Leben…

      • Bernd sagt:

        „Der Ferdinand hat sie aus versehen gehauen, da soll sie sich nicht so haben, wenn er sie danach auch noch streicheln will – welche Normalität vermittle ich da?“

        Öhm, die „ganz normale“ Normalität?!

        Warum soll sich Ferdinand denn bitte nicht bei ihr entschuldigen dürfen? Das ist mir (zumindest aus dem zitierten Teil heraus) völlig unverständlich.

        Die Käferdame zeigt doch Ihrerseits eine völlige Überreaktion. Die männlichen Freunde halten nicht „selbstverständlich zusammen“, sondern erzählen schlichtweg die Wahrheit. Da muss man jetzt keinen Geschlechterkampf draus herleiten..

        *kopfschüttel*

        • sn sagt:

          Nö. Eine Grenze wurde versehentlich überschritten und das Bitten um Entschuldigung funktioniert nicht, wenn man es durch eine weitere Grenzverletzung, also eine weitere Berührung, kommuniziert. Ich kenne Frau Siebenkäfers „heuchlerische Aussagen“ nicht, aber vielleicht (!) ist die Lehre der Geschichte doch weniger subtil negativ als von @casparcmierau:disqus vermutet.

          Was ich – Stichwort Geschlechterkampf ableiten – hier wie bei vielen sich konkret am Werk abarbeitenden Kritiken nicht verstehe, ist die unbedingte Deutung der einzelnen Geschichte/Situation/Protagonisten als Avatar für eine gesellschaftliche Vorschrift. Das mag beim Struwwelpeter noch gelten, aber aktuell? Bei der Vielfalt an Veröffentlichungen in etlichen Medien?

          Es gibt zu jeder stumpfen Konventionsgeschichte Alternativen, und wenn ich die nur mit in den Semesterapparat stecke und mich als Vorleser nicht auf einen Wiedergabeapparat reduziere, dann haben auch Konventiönchen und streitbare Klassiker ihren Platz. Wobei der Punkt „Wenn einen das Gefühl beschleicht…“ im Zweifel natürlich der wesentliche ist.

  8. Was mich bei den immer wieder auftauchenden Diskussionen ältere Kinderbücher im heutigen Kontext wundert, ist wie heilig diese manchen Erwachsenen doch sind und wie sensibel die immer reagieren, wenn Aspekte daraus kritisiert werden. Als ob es keine Alternativen gäbe, als ob, sobald man den Struwelpeter und die Ameise Ferdinand aus dem Repertoir nimmt, die Möglichkeiten plötzlich völlig erschöpft werden.

    Mich beschleicht immer mehr der Verdacht, dass der Markt an Kinderbüchern immer noch so durchdrungen von Nostalgie ist, weil die Eltern, die nunmal die meisten Kaufentscheidungen bei den Büchern treffen, immer wieder die gleichen Bücher kaufen. Ich hab ja auch nichts gegen die meisten altbewährten Geschichten, die eben noch diesen wohligen Kindheitserinnerungseffekt für die Eltern haben, aber ich finde es mittlerweile viel spannender, mit meinen Kindern zusammen neue Bücher und Geschichten zu entdecken. Und dabei merkt man auch immer, dass der Effekt, dass die Kinder ihre eigene Welt, die sich nunmal zu unserer Kindheit von vor 20 Jahren um einiges verändert, wiedererkennen möchten. Deshalb finde ich den im Text erwähnten Aspekt der „ehrlicheren und moderneren Alltagsgeschichten“ ganz, ganz wichtig. Nicht so sehr dieses heile Welt aufbauen, die uns Eltern diffus an früher erinnert, sondern Geschichten wirklich für die Kinder von heute schreiben. Aber das ganze zu finden in all dem Wust von Nostalgie ist manchmal gar nicht so einfach.

    Connie empfinde ich als Mutti sowieso als eine ziemliche Zumutung, da gehören diese furchtbaren heile Welt Aspekte dazu, aber ich muss auch sagen, ich finde die Geschichten stinkelangweilig. Es gibt keine Konflikte, es plätschert alles so vor sich hin, da hab ich immer das Gefühl, da wird die nächste „Traumschiffgeneration“ vorbereitet.

    Ich plädiere jedenfalls dafür, an die Geschichten, die wir unseren Kindern vorlesen die gleichen Ansprüche zu stellen, wie an die Unterhaltung für uns Erwachsene. Dazu gehört auch, dass nicht einfach und ohne Hinterfragen Klischees reproduziert. werden. Das setzt natürlich auch voraus, dass man diese Unterhaltung auch immer mal hinterfragt und nicht immer mit den gleichen fadenscheinigen Argumenten rechtfertigt.

    • Urgestein sagt:

      Empfiehl doch mal ein paar gute Bücher, ich finde es nämlich gar nicht so leicht welche zu finden. Es gibt extrem viele blöde Kinderbücher.

      • Ich kann da leider auch nicht gerade mit zahlreichen Empfehlungen dienen, weil ich selber viel zu selten gute finde. Besonders in dem Bereich Bilderbücher zum Vorlesen fehlt mir da noch viel. Es gibt die sicher, aber die zu finden ohne vorher endlos zu recherchieren ist nicht so einfach, zumindest hier in unserem provinziellen Buchladen der nur aktuelle Riehen wie Connie und die DDR-Nostalgiebücher auf Lager hat.

        Ich selber mach die Peterson & Findus Vorlesegeschichten gern, weil die so fantasievoll und voller Details sind. Die von Mama Muh finden ich und die Kinder auch immer sehr witzig. Die haben aber natürlich recht wenig Alltagsbezug (und keine weiblichen Bezugspersonen). In dem Bereich hab ich noch kein Buch gefunden, was mir richtig gefällt. Bin da also über Tips auch immer sehr dankbar. :)

        Da finde ich manche Kindergeschichten im Fernsehen jedenfalls wesentlich moderner und tauglicher, auch was das Aufbrechen von Geschlechterrollen angeht. Da habe ich das Gefühl, dass durchaus einige Leute versuchen, da modernere Perspektiven in ihren Geschichten unterzubringen. Aber vielleicht ist das auch nur eine verzerrte Wahrnehmungsperspektive, dass ich es im TV-Programm wenigstens mitbekomme.

      • RT sagt:

        z.B. „Die Schatzhüterin“ von Luisa Francia. Die Autorin hat einige von Grimms Märchen umgeschrieben, das Ergebnis sind hinreißende Geschichten, die mit dem Orginal nicht mher viel zu tun haben.

        Ansonsten: warum nicht die Bücher vorlesen und den Umstand, dass man sich dabei unwohl fühlt und warum kindgerecht erklären? Kinder sind doch nicht blöd, sie sind durchaus in der Lage, Unterschiede zwischen der erlebten Welt und der erzählten wahrzunehmen und genau nach diesen Diskrepanzen auch zu fragen.

  9. plastikstuhl sagt:

    Haaaaach! … Danke für diesen Post. Der fast viele wichtige Argumente sehr schön zusammen.

    Ich habe selbst zwei Kinder (vier und zwei) und Abends lesen wir auch immer vor. (Allerdings werden dass gut auch mal 6-7 Bücher, bevor an Schlaf zu denken ist. :) …). Conni steht auch immer ganz oben auf der Liste, wenn es in der Stadtteilbücherei ans ausleihen geht. Und da fängt das Problem meistens an: soll ich allein in die Bücherei gehen und die Bücher allein aussuchen, oder sagen: finde ich doof, das ist kackscheiße und kommt nicht mit? … Ich hab da für mich noch keinen tollen Weg gefunden. Im Moment behelfe ich mir damit, dass ich die Bücher recht frei Vorlese und zumindest regelmäßig die Papa- und Mamarollen beim lesen tausche und konsequent alles in der *_innen-Form vorlese.

    Auf http://buuu.ch haben wir damit begonnen, Kinderbücher zu rezensieren. Allein die Anwendung des Bechdeltests auf Kinderbücher zeigt schon Abgründe auf. Aber um so mehr eins darüber nachdenkt, desto facepalm.

  10. Matthias sagt:

    Grundsätzlich stimme ich zu, es gibt viele, vor allem ältere Kinderbücher mit zweifelhaften Inhalten. Aber gerade bei Conni trifft die Kritik meiner Meinung nach nicht zu. Connis Mutter ist Kinderärztin und will nach der Geburt des zweiten Kindes möglichst schnell wieder arbeiten. In vielen Geschichten taucht der Vater überhaupt nicht auf oder wenn dann nur als kleine Nebenrolle. Von einem klassischen Rollenbild kann da eigentlich nicht die Rede sein. Das angesprochene Streben nach väterlichem Lob ist mir bisher in keiner Geschichte aufgefallen und wir haben schon eine zweistellige Anzahl von Conni-Büchern gelesen. Conni selbst spielt Fußball in einer gemischten Mannschaft und schießt dort die Toore. Sie lernt Radfahren und fällt dabei auch mal hin, sie muss umziehen und kommt in eine neue Klasse und muss sich auf eine neue Umgebung einstellen, sie bekommt einen kleinen Bruder und ihre Eltern haben dann weniger Zeit für sie. Rückschläge und Konflikte gibt es eigentlich genug. Und einem Kinderbuch die einfache Sprache und fehlenden literarischen Anspruch vorzuwerfen, ist schon eine bißchen überheblich oder?

    • plastikstuhl sagt:

      Bei dem Buch, in dem sich herausstellt, dass Connis Mutter Ärztin ist, war ich auch verwundert. Wir haben leider wirklich schon etliche Bücher aus der Reihe gelesen (weil meine Tochter die selbst aussucht in der Bücherei und die _überall_, z.B. in Ätzt_innen-Praxen, Cafés… rumliegen)… In keinem anderen Band kommt überhaupt so was von einer Ahnung auf, dass Connis Mutter erwerbstätig ist. …

      Ich habe auch den Eindruck, dass einige der neuen Autor_innen der Reihe sich etwas mehr Mühe geben, mit den schlimmsten Klischees zu brechen, aber insgesamt ist die Reihe einfach noch sehr weit davon entfernt ein auch nur halbwegs emanzipatorisches Gesellschaftsbild zu zeigen.

  11. Urgestein sagt:

    Andererseits nervt mich teils die politische Korrektheit, wenn z.B. massenhaft Lastwagenfahrerinnen und Müllfrauen die Kinderbücher bevölkern, was nunmal wirklich nicht der Realität entspricht. Wenn ein Author männliche Helden bevorzugt finde ich es auch nicht automatisch verwerflich, man muss doch nicht nur Bücher eines Authors vorlesen. Denke auch das Jungs und Mädchen teilweise unterschiedliche Probleme im Leben meistern müssen, daher darf es auch unterschiedliche Geschichten geben.

  12. Sabrina sagt:

    Huhu! Ich finde die Kritik prinzipiell nachvollziehbar, aber Kindersicht ist nicht Erwachsenensicht. Dennoch glaube ich auch, dass manche Geschichte übersexualisiert ist, Rollenbilder prägt, die längst überholt sind und keine Toleranz für Innovationen in Familiensystemen und der Gesellschaft an sich zeigen. Meine Empfehlung: Selber schreiben oder schreiben lassen.

  13. Urgestein sagt:

    Gehört die Geschichte vom übergriffigen Küssen nicht genau zu der Art Dingen, deren Thematisierung <3 sich wünscht? Vielleicht ist Janosch ja teils subtiler als gedacht. Laut Wikipedia gibt es 150 Bücher von ihm – sind die wirklich alle Frauenfeindlich, oder sind da einfach sehr viele Themen abgedeckt? Das Szenario "hübsche Frau lässt sich von Männern aushalten" gibt es doch auch real – umgekehrt vielleicht auch, aber für ein Geschlecht muss man sich nunmal entscheiden wenn man die Story schreibt.
    Die Kritik am Perfektionismus bei Connie finde ich interessant, welche Kinderbücher befassen sich überhaupt mit dem Scheitern?

  14. Anna sagt:

    Vor kurzem haben wir eine VHS des Tigerentenclubs mit der Janosch- Geschichte „Günther Kastenfrosch auf der Suche nach dem Glück“ gefunden u als Abendevent mit unserer 3jährigen angeschaut. Nein, das war nicht tauglich; wir haben uns dann sogar entschlossen, die Cassette nicht in die Verschenkebox, sondern direkt in die Mültonne zu geben, da es absolut unnötig ist, dass auch andere Kinder miterleben, wie ein Frosch sich ein nacktes Hühnchen als Kuschelsklavin hält und sie gewaltsam gefesselt daran hindert, das Weite zu suchen. Vordergründig schützt er sie vor dem Hund, der sie zum Fressen gern hat (und sabbernd über sie herfällt in eindeutigem Gerammel), gleichzeitig bedrängt er das Huhn aber auch, ihn nicht zu verlassen, da er sie braucht, für was auch immer. Streckenweise fand ich die Story selbst als Erwachsene echt heftig. Dass so etwas in de 90ern als Kinderprogramm im Tigerentenclub durchging – is ja ein Comic mit niedlichen Tierchen, da is die Geschichte anscheinend egal?!
    Janosch mach ich gar keinen Vorwurf, er schreibt durchaus reale Geschichten, aber wer behauptet, dass diese kindertauglich seien, ist ein Idiot. Panama, ok, aber manches von Janosch gehört in andere Regale!
    PS Grimm haben wir ebenfalls ganz nach hinten geschoben, Conni versuchich bei 3-4 Herfchen zu belassen. Aufgrund des Wiedererkennungseffektes sind diese aber sehr beliebt und ich finds im Rahmen ok. Wir lesen ja auch noch andere Bücher ;)
    Allemal Danke! Caspar für die Thematisierung!

  15. Martin sagt:

    Was „Connie“ angeht: Das Schlimmste ist die Belanglosigkeit der Erzählung und der furchtbare Sprachstil: eine Aneinanderreihung schematisch konstruierter Sätze, die gefühllos aufeinander treffen. Ich mag die Bücher nicht, weil sie so Okeyhey und aalglatt sind … meine Töchter lieben die Bücher. Du bist das Vorbild, Literatur ist die Freiheit. Nicht umgekehrt. Beim Vorlesen trifft aufeinander, was nicht zusammen gehören muss. Bei der Auswahl der Bücher und beim Vorlesen bist Du noch zu überwindendes Mittel zum Zweck.

  16. tigerlilly sagt:

    Tips: Pija Lindenbaum: Alle Bücher, Cornelia Funke: Käpten Knitterbart und seine Bande (die in Furcht erzittern, als die Wilde Berta mit ihrer Piratinnenbande auftaucht, um die furchtlose Molly zu befreien), Der namenlose Ritter, Igraine Ohnefurcht, Helme Heine: Das Leben der Tomanis (alt, aber immer noch eines der schönsten Bücher, die ich kenne!!!), Onkel Ruhe, Tante Nudel und Herr Schlau.

  17. Sven Trautwein sagt:

    Ein schwieriges Thema, gut zusammengefasst. Derzeit sind bei unseren Jungs die Conni-Geschichten in. Wie richtig angemerkt, ist der Text, gerade in den Pixi-Büchern alles andere als ausreichend. Viel zu kurz, viel zu platt. Immerhin gibt es auch mal die eine oder andere Geschichte, in der Conni Seife auf Ihre Rutsche am Bett macht und Krankenhaus landet, sowie beim Fahrradfahren stürzt. Mir gehen da eher die häufig unmotiviert wirkenden Sprecher der CD-Reihe auf den Keks.
    Struwwelpeter lese ich meinen Jungs beispielsweise nicht vor – das Fingerabschneiden fand ich als kleiner Mann schon gruselig. Das muss ich nicht weiterreichen.

  18. Ellie sagt:

    Prinzessin Fibi ist ne gute Sache für Mädchen und Jungs, die sich Prinzessinen-Geschichten wünschen.
    http://tulipan-verlag.de/84/978-3-939944-29-4/prinzessin-fibi-und-der-drache.htm
    Ich vermute mal, dass man im Tulipan-Verlag auch sonst brauchbare Bücher findet, hab aber selbst noch keine anderen gelesen.

  19. martin sagt:

    Ich kann Euch verstehen, unbedingt. Jedoch habe ich ein, zwei Gedanken dazu.

    Zum einen prägen Kinderbücher weniger als deren Autoren oder Autorinnen es wollen.

    Zum anderen ist das präferente Rollenbild, welches die Kinder annehmen, das Rollenbild der Eltern, oder der Mutter oder des Vaters. Deskrepanzen werden von dem Kind wahrgenommen und da wird, so beobachte ich es, ab etwa einem Alter von 8 Jahren nachgefragt; und erstmal wird das Rollenbild der Eltern als ultimo ration angenommen. Da braucht Ihr wirklich keine Angst zu haben.

    Bzw. beobachte ich es sehr häufig, dass Kindern, denen die Chance genommen wird, sich einen eigenen Meinung zu bilden, etwas sehr wichtiges genommen, die Kritikwürdigkeit.

    Ich habe ja keinen Ahnung, wenn Ihr Eure Kinder in den Kindergarten, Hort, oder zur Grundschule gebt, was meint Ihr, erwartet denn Eure Kinder dort?

    Eben. traditionelle Rollenbilder. Zum Kotzen.

    Doch was wäre wenn die Kindern diese traditionellen Rollenbilder kennen, und sich mit derene Schwächen auseinandergesetzt haben? Wenn sie diese überholten Rollenbilder als überholt ansehen, nur einfach dessen, dass Ihr auch von diesen Rollenbildern in Conny, Laura Stern vorgelesen habt trotz dem ihr anders lebt? Was zeigt Ihr Euren Kindern, wenn Ihr das alles schwärzt und streicht?

    Was ist denn, wenn sich Eure Kinder anders fühlen in der 3. oder 4. Klasse und es nicht benennen können warum? Habt Ihr darüber mal nachgedacht? Ihr schürt so die Neugierde auf traditionelle Rollenbilder gerade durch die Ablehnung, vlt. solltet Ihr mal darüber nachdenken.

    Wir haben zwei Kinder, versuchen eine relativ gleichberechtigte Ehe zu führen, und haben eine durchaus differente Sichtweise als einerseits untereinade als auch zu den Familien der SchulkameradInnenunsere 8 und 11 Jahre alten Kinder. Und den Kinder fallen diese Unterschiede auf, und da kommen Fragen.

    Zwei Beispiele: Es wird gerne geprägt, dass Rosa eine Mädchenfarbe sei. (Lillifee ist da ganz extrem, gerade in dem Alter der Tochter der Autorin) Ich habe dann steif und fest behauptet, das Rosa meine Liblingsfareb sei. Irritierte Blicke. Ich stand dazu auch vor den -wenigen- Freundinnen unserer Tochter. Es hat gut 4 Jahre gedauert, bis sie von selbst eingesehen hat, dass rosa eine normale Farbe ist.

    McDonalds (In Eurem Blog las ich, dass Ihr da auch gerne essen geht) – ich habe es nicht akzeptiert, dass da gegessen wird, habe es aber auch akzeptiert, dass sie da Neugier drauf waren (es gehen da wirklich alle hin). Nun, irgendwann haben die Kindern keine Kindertüte mehr haben wollen (->wegen dem Müll und der PR) und letztens haben sie sich komplett aus freien Stücken gegen McDonalds entschieden, als deren Großeltern mit denen dort essen gehen wollten. Mit der Konsequenz, dass sie dann nicht essen gegangen sind. Das Thema McDonalds ist also nicht mehr auf den Tisch.

    Und dann: Ich persönlich (und ich habe mich schon mit vierzehn mit Feminismus auseinandergesetzt, also mitte/späte 80’er) habe ich bei Janosch keine Gender erkannt. Oder doch, aber nicht in dem Maße, wie es die Autorin tut. Jedenfalls nicht in der Geschichte von Schweinchen. Ich persönlich habe da ganz andere, hochaktuelle Problematiken schön erzählte vorgefunden. Und die Tante Ganz, sie lebt da ja ganz emanzipiert und wird als sehr cool dargestellt – vlt. habe ich einfache keine Ahnung.

    Viele Frauen in meinen Alter habe jedenfalls nicht das tradionelle Rollenbild und lieben Janosch.

    Wenn ihr wenigstens diese fuckin Grimms Märchen genommen hättet… Da wie die Prinzessin nichts zu sagen hat, den Frosch küssen muß…

    Aber immerhin teilt sich die Abneigung der Autorin gegenüber Janosch mit Stoiber… http://j.mp/114NSfl

    Gruß

    • Pterry sagt:

      Wo bitte steht im Froschkönig, dass die Prinzessin den Frosch küssen muss? In meiner Ausgabe wirft sie den gegen die Wand…

      übrigens ist die „Autorin“ ein Autor

  20. […] ehrlich, ich finde es GANZ toll, dass jetzt die Väter™ endlich an die Öffentlichkeit gehen und der Welt erklären wie man Mann richtig […]

  21. […] @leitmedium, Vater einer vierjährigen Tochter beschreibt auf kleinerdrei, warum er manche Bücher (aus seiner Kindheit) seiner Tochter lieber nicht vorliest.. “Die “heile” Welt von Janosch, Conni & Co. – und warum ich sie meiner Tochter nicht … […]

  22. […] eines Links auf meiner Facebookseite, einen schon älteren Artikel von Caspar Clemens Mierau über Kinderbücher im Wandel der Zeit bzw. die Überlegungen, die er beim Vorlesen anstellt. Ist Janosch sexistisch? […]

  23. […] Die “heile” Welt von Janosch, Conni & Co […]

  24. […] Weniger lustig sind die Weltbilder, die teilweise in weit verbreiteten Kinderbüchern vermittelt werden, da kann man einiges kritisieren. […]

  25. […] eines Links auf meiner Facebookseite, einen schon älteren Artikel von Caspar Clemens Mierau über Kinderbücher im Wandel der Zeit bzw. die Überlegungen, die er beim Vorlesen anstellt. Ist Janosch sexistisch? […]