Wie meine Katze mir Erwachsensein beibrachte

Kuscheln, spielen, niedlich aussehen – all das können Katzen recht gut. Dass sie aber auch beim Erwachsenwerden helfen, hat Kati in den letzten Wochen festgestellt.

Als vor fünf Jahren ein neues Familienmitglied in Gestalt meiner Katze dazu kam, sah mein Leben völlig anders aus als heute. Damals wohnte ich noch bei meinen Eltern, war im zweiten Semester meines Bachelorstudiums und hatte einen extrem unregelmäßigen Schlafrhythmus. Das wirkte sich auch auf mein Wohlbefinden, insbesondere meine emotionale Stabilität, aus. Ich wusste zwar, dass es einen Zusammenhang zwischen meinem Schlaf und meiner Psyche gibt, aber konnte das einfach nicht ausreichend regulieren. Als Studentin und Morgenmuffel achtete ich darauf, dass ich keine Veranstaltung –  Achtung, Klischee – vor 10, besser noch 12 Uhr legte, wenn es sich vermeiden ließ. So war ich nicht dazu gezwungen, früh aufzustehen, und konnte es mir wegen meines wechselhaften Stundenplans auch erlauben, mal früher/später ins Bett zu gehen und aufzuwachen. Wie ich das im Job hinkriegen sollte, machte mir schon damals Sorgen, weshalb eine der ersten Anschaffungen vor meinem ersten Arbeitstag ein lauter, penetranter Wecker war.

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Seit die Katze vor ein paar Wochen bei mir eingezogen ist, könnte ich eigentlich auch auf den Wecker verzichten (ich stelle mir aber trotzdem zwei Wecker zu vier verschiedenen Uhrzeiten). Sie gibt den Takt an. Ich stehe um kurz nach fünf auf, um sie vor der Arbeit noch bespaßen zu können. Während sie noch bei meinen Eltern, die mittlerweile beide in Rente sind, wohnte, war eigentlich fast immer jemand zum Spielen, Kuscheln und zum Füttern überreden da. Dass sie jetzt aufgrund meines Vollzeitjobs so viel allein ist, ist für keine von uns besonders einfach: Sie ist es gewohnt, dauernd Aufmerksamkeit zu bekommen. Während ich arbeite, scheint sie viel zu schlafen oder zu spielen. Wenn ich nach Hause komme, unterhalten wir uns ein wenig – sie miaut, wenn ich sie nach ihrem Tag frage und wer eine brave Katze, ja eine feine Katze ist – und spielen, bevor ich Essen mache. Wenn sie sich vernachlässigt fühlt, kratzt sie an meinen Tapeten. Der Punkt “hübsche Wohnung” ist dadurch auf der Liste meiner Prioritäten gerade ein wenig nach unten gerutscht. Wir gewöhnen uns noch an die neue Lebenssituation und ich versuche, ihr die Umstellung so angenehm wie möglich zu machen.

Der frühe Vogel ist mein Freund geworden

Durch die Katze bin ich zu einer Frühaufsteherin geworden und kann meinen Arbeitstag früher und somit wesentlich entspannter beginnen. Insbesondere während der vergangenen Hitzewelle, die mich körperlich fertig machte, tat das extrem gut. Die Zeit, in der es im Büro noch nicht unerträglich heiß ist, kann ich für konzentriertes Arbeiten nutzen. Bonus: Ich kann früher nach Hause gehen und habe so etwas mehr vom Tag. Jetzt gerade heißt das vor allem, dass ich Zeit für ein kleines Schläfchen habe. Angesichts der Tatsache, dass ich zwar früher aufstehe, aber trotzdem so spät wie immer ins Bett gehe, habe ich diese täglichen Nickerchen bitter nötig.

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Nicht nur der neue Job – überhaupt die Berufstätigkeit an sich – ist für mich eine Umstellung. Seit ich vor knapp drei Monaten in eine andere Stadt gezogen bin, hatte ich nur wenig Zeit für mehr als meine Arbeit. Soziale Kontakte sind auf der Strecke geblieben und ich weiß nicht genau, wie ich Menschen kennenlernen soll. Als ich für meinen Master nach Regensburg gezogen bin, war das noch recht einfach: Man saß irgendwie mit den immer gleichen Menschen in Vorlesungen und Seminaren, tauschte sich über den Stoff aus und unternahm auch Dinge miteinander, die nichts mit der Uni zu tun hatten. Zack, Freundschaft (oder zumindest Bekanntschaft) geschlossen. Jetzt verbringe ich den Großteil meiner Zeit im Büro und bin am Abend zu gerädert, um irgendwas zu unternehmen. An den Wochenenden kümmere ich mich vor allem um den Haushalt. Trotzdem fühle ich mich nicht einsam: Wenn ich nach Hause komme, wartet die Katze schon auf mich und verlangt meine Aufmerksamkeit. Seit sie da ist, schlafe ich auch viel ruhiger. Während der ersten Wochen in meiner neuen Wohnung schreckte ich bei jedem Geräusch auf, weil ich dachte, dass jemand einbrechen könnte. Mittlerweile bin ich mir recht sicher, dass die Katze alle Einbrecher in die Flucht miauen würde – vorausgesetzt, sie haben keine Leckerli dabei.

Das Bisschen Haushalt…

Ich hätte es nicht für möglich gehalten, aber eine Katze als Mitbewohnerin ist tatsächlich auch im Haushalt sehr hilfreich und hat mir schon vieles beigebracht. Essen und Gläser sollte ich nicht rumstehen lassen, außer ich möchte unbedingt mit ihr teilen. Kleidung sollte sofort weggeräumt werden, andernfalls droht der Fusselrolle einiges an Mehrarbeit. Der Müll sollte stets gut verschlossen sein, weil ich ihn sonst wieder einsammeln darf, da Madame ihn gern in der ganzen Wohnung verteilt. Der Klodeckel ist immer geschlossen zu halten – zumindest interpretiere ich die Pfotenabdrücke auf der Klobrille so. Da die Katze haart als gäbe es kein Morgen, kehre ich auch regelmäßiger, als ich es sonst täte (mein Staubsauger ist kaputt). Das Bisschen Haushalt macht sich zwar auch weiterhin nicht von allein, ist aber leichter zu managen, wenn ich immer alles sofort erledigen muss.

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Nachdem ich letzten Monat einen nicht unwesentlichen Teil meines Gehalts für Katzenkram verpulvert habe, weiß ich auch, dass ich anfangen muss, verantwortungsvoller mit meinem Geld umzugehen. Ich habe immer vor Augen, dass der Katze was passieren oder sie krank werden könnte. Wenn ich rechtzeitig Geld zur Seite lege, muss ich mir nicht so große Sorgen machen, dass ich mir eine tierärztliche Behandlung nicht leisten kann oder mein Dispo dann dafür herhalten muss. Ursprünglich hatte ich vor, so schnell wie möglich etwas Geld zu sparen, falls meine Waschmaschine kaputt gehen sollte (worst case) oder um langsam meinen Studienkredit zurückzuzahlen (best case). Natürlich hatte ich immer im Hinterkopf, dass ich auch Geld für die Katze brauchen könnte, aber seit sie da ist, wirkt das Szenario, dass sie erkranken könnte, viel realer und weniger wie eine abstrakte, unbegründete Furcht.

I’ll take care of you

Auch wenn ich als Mensch mit Daumen der Katze gegenüber einen riesigen Vorteil habe, werde ich das Gefühl nicht los, dass sie sich mehr um mich kümmert als ich um sie. In den Monaten seit dem Ende meines Studiums habe ich einige Trippelschritte in Richtung Erwachsensein gemacht, und selbst wenn mir die Katze dabei um die Füße streicht und mich manchmal fast zum Stolpern bringt, habe ich das Gefühl, dass ich mit ihr weniger allein bin. Obwohl ich mich innerlich bereits von meiner Kaution verabschiedet habe und Ausschlafen vermisse, bin ich froh, dass ich sie habe. Wenn Adulting ein Spiel ist, habe ich durch das Leben mit Katze bestimmt ein neues Level erreicht und bin bestens für den Endboss (Steuererklärung? Altersvorsorge? Selber telefonisch Termine vereinbaren müssen?) gerüstet.


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