Bend over, boyfriend!

Foto , CC0 1.0 , by Michelle Grewe

Seit meiner Geburt habe ich eine Vulva. Seit ein paar Jahren habe ich außerdem einen Penis. Er ist aus schwarzem Silikon, wunderschön, und ich kann damit etwas tun, was ich liebe: Pegging. Männer in den Arsch ficken.

Eine Freundin hat mir kürzlich von dem Tag erzählt, wo wir uns kennengelernt haben: “Da hast du gerade entdeckt, dass es Doppeldildos gibt und hast das vor lauter Begeisterung allen erzählt.”

Ich schätze, wer mich in so einem Moment kennenlernt, weiß immerhin gleich, ob si*er mich mag oder nicht.

Meine Begeisterung über die Entdeckung des Doppeldildos war der Tatsache geschuldet, dass ich von (aktiver) Penetration träume, seit ich sexuellen Fantasien habe. Und lange dachte, dass dies eben Penis-Besitzer*innen vorbehalten bleibt. Von der Existenz eines Strap-Ons, also Dildos zum Umschnallen, wusste ich dabei sogar. Aber diese Vorstellung hat mich irgendwie nicht so richtig gereizt. Mir etwas umschnallen und damit so tun, als hätte ich einen Penis, kam mir nicht so spannend vor. Einen Strap-On kann ich selbst ja nicht besonders spüren, nur die andere Person. Aber dass es ein Toy – oder sollte ich sagen Hilfsmittel? – gibt, mit dem die benutzende Person nicht nur penetrieren, sondern es selbst in der Vagina spüren kann und dessen Bewegung sie aus dem Körper heraus steuern kann – Wow. Das war mindblowing.

Von der Idee war es allerdings noch ein längerer Weg bis ich das tatsächlich selbst ausprobieren konnte. Ich kannte keinen Mann, der Lust darauf hatte. Nicht, dass ich nicht welche gefragt hätte. Aber niemand wollte. Das hat lange gedauert, jemanden zu finden. Als ich dann jemanden kennengelernt habe, der die Vorstellung gut fand, bin ich sofort zum Sexshop meiner Wahl gefahren und habe ihn mir gekauft: Meinen eigenen Penis.


Was hat das mit gender zu tun?

Jetzt fragt ihr euch vielleicht, warum ich hier dauernd von Männern rede, wo doch alle Menschen einen Hintern haben und man den Dildo ja auch nicht nur anal einsetzen muss. Das liegt daran, dass für mich ein guter Teil vom Reiz tatsächlich darin liegt, dass hier ein Cis-Mann seine stereotyp männliche Rolle verlässt und ich den aktiven, penetrierenden Part und die Kontrolle übernehmen kann. Das kann für andere ganz anders sein, für mich ist es wichtig. Ich bin eine Cis-Frau und außerdem ein Tomboy, der ab und zu seine Männlichkeit beweisen muss und gerne eine Rolle übernimmt, die sonst eher Cis-Männern zugedacht wird. In sexuellen Begegnungen mit Menschen, die keine Cis-Männer sind, hat bei mir das Thema Penetration auch nie eine Rolle gespielt. Und auch gender-Rollen nicht so sehr. Sobald ich mit Cis-Männern konfrontiert bin, wird meine Rolle als Frau sofort viel wichtiger.

Der Begriff “Pegging” bedeutet auch genau das: Anale Penetration eines Mannes durch eine Frau mit Strap-On.

Und wie ist das jetzt?

Zurück zum meinem Doppel-Dildo.

Das erste “Anprobieren” zeigte schon – er fühlt sich wirklich gut in mir an.

Mir war klar, dass ich ihn wahrscheinlich nicht alleine mit meinen Beckenboden-Muskeln würde halten können – ausprobieren wollte ich es aber. Tatsächlich ist es nicht unmöglich. Ich kann mit dem Beckenboden das kürzere Ende gut in mir halten und dabei auch gehen oder mich bewegen, aber ich bin mit meiner Bewegungsfreiheit doch eingeschränkt. Die Hüft-Bewegungen, die man für den Penetrationssex braucht, funktionieren nur, wenn ich die Beine zusammen halte. Diese Einschränkung macht keinen Spaß, ich will beim Sex alle Bewegungen machen können, zu denen ich Lust habe. Also bin ich wieder zum Sexshop gefahren und diesmal mit einem Harness zurück gekommen. So ein Harness hat meistens einen Ring, durch den der Dildo (doppelt oder Strap-On) geschoben wird, und der mit Gurten um die Hüften und Beine fest gemacht wird. Es gibt auch welche, die wie eine Unterhose aussehen. Meines war schön schlicht, mit schmalen Gurten aus veganem Leder, die flexibel eingestellt werden können. In der Benutzung hat sich leider gezeigt, dass es für mich und meinen Penis nicht so gut geeignet ist, weil es zwischen den Beinen nicht genug Halt bietet: Der Dildo ist mir immer mal wieder aus mir raus gerutscht. Auch nicht so toll. Mit mehr Recherche habe ich dann also das durchaus nicht günstige Modell Joque von Spare Parts (ein wunderbares Review-Video gibt es hier) gekauft, das genau zu dem Zweck empfohlen wird und siehe da: Damit geht es viel besser.

Da ich es mir jahrelang vorgestellt hatte, habe ich wohl unterbewusst erwartet, dass ich Pegging sofort beherrsche. Doch die ersten Versuche mit dem Dildo waren, wie erster Sex häufig ist: ein bisschen holprig. Wir waren aufgeregt, das auszuprobieren, und wahrscheinlich daher etwas ungeduldig, wenn nicht alles gleich wie erwartet klappt. Und ein Hilfsmittel ist eben dann doch nicht das gleiche wie ein eigener Körperteil. Man muss damit umgehen lernen. Hätte ich mir ja eigentlich auch denken können.

Inzwischen klappt es gut. Ich weiß, welche Stellungen gut funktionieren und wie mein Partner reagiert. Wann es besser mit Harness geht (ich bin in verschiedenen Stellungen hinter ihm) und wann besser ohne (ich liege, er sitzt auf mir). Wie wir am besten aufwärmen können und wie viel Gleitgel wir brauchen.

Mit dem Dildo gelten ja die gleichen Regeln wie bei jedem analen Penetrationssex: Man muss vorsichtig und langsam vorgehen, insbesondere am Anfang, und viel Gleitgel benutzen, damit es nicht weh tut. Der Schließmuskel braucht Zeit, um sich zu entspannen, und es gibt an der Stelle keine “natürliche” Schmiere, so dass ausreichend Gleitgel nötig ist. Deshalb benutze ich Buttplugs und andere Anal-Dildos in mehreren Größen (und außerdem Finger!) zuerst, bevor mein Penis dran kommt.

Nach einiger Übung ist es weiterhin schön und faszinierend, letztendlich aber auch nur eins von vielen Dingen, die mir Spaß machen.
Hin und wieder finde ich es schade, dass ich im Vergleich zu anderen Penisbesitzer*innen nicht so spontan sein kann. Die verschiedenen Hilfsmittel müssen da sein, Dildo im Harness, Harness anziehen und richtig einstellen – das geht nicht in jeder Situation, in der ich Lust drauf habe und manchmal bin ich auch zu faul dafür. Aber ich finde es sehr toll, dass es geht. Es ist interessant zu beobachten, was das mit meinem Selbstbild und mit der Rollen-Dynamik mit dem Partner macht – oder auch nicht.

Ich bin bestimmt noch nicht fertig damit, Pegging für mich zu entdecken.

Also, wenn ihr Lust darauf habt – probiert es bei Gelegenheit mal aus! Aber nehmt euch Zeit und seid vorsichtig. Ihr müsst nicht gleich alle Gerätschaften kaufen – Finger und Buttplugs reichen erst einmal aus, um auszuprobieren, wie das mit dem Analsex überhaupt sein kann.

Wenn ihr mehr zu dem Thema lesen wollt, könnt ihr zum Beispiel bei Ruby Ryder rein gucken.

Eine Antwort zu “Bend over, boyfriend!”

  1. Pinguinlöwe sagt:

    aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaauuu
    Also, wem es spaß macht. Nur Zu, aber ich denke da nur „autsch“.
    Ich denke zwar durchaus daran, das es schön wäre beim Sex ab und an die Rollen zu tauschen, aber irgendwie konnte ich mich nie mit dem Hintern als etwas anfreuden, das mit Sex „aktiv“ zu tun hat. (da bekomme ich Panikzustände)

    und das werde ich wohl auch nie können. Ansonsten aber: Macht was euch gefällt :)