Die Pille danach und Deutschlands Angst davor

Foto , CC BY 2.0 , by Jamiesrabbits

Nicht nur die jüngsten Fälle zeigen, dass Deutschland endlich die Rezeptpflicht für die Pille danach aufheben muss. Eine Auseinandersetzung mit der aktuellen Debatte und alten Problemen.

Dezember 2012 in Köln. Eine Frau wird auf einer Party mit K.O.-Tropfen betäubt, kommt erst am nächsten Tag auf einer Parkbank wieder zu sich und muss realisieren, dass sie wahrscheinlich vergewaltigt wurde. Eine hinzugerufene Notärztin kann eine Vergewaltigung ebenfalls nicht ausschließen und fordert bei einer Klinik, die unter Trägerschaft der katholischen Stiftung der Cellitinnen zur hl. Maria steht eine Untersuchung zur Spurensicherung an. Dieses Anliegen wird abgewiesen, da laut Krankenhaus gynäkologische Untersuchungen zur Beweissicherung seit zwei Monaten untersagt seien. Das damit verbundene Beratungsgespräch über eine mögliche Schwangerschaft, einen eventuellen Abbruch dieser und das Verschreiben der Pille danach stellten für die Klinik einen ethischen Konflikt dar. Die mutmaßlich vergewaltigte Frau wird an ein anderes Krankenhaus verwiesen, nur um dort dieselbe Begründung zu hören.

Dieser Fall rauschte seit seinem Bekanntwerden letzte Woche durch die sozialen Netzwerke, Blogs und andere Medien – selbstverständlich begleitet von Schock und Empörung darüber, wie hier das Wohlergehen einer Eizelle über das eines offensichtlich leidenden Menschen gestellt werden kann.

Denn wenn wir mal ehrlich sind: Für nichts anderes steht eine solche katholische Grundhaltung. Eine Haltung, die sich übrigens auch in weltlichen Kliniken antreffen lässt. Zu hartnäckig hält sich die Auffassung, dass die Pille danach bereits einen Schwangerschaftsabbruch darstellt. Die Wahrheit ist jedoch, dass sie lediglich den Eisprung und somit eine mögliche Befruchtung der Eizelle verhindert. Doch das ist freilich bereits ein No-Go für Ratzinger, Co. und Fans, die in dieser selbstbestimmten (weiblichen) Sexualität gar eine „Kultur des Todes“ (aka Abtreibung) sehen.

Nun soll das hier aber wahrlich kein Religions-Bashing werden. Denn auch wenn ich selbst keine Freundin irgendwelcher Gottheiten bin, so kann ich Kirche und Glauben doch trennen wie, sagen wir mal, den frühen und den späten Michael Jackson. Insofern glaube wiederum ich daran, dass auch Katholikinnen und Katholiken erkennen können, wie weltfremd und verkorkst das System oft ist, das ihren Glauben repräsentiert – erst recht, wenn der Leitspruch wie im Fall der Cellitinnen „der Mensch in guten Händen“ heißt. Die Frage daraufhin ist schließlich, was Katholikinnen und Katholiken mit Erkenntnissen dieser Art anfangen.

Ich selbst musste bisher zwei Mal auf die Pille danach zurückgreifen und bin unendlich dankbar, dass ich diesen Ausweg hatte. Beide Male geschah es, weil das Kondom gerissen war und keine weitere Verhütungsmethode benutzt wurde. Geradezu ein Klassiker unter den Verhütungsunfällen, wie sich wohl bei jeder Schnellumfrage feststellen lassen dürfte.

In beiden Fällen dauerte es bei mir jeweils mindestens 15 Stunden bis ich erst an das Rezept und schließlich an die PiDaNa kam. Dazwischen lagen blanke Nerven, das Ausmalen von Horrorszenarien und immer wieder tauchte die Frage auf, warum es einer so unfassbar schwer gemacht wird, verantwortungsbewusste Entscheidungen für ihren Körper zu treffen.

Beim ersten Mal war ich sogar so naiv und durch den Wind, dass ich zuerst eine Notfallapotheke aufsuchte und um die Pille danach bat. Dort schaute man mich jedoch nur mitleidig an und gab mir einen Flyer mit Adressen von Krankenhausnotaufnahmen in der Nähe, die ich jetzt aufsuchen könnte. Ein ganzer Stapel mit diesen Zetteln lag direkt neben der Kasse und ich fragte mich, wie viele davon wohl an Frauen gingen, die sich in der gleichen beschissenen Lage befanden. Denn natürlich war es auch noch an einem Wochenende passiert und natürlich auch zu einer Uhrzeit bei der sich nicht mal mehr von Öffnungszeiten träumen lässt, geschweige denn von einem Besuch bei meiner Ärztin des Vertrauens. Notaufnahme an einem Wochenende? Ja, das schreit förmlich nach einem Ort, an dem wenig Dringendes los ist und frau schnell problemlos an etwas Banales wie ein Rezept kommen kann (sofern keine katholische Haltung in die Quere kommt, versteht sich). Wie großartig wäre es dagegen gewesen, hätte ich die PiDaNa einfach direkt bei der Apotheke bekommen, genommen und gewusst, dass ich zeitlich auf der sicheren Seite bin.

Denn auch wenn die Einnahme bis zu 72 Stunden nach dem Geschlechtsverkehr möglich ist, so verdreifacht sich nach 48 Stunden bereits das Risiko ungewollt schwanger zu werden. Zeit ist also von Beginn an ein elementarer Faktor: je schneller, desto sicherer. Nur so, wie die Abgabe der Pille danach derzeit in Deutschland geregelt ist, läuft einer genau diese Zeit davon – und das ohne notwendigen Grund.

Ich weiß, ich weiß. An diesem Punkt kommen bei manchen wieder die „Argumente“ hoch, dass solche Hormonbomben doch schließlich nicht wie Bonbons verteilt werden dürften!!einself! Wir sprechen hier aber auch nicht von der PiDaNa aus dem öffentlichen Kaugummiautomaten – und selbst das würde funktionieren, da bin ich überzeugt – sondern von einer rezeptfreien Abgabe in Apotheken, die einen flexibleren und schnelleren Zugang bieten, sowie keiner religiösen Trägerschaft unterliegen. Das heißt, ein Beratungsgespräch über Nebenwirkungen und Einnahme fände sogar weiterhin statt und mehr als ein Kaugummi kostet die Pille danach sowieso: Im Schnitt 17,- Euro, was europaweit den höchsten Preis darstellt.

„Aberaberaber die Hormonbombe?!!einself!“ – Klar, sie greift drastisch in den Hormonhaushalt ein, doch das muss sie schließlich auch, um entsprechend wirken zu können. Dabei weist aber selbst Aspirin mehr Gegenanzeigen und Nebenwirkungen auf als die PiDaNa. Doch wann habt ihr zuletzt beim Aspirinkauf ein Beratungsgespräch deswegen führen oder sogar ein Rezept vorlegen müssen? Tja.

„Aberaberaber denkt denn hier niemand an die Kinder?!?“ – Oh, vor meinem geistigen Auge sehe ich förmlich schon all die 13-jährigen Mädchen, wie sie jede Woche vor der Apotheke lungern, um sich die nächste Runde PiDaNa von ihrem Taschengeld zu organisieren. Denn natürlich werden sie ab jetzt nur noch diese „bequeme“ Variante der Verhütung nutzen, um wild in der Gegend herumzumachen.

Im Ernst: Das Argument, dass besonders junge Mädchen sich aus Unwissenheit der Pille danach als Snack-Verhütung bedienen würden, ist erstens eine immer wieder unfassbare Unterstellung und zweitens durch Studien widerlegt. In 28 (!) europäischen Ländern sind die Erfahrungen mit der rezeptfreien Abgabe durchweg positiv. Doch statt dies als Vorbild für schnelle Hilfe zu nehmen und durch ein niedrigschwelliges Beratungsangebot bereits im (Grund-)Schulalter zu ergänzen, mauern in Deutschland konservatives Denken und Lobbyismus.

Der Kölner Fall (und viele andere vor ihm) zeigt mehr als deutlich, dass Deutschland endlich in einem Zeitalter ankommen muss, in dem es reproduktive Gesundheit und Rechte respektiert sowie aktiv fördert. Das Bundesinstitut für Arzneimittelsicherheit hat längst eine Empfehlung für die rezeptfreie Abgabe der PiDaNa ausgesprochen. Seit 2004 gab es immer wieder Versuche, die Gesetzeslage um das Arzneimittelrecht zu ändern – immer wieder scheitern sie. Das Thema Pille danach findet sich zudem leider auf wenigen politischen Agenden an prominenter Stelle wieder und jene die für Aufmerksamkeit kämpfen, scheinen oft schnell den bürokratischen Windmühlen unterlegen. Ein Zustand, der sich ändern muss und zu dem die aktuelle Debatte hoffentlich beitragen kann – erst recht in einem Wahljahr des 2013er Kalibers.

Denn katholisches Krankenhaus hin oder her: Bei der gesamten deutschen Gesetzeslage zur Pille danach geht es derzeit – neben eindeutigen finanziellen Interessen – darum, weibliche Sexualität zu regulieren und Mädchen und Frauen zu beschämen, sollten sie die gesellschaftlich vorgegebenen Regeln brechen.

Dabei ist egal, ob von den schlimmsten Umständen ausgegangen werden muss, wie es in Köln der Fall war, oder ob es sich um ein geplatztes/vergessenes/wasweißich Kondom handelt. Diese Politik und Gesellschaft müssen vor allem eins lernen: Vertraut Frauen.

28 Antworten zu “Die Pille danach und Deutschlands Angst davor”

  1. Samya sagt:

    Ich würde nicht unbedingt sagen, dass die Gesetzeslage zur Pille Danach darauf ausgelegt ist, Frauen zu demütigen. Vielmehr glaube ich, dass die Leute, die dahinter stehen, fest davon überzeugt sind, das richtige zu tun: Zu verhindern, dass die Pille Danach als normale Verhütungsmethode eingesetzt wird. Dass das der falsche Weg ist und sie einige Denkfehler gemacht haben, wird ihnen jetzt vielleicht langsam klar.

    Zu dem Artikel passt übrigens einmal dieser hier: http://www.sexintheair.de/schattenseiten/vergewaltigung-kirchenskandale-und-zivilcourage/ (über die Vorkommnisse der letzten Zeit) und ein bisschen auch dieser hier http://les-petits-plaisirs.blogspot.de/2013/01/pillenfrei.html (ein Experiment: mal ohne Pille, denn die greift schließlich ebenfalls ziemlich in unseren Hormonkreislauf ein).

    • Anne Wizorek sagt:

      Das widerspricht aber genau den Punkten, dass es schon lange genug andere Länder gibt, die die Pille danach auf diese Weise erfolgreich als Notfallkontrazeptivum abgeben (selbst das oberkatholische Irland hat seit 2011 keine Rezeptpflicht mehr);   dass es mehr als genug wissenschaftliche Untersuchungen und Belege dazu gibt, die zeigen, wie wichtig eine schnelle Einnahme ist; dass die Versuche einer Gesetzesänderung zahlreich, aber bislang immer wieder erfolglos waren.

      Ich sehe angesichts so vieler evidenter Argumente jedenfalls nicht einfach nur ’nen „langsam fallenden Groschen“, sondern Methode.

      (Inwiefern die Pille als Verhütungsmittel zu bewerten ist, werden wir sicher noch an anderer Stelle eingehend besprechen und das möchte ich deswegen in dieser Diskussion auch lieber weiterhin ausgeklammert lassen. Hoffe, das ist okay. :))

      • mauerunkraut sagt:

        Also ich würde mich jetzt nicht gegen die Rezeptpflicht aussprechen, der Ausschluss einer bereits bestehenden Schwangerschaft und eine Aufklärung über die Wirkung der PiDaNa ist imho unerlässlich. Allerdings soll der Weg dahin erleichtert werden, auch am Wochenende, zumal ja schließlich jede Stunde zählt.

        • Anne Wizorek sagt:

          Rezeptpflicht heißt in Deutschland aber eben, dass der Umweg über eine/n Ärzt/Ärztin gegangen werden muss. Ergo: Kein leichterer Zugang. Die Aufklärung über Nebenwirkungen kann, sofern nötig, über eine Apotheke allerdings ebenso kompetent erfolgen.

          Davon abgesehen gibt es generell ein großes Manko an sexueller Aufklärung und dafür eine umso stärkere Tabuisierung, was besonders für Teenager fatal ist. Aber dies wird natürlich nicht als Problem empfunden – dass Teenies überhaupt sexuell aktiv werden, wird dagegen problematisiert.

          • mauerunkraut sagt:

            Ich finde nicht dass sich beides Ausschließen muss, ist aber AUCH ein Problem unseres Gesundheitssystems, das Problem hat man ja auch, wenn man mit Schwindel und Fieber zu Hause liegt. Was Aufklärung über Medikamente betrifft werden sich das nur die wenigsten Ärzte nehmen lassen, auch von einem kompetenten Apotheker nicht.
            Da kann ich dir nur zustimmen, hab da durch einen jüngeren Bruder mitbekommen, dass da große Defizite herrschen.

        • gemeingeheim sagt:

          In der Apotheke gibt es ohne Rezeptpflicht diverse Medikamente, bei denen es wichtig ist, eine Schwangerschaft auszuschließen. Auch Schwangerschaftstests sind in Apotheken üblicherweise erhältlich. Das Gynäkologe hält auch nur einen Teststreifen in Urin, nix, was man nicht selbst zuhause machen könnte.

  2. mauerunkraut sagt:

    Ich hatte vor ein paar Monaten erst das Vergnügen und kann das eigentlich nur bestätigen. Gerade wenn man von der PiDaNa noch keinen Gebrauch gemacht hat und natürlich nicht weiß an wen man sich wenden muss, verbringt man einen halben Tag mit Telefonaten und vor allem purem Stress, der unnötig wäre.
    Abgesehen von der Ansicht der Katholiken, ist auch unsere weltlich denkende Gesellschaft antiquierter als sie es gerne zugibt, gerade wenn es um Frauen und ganz besonders wenn es um deren Sexualität geht.

  3. Dirk sagt:

    Ich selber war auch schon zweimal in der Lage, dass meine Freundin die PiDaNa benötigte, eben wegen gerissenem Kondom. Sowas passiert leider, und wenn man nicht zusätzlich anders verhütet, dann braucht man die PiDaNa halt. Und wenn das dann noch am Wochenende passiert, dann ist das wirklich, wirklich doof, wenn man wegen so einer Kleinigkeit dann irgendwelche Notfallpraxen belasten muss, die sicherlich besseres zu tun haben. 

  4. Rari sagt:

    Ich stimme Dir hunderprozentig zu. Die PiDaNa (schöne Abkürzung) braucht man gerade am Wochenende – wenn wir jetzt mal von einer Verhütungspanne ausgehen. Gerade wenn die Notaufnahmen voll sind. Ich hatte bisher drei Mal in meinem Leben das Vergnügen, mir die PiDaNA verschreiben lassen zu müssen, einmal hatte ich „Glück“ und konnte direkt noch Montag morgens zu meinem eigenen Frauenarzt gehen. Die anderen Male in den Notaufnahmen waren nicht unbedingt angenehm – und ja, wenn ich mich wieder in die Situationen hineinfühle, ist es fast, als wäre das so gewollt. Nach dem Motto „merk Dir schön, wie sich das für Dein Leben angefühlt hat, damit Dir sowas nie wieder passiert.“
    Grässlich.

  5. Helga sagt:

    Hier scheitert nichts an bürokratischen Windmühlen. An denen hängt vieles fest, aber nicht die Abschaffung der Rezeptpflicht. Das Thema ist auch nicht unprominent, sondern eher „unangenehm“. Genau wie bei den Abtreibungsdebatten trauen sich hierzulande wenige Politiker_innen, sich klar für die Selbstbestimmung von Frauen einzutreten und politischer Bevormundung eine Absage zu erteilen.

    • Anne Wizorek sagt:

      Aber das ist ja mein Punkt. Aufgrund des unangenehmen (oder als wasauchimmer sie es empfinden mögen) Themas wird das natürlich nicht prominent auf einer Agenda platziert und entsprechend vertreten.

  6. Wer glaubt, dass eine PiDaNa eine ‚angenehme‘ Verhütungsmethode darstellt, der hat sich vielleicht noch nicht mit der Wirkungweise auseinandergesetzt. Klar, die genaue Wirkungsweise wird noch diskutiert, aber ein Gestagen(wie Levonorgestrel) hat natürlich eine Wirkung auf Organsysteme im Körper und dementsprechend sehr viele mögliche Nebenwirkungen. 

    Genau deshalb ist es auch nicht angenehm diese Pille zu nehmen, ein Kondom, eine gut eingestellte hormonelle Kontrazeption, eine Spirale etc. ist deutlich angenehmer. Deshalb wird sich auch nach Liberalisierung der Erhältlichkeit dies nicht als Standardkontrazeption durchsetzen.

    Rein pharmakologisch ist Levonorgestrel) übrigens ein Interzeptivum(verhindert die Implanation der Eizelle) und kein Kontrazeptivum(Verhindert den Eisprung)

    • Anne Wizorek sagt:

      Ah, danke für die pharma nerdery. :) Wobei profamilia auch von einem verhinderten Eisprung spricht: http://www.profamilia.de/pro-familia/kampagne-pille-danach.html Aber ist vermutlich einfach die gängigere Bezeichnung? Im Englischen sind es ja auch „contraceptives“.

      • Genau, der Unterschied ist klinisch ja nicht relevant. Beides verhindert ja optimalerweise die Schwangerschaft. Der genaue Wirkmechanismus von Levonorgestrel ist unklar, aber da es auch noch zu einem sehr späten Zeitpunkt eine Schwangerschaft verhindern kann, kann es kein reines Kontrazeptivum sein. Der Eisprung ist dann schon vollzogen, da wird sehr wahrscheinlich die Einnistung verhindert(Interzeptivum). Als Gestagen hat es aber auch Auswirkungen auf dem Eisprung, sofern dieser noch nicht passiert ist und kann theoretisch diesen verhindern. Daher sicher die Ausführungen von profamilia.

        Wenn mal Fragen zu medizinischenpharmakologischen Background da sind, antworte ich gerne. :)

  7. die_heldin sagt:

    ihr wollt das zeug ohne rezept, weil es euch zu umständlich ist, zum arzt zu gehen, ein bisschen zu warten, um dann das rezept und eine kompetente beratung über nebenwirkungen/wechselwirkungen zu bekommen? das ist doch pure bequemlichkeit.
    insbesondere, weil die wirkungsweise der pille danach eben durchaus unangenehm sein kann, ist es sinnvoll, dass ein arzt auf diese unanehmlichkeiten hinweist, um vor eurer großen panik zu schützen. ich verstehe diese diskussion wirklich nicht. die regelung ist sinnvoll und wenn man einen gynäkologen hat, dem man vertraut – was man haben sollte – ist man gut aufgehoben.

    • Anne Wizorek sagt:

      Tja, wenn es denn mit „ein bisschen Warten“ getan wäre: gerne. Aber wenn ich ein Präparat benötige, bei dem die schnelle Einnahme der wichtigste Faktor ist, dann ist ein schneller und leichter Zugang keine „Bequemlichkeit“, sondern einfach logisch und sinnvoll – über die Apothekeninfrastruktur wäre das weitaus besser gegeben, als über den einzelnen Frauenarzt oder die einzelne Frauenärztin (was machst du z.B. wenn du in einer fremden Stadt auf die Pille danach angewiesen bist?). Der Standardfall, dass die PiDaNa benötigt wird, findet darüber hinaus außerhalb von Praxisöffnungszeiten statt.

      Dass es zu Nebenwirkungen und Unannehmlichkeiten kommen kann, muss mir ansonsten auch nicht extra von einem Arzt oder einer Ärztin übermittelt werden – das kann genauso gut übers Apothekenpersonal erfolgen. Die sind fachlich kompetent und machen genau das jeden Tag bei Medikamenten, die mehr Nebenwirkungen haben und kein Rezept benötigen.

      Und weshalb sich Krankenhäuser und deren Notaufnahmen weniger eignen, nun, das steht bereits ausführlich genug im Artikel.

    • Xaerdys sagt:

      Wenn man einen Gynäkologen hat, dem man vertraut, ist man gut aufgehoben? Versuch mal einen Termin bei einem zu machen. Nach den Erfahrungen meiner Freundin ist 6 Monate Wartezeit wiiiiirklich wenig und sie ist privat versichert. Dann wird es natürlich umso einfacher sein, da ohne Termin aufzukreuzen.

      Gerade bei solchen Medikamenten wird dich jeer Apotheker nicht schlechter beraten können als ein Arzt. Die Packungsbeilage hilft auch. Nach deiner Logik müsste Wick Medinait verschreibungspflichtig sein. Das Zeug ist wirklich heftig. Praktisch ein Cocktail aus vier Beruhigungsmitteln. Aber man kriegt es in der Apotheke, einfach so.

  8. Ralf Muschall sagt:

    Meinungsbild in der Piratenpartei: 658:47. https://lqfb.piratenpartei.de/lf/initiative/show/4139.html

  9. Die Debatte um die Freigabe ist so beispielhaft dafür, wie feministische Themen in der deutschen Politik und Gesellschaft behandelt werden. Nicht Betroffene wollen Betroffenen etwas vorschreiben oder suggerieren Wissen über Dinge, die sie nie erlebt haben.

    Ich kann deine Schilderungen absolut nachvollziehen: man muss wissen, wo man das Rezept bekommt, es ist eine Zeitfrage, es ist mit Scham verbunden, man wird womöglich noch ätzend behandelt vom Arzt und von einer mürrischen Apothekerin, die einem die Packung durch den Notfallschalter reicht. Alles keine Dinge, die dem Selbstbewusstsein dienen, die sich selbstbestimmt anfühlen.

    Ich kenne Mädchen/Frauen, die so viel Angst und Scham gespürt haben, dass sie am Wochenende nicht zum Notfalldienst gegangen sind oder erst Tage zu spät den Arzt oder die Ärztin aufgesucht haben. Und das alles, weil die Themen Sex und Verhütung nach wie vor tabuisiert werden und die eigenverantwortliche Verhütung sehr viel mit Bittstellung zu tun hat.
    Ich kenne mich nicht aus, wie die Verschreibungspraxis momentan bei Minderjährigen ist, aber viele Jugendliche haben nun mal kein gutes Verhältnis zu ihren Eltern und bekommen die reguläre Pille schon nicht verschrieben. Das Drama, wenn sie ihre Eltern am Wochenende bitten müssten, die Pille danach zu organisieren, mag ich mir kaum ausmalend. Das sind kleine Traumata, die Panik, die man als junge Frau empfinden kann, wenn man Angst hat schwanger zu sein, können wohl vor allem Männer oder Menschen, die nie in dieser Situation waren, kaum nach empfinden.
    Ich halte die gesundheitlichen Bedenken wegen starker Wirkung für ein feiges Scheinargument. Wenn Frauen die gleichen Rechte und volle Selbstbestimmung über ihren Körper hätten, die Gesellschaft ihnen diese gewähren wollte, wäre die Pille danach schon frei gegeben und Abtreibung keine Straftat mehr, die lediglich straffrei ist.

    • Anne Wizorek sagt:

      WORD. Die negativen Auswirkungen einer solch schamhaften Handhabung auf Teenager wäre wiederum einen eigenen Post wert und würde diesen sicher (leider) auch gut füllen.

  10. janosch sagt:

    Als Katholik versetzen mir schreckliche Ereignisse wie der menschenverachtende Umgang des Koelner Erzbistums (denn das steckt ja letztendlich hinter der Zurueckweisung der jungen Frau) einen besonders tiefen Schlag in die Magengrube.
    Ich bin ueberhaupt nur noch Teil dieses Vereins (der r-k Kirche), weil ich noch glaube, dass man als Mitglied mehr veraendern kann als Aussenstehende. Aber es zeichnet sich ab, dass im Zweifel radikale Fundamentalisten in der kath. Kirche mehr zu sagen haben als zB Wir sind Kirche. Mir kommt die Galle hoch, wenn ich von selbsternannten „Lebensschuetzern“ hoere, die wirklich gar nichts mehr merken. Selbst in deren wahnhafter Welt ist ihr Tun falsch, denn begehen sie gleich mehrere Totsuenden (bei Luegen angefangen, streng genommen bis zum Toeten selbst, denn schliesslich halten sie Aerzte von ihrer Arbeit ab, wenn sie sich als Patientinnen ausgeben…). Die Kircheoberen, die zwar nur ein kleiner Teil der Kirche aber nun mal leider der bestimmende sind, haben mich mittlerweile kurz vor dem Austritt, obwohl ich mich zu den glaeubigen Katholiken zaehle und mich der Glauben und die Kirche sehr gepraegt und unterstuetzend begleitet haben.
    Zur PiDaNa: Ich bin fuer die Freistellung von der Rezeptpflicht, aus den hier bereits genannten Gruenden, die ich ja nicht mehr aufzuzaehlen brauche. Auch ich habe schon indirekt sehr unangenehme Erfahrungen mit der jetzigen Regelung gemacht, die ich jedem Menschen ersparen moechte. Ich sage nur Wochenende und Sueddeutschland…
    Welche Parteien sprechen sich denn bis jetzt offen fuer eine Reform aus?
    Anne schreibt’s ja schon, wenn nicht im Wahljahr 2013, wann dann?
    Wenn 130.000 Campact-Unterschriften fuer den (auch unterstuetzenswerten) Bienenschutz zusammen kommen, sollte doch ein Signal in Richtung Berlin moeglich sein. Welche Akteure kann man ins Boot holen und wie stehen andere gesellschaftliche Gruppen ausser den katholischen Obermuftis zur PiDaNa?

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  15. Grunda sagt:

    Ach, Leute. Ich bin letztes Jahr schon aus der Kirche ausgetreten. Glaube hat mit Kirche nichts zu tun. Die Kirche macht mehr solcher Dinger, und zwar schon dann, wenn man bei denen arbeitet. Der Kirche tut es nur weh, wenn man ihnen die Macht (=Geld) nimmt. Mein Kirchenaustritt war eine der besten Entscheidungen meines Lebens.

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