Hoe__mies – Berlins neue, von Frauen* organisierte Hip Hop-Party

Foto , © , by Tatjana Glowinski

Dies ist ein Beitrag aus unserer Rubrik kleinergast, in der wir alle Gastartikel veröffentlichen. Dieses Mal kommt er von Gizem.

Gizem Adiyaman ist ewige Studentin, leidenschaftliche Social Justice Warrior Princess und Hip Hop DJ unter dem Namen Meg10. Sie liebt Hunde und hasst Marzipan.


Facebook-Seite von Meg10

Berlin ist international bekannt für seine nimmermüde Techno-Szene. Da kommen die Hip Hop-Fans oftmals zu kurz. Und innerhalb dieser ohnehin recht kleinen Hip Hop-Party Szene, sind es Frauen*¹, non-binäre und transgeschlechtliche Personen, die kaum Repräsentation finden. Vor ein paar Monaten fiel mir zum ersten Mal eine Party auf, die vollstens nach meinem Geschmack zu sein schien – nur 90s und 2000er RnB, nur Musik von weiblichen Artists, Lil’ Kim auf dem Partycover. Alles in allem eine nice throwback Party.

Auf der Party angekommen, war ich ziemlich enttäuscht von der Abwesenheit von Frauen* im Line-Up einer Party, die sich damit brüstete, Weiblichkeit zu zelebrieren. Ich sprach im Anschluss die Veranstalter bei Facebook darauf an und es entbrannte eine Diskussion, bei der auch andere Menschen ihren Unmut äußerten. Einer der DJs und Veranstalter lud mich daraufhin ein, mit ihm persönlich darüber zu sprechen, was ich auch tat. Die Auseinandersetzung führte leider ins Nichts. Er sah keine Notwendigkeit darin, Frauen* in die Planung und Umsetzung einzubinden und ohnehin sei ihm Berlin in vielerlei Hinsicht zu politisch. Er nutzt Frauen halt gerne als Aufhänger für eine Party, die ihm die Taschen füllt, die in Wirklichkeit aber nicht für uns da ist. Denn an Repräsentation ist hier ebenso wenig wie bei anderen Hip Hop Parties zu denken, bei denen Frauen* selten Platz im Line-Up finden oder eben auf ein Motto reduziert werden à la “Girls Edition”. Am Ende unseres Gesprächs sagte er, wem die Party so wie sie ist, nicht gefalle, könne es ja gerne besser machen – gesagt getan.

Hier kann jede*r sein, wer oder wie er*sie ist.
No judgement.

Hoe__mies entstand aus einem Disput, war aber eigentlich längst überfällig. Ich hatte es einfach satt, dass Frauen* sowie meine non-binären und trans Geschwister in der Hip Hop Szene marginalisiert werden. Es ist wichtig, dass wir positive Selbstbilder, Menschen mit denen wir uns identifizieren können, in einer Szene repräsentiert sehen, die cis-männlich dominiert ist und häufig frauen-, trans- und homofeindliche Sprache reproduziert. Hoe__mies soll ein Empowerment Space sein, der unsere Präsenz im Hip Hop normalisiert und zelebriert. Das Wortspiel aus “homie” und “hoe” ist ganz bewusst gewählt, um einen Begriff anzueignen, dessen alleiniger Zweck darin besteht, nicht-männliche Sexualität zu kontrollieren und jegliche von der auferlegten Norm abweichende sexuelle Aktivität zu skandalisieren. Das Konzept “hoe__mies” soll Slut Shaming – und Shamer*innen – den Wind aus den Segeln nehmen und ins Lächerliche ziehen, indem wir signalisieren: hier kann jede*r sein, wer oder wie er*sie ist. No judgement.

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© Tatjana Glowinski


Wir, das sind Lucia und ich, wollen hoe__mies auch als Plattform etablieren, um die Sichtbarkeit von talentierten Künstler*innen, ob DJs, Performer*innen, Visual Artists etc. zu erhöhen. Wir wollen nicht nur in Bezug auf Gender-Identitäten, sondern auch hinsichtlich Musik-Subgenres ein breites Spektrum abdecken und bieten alles von Old School Hip Hop und RnB über Trap, Grime, Afrobeats, Dancehall uvm. Die erste hoe__mies Edition findet am 5. Mai im Beate Uwe Club in Berlin statt und wir arbeiten mit großartigen Leuten wie DJ Pam Bam, Ford Kelly, Kakao Katze, Jaxx On und Meg10.

Zu jeder hoe__mies Party wollen wir eine*n Künstler*in featuren, angefangen mit Mayowa Osinubi. Wir sind echt froh, dass wir sie als Visual Artist für unser Event gewinnen konnten. Sie ist Dokumentarfilmemacherin, Fotografin und Performance Poetin, die sich auf die Kunst des Story Tellings spezialisiert hat. In London wurde sie als Kind nigerianischer Eltern geboren und wuchs in Atlanta, Georgia auf, wo sie einen Abschluss an der University of Georgia absolvierte. Derzeit lebt und arbeitet sie in Berlin. Mayowa ist die Regisseurin und Produzentin des Dokumentarfilms “Acting White”, der es in die offizielle Auswahl der Berlin Feminist Film Week 2017 schaffte. Mayowas Kunst war in Magazinen wie Vogue, Art News Africa, Saint Heron, Okay Africa und mehr zu bestaunen. Ihre Ästhetik schöpft sie aus Einflüssen traditioneller afrikanischer Kunst, ihrem Unterbewusstsein und Afrofuturismus und kreiert daraus eine kulturübergreifende grafische Palette.

Kurz vorgestellt: Mayowa Osinubi

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© Tatjana Glowinski


Um euch Mayowa vorzustellen, haben wir ihr ein paar Fragen gestellt:

Erzähl uns ein wenig über die wichtigsten Einflüsse in deiner Kunst. Wie hast du deinen einzigartigen Stil gefunden?

Ich habe meinen Stil gefunden, indem ich eher in mich hinein schaute als nach draußen. Ich komme aus einem nigerianischen Haushalt und meine Familie übt einen großen Einfluss auf mich aus. Aber auch die Diskussionen und Bilder, denen ich als US-Amerikanerin der ersten Generation ausgesetzt war, haben mich geprägt. Meine größte Inspiration entsteht wohl aus den Spannungen zwischen meinem afrikanischen Elternhaus, meinem Aufwachsen in Atlanta, Georgia und meinem Selbstfindungsprozess in dem Ganzen.

Welches deiner Projekte denkst du reflektiert am besten deine Gedankenwelt und deine Persönlichkeit?

Das Projekt, das meine Persönlichkeit am besten widerspiegelt ist mein Dokumentarfilm “Acting White”, bei dem ich Regie geführt und den ich produziert habe, während ich für 9 Monate nach Atlanta zurückkehrte. Der Film konfrontiert die Zuschauer*innen mit der Frage, was es bedeutet, “weiß zu handeln” im Kontext der heutigen USA. Für den Dokumentarfilm interviewte ich mehr als 50 Personen, von denen ich die Mehrheit vor den Interviews nicht kannte. Ich konnte mich in jeder dieser Personen ein Stück weit wiederfinden, weil das Verlangen nach Zugehörigkeit und Identität etwas ist, womit wir alle unsere Schwierigkeiten haben. Der Film wurde zu einer heilenden Erfahrung für jede involvierte Person, indem Narrative beleuchtet wurden, die nur allzu oft außen vor gelassen werden.

Du experimentierst gerne mit unterschiedlichen Kunstformen und du bist auch Aktivistin. Wie gehen Kunst und Aktivismus für dich zusammen?

Ich versuche die Welt um mich herum nachzuempfinden und die Dinge, die mehr Aufmerksamkeit verdienen, sichtbar zu machen. Ich kann meine Identität nicht von meiner Kunst trennen, denn meine Identität beeinflusst die Erfahrungen, die ich mache. Ich fühle mich von Geschichten angezogen, vor denen wir uns oft scheuen, Dinge die wir uns oder anderen gegenüber nicht eingestehen wollen oder sollen – das ist, was ich am liebsten einfange.

Wie kam die Zusammenarbeit mit hoe__mies zustande?

Die Zusammenarbeit kam durch eine der beiden Gründerinnen, Gizem, zustande. Ich wusste, sie macht Nägel mit Köpfen und als ich sah, dass sie Frauen* versammeln will, um etwas Großartiges zu schaffen, musste ich einfach dabei sein. Ich mag, dass hoe__mies von zwei starken Frauen* of Color initiiert wurde. Frauen* müssen zusammenhalten und sich gegenseitig unterstützen.

Ihr könnt Mayowa auf Youtube, Instagram und Facebook folgen. Außerdem hat sie eine heftige, selbst designte Webseite!

Hoe__mies Vol. 1 findet am 5. Mai im Beate Uwe (U-Bhf. Jannowitzbrücke) statt. Checkt unsere Facebook- und Instagram-Seiten für Updates zu unseren Events und Artists.

¹Für mich persönlich soll das Sternchen ausdrücken, dass binäre Geschlechterkategorien sozial konstruiert sind und wenn ich den Begriff Frauen verwende, ich all diejenigen einschließe, die sich an diese Kategorie annähern/sich mit ihr verbunden fühlen.

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