All Time Favorites – Serien fürs Leben (2)

2015 , by Daniel Warwel

Wenn der Winterwind heulend um die Häuser weht, Liebeskummer drückt oder die nächste Erkältung im Anmarsch ist, oder der Tag einfach zu nichts zu gebrauchen – dann ist das beste Rezept: Ab ins Bett und mit der Lieblingsserie, Schokolade und Tee unter die Decken gekuschelt. Start drücken und ab in die Parallelwelt. Jede_r von euch hat bestimmt auch All-time-Favorites, die irgendwie immer gehen. Wir als bekennende Serienjunkies kramen hier in unseren Erinnerungen und Episodenführern und stellen euch unsere Herzensserien vor. Vielleicht findet ihr eure darunter wieder oder entdeckt welche neu?

Dies ist der zweite Teil unserer kleinen Reihe, im ersten Teil schrieb Anika über ihre liebsten Serien.

Adventure Time

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Ja, es ist wohl ein bisschen einfach mit Adventure Time zu beginnen, wenn es um Lieblingsserien geht. Aber in meinem Fall geht es einfach nicht ohne! Denn obwohl die Serie noch relativ jung ist (die erste Staffel lief 2010 auf Cartoon Network) und ich erst vor zwei Jahren damit begann sie zu schauen, ist sie schnell eine meiner liebsten Serien überhaupt geworden. Ich kannte die Charaktere schon von zahlreichen GIFs und Memes im Internet und wusste auch, dass sie sehr beliebt war und sich gerade online eine riesige Fangemeinde gebildet hatte. Aber genau deswegen war ich ein wenig misstrauisch und hab mich erst sehr spät an Adventure Time gewagt – ein großer Fehler! Für diejenigen, die die Serie noch nicht kennen oder noch immer zögern, sie sich anzusehen, jetzt also nochmal eine kurze Zusammenfassung worum es geht und warum Adventure Time awesome ist!

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Die beiden Hauptcharaktere sind Finn, der letzte Mensch auf der Erde, und Jake, ein Hund mit der Fähigkeit, seinen Körper in Größe und Form beliebig zu verändern. Die beiden leben mit BMO – eine Art lebendigem Gameboy (jedoch mit viel mehr Funktionen!) – in einem Baumhaus und sind – logischerweise – immer auf der Suche nach dem nächsten Abenteuer. Dabei werden sie oft von Princess Bubblegum, der Prinzessin des nahegelegenen Candy Kingdoms, auf verschiedene Missionen geschickt – meist, um die sehr empfindlichen Bewohner_innen des Königreichs vor irgendwelchen Gefahren zu bewahren. Die Welt von Ooo, in der Adventure Time spielt, ist jedoch in viele verschiedene Königreiche aufgeteilt, die in der Regel von Prinzessinnen regiert werden. Und da gibt es natürlich noch den Ice King, einen immer etwas unangenehmen und schusseligen, alten König, dessen Hauptbeschäftigung darin besteht, diverse Prinzessinnen zu entführen, die dann natürlich von Finn & Jake gerettet werden müssen.

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Dieses Setting klingt schon sehr klassisch und erstmal nicht sehr revolutionär. Allerdings täuscht dieser Eindruck, denn gerade in Sachen Geschlechterstereotypen und wie sie unterlaufen werden können, ist Adventure Time oft unglaublich clever und subversiv – und das ist auch einer der Hauptgründe, warum ich die Serie so mag. Die besagten Prinzessinnen entsprechen selten dem gängigen Klischee von Prinzessinnen, im Gegenteil: Sie sind oft in der Lage sich selbst zu helfen und werden nicht als hübsche Deko, sondern eher als regierende Staatsoberhäupter dargestellt. Oder nehmen wir BMO, meinen Lieblingscharakter in der Serie: BMO hat kein fest zugeordnetes Geschlecht (wieso sollte er auch, sie ist ja eine Maschine) und wird mal mit „he“ und mal mit „she“ angesprochen – je nachdem, wie es für BMO gerade am besten ist. Für viele ist BMO daher einer der wenigen offen genderqueeren bzw. genderfluiden Charaktere im TV überhaupt. Außerdem gibt es einige Genderswap-Folgen von Adventure Time, bei denen die Geschlechter der Charaktere geändert werden – nur BMO verändert sich bezeichnenderweise nicht dabei.

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Ich liebe Adventure Time außerdem für seine Art von Humor: Oft ist er süß und liebevoll, gleichzeitig aber auch tieftraurig und oft genug auch gruselig. Diese Emotionen sind sehr genau ausbalanciert, sodass man bei manchen Szenen gleichzeitig lachen und weinen möchte. Diese doppelte Ebene zieht sich durch die gesamte Serie: Hinter der wunderbar bunten und liebevoll gestalteten Welt von Ooo steckt eine ziemlich dunkle Hintergrundgeschichte, die auf einmal gar nicht mehr so fiktiv scheint, die jedoch nur häppchenweise und in Details und Andeutungen vermittelt wird. In den späteren Staffeln werden diese Andeutungen jedoch expliziter und zu einer Art eigener Mythologie und Historie ausgebaut. Ich könnte jetzt noch weiter ausholen, weil es noch tausend Dinge zu sagen gäbe, aber es gibt ein schönes Video dazu von Mike Rugnetta beim Idea Channel, in dem er erklärt, wie Humor in Adventure Time und einige Leitmotive (z.B. Nostalgie) der Serie funktionieren (Achtung! Leichte Spoiler im Video – ich finde es allerdings auch ganz gut geeignet, um einen ersten Einblick von der Serie zu bekommen):



Adventure Time eignet sich hervorragend für einen Serienmarathon an verregneten Sonntagen: die einzelnen Folgen sind ca. 10 Minuten lang und es gibt bereits schon so viele, dass man problemlos von vorne anfangen kann, wenn man sie einmal durch hat. Und man vor dem Schlafengehen immer noch eine Folge gucken kann. Und noch eine. Und noch eine letzte. Und eine allerletzte! So, come on, grab your friends!

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Ghost in the Shell: Stand Alone Complex

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Ghost in the Shell, so heißt ein Manga von Masamune Shirow von 1989, der 1995 verfilmt wurde und sicherlich zu einem der bekanntesten und einflussreichsten Animes überhaupt gehört. Die Geschichte dreht sich um das Sondereinsatzkommando „Sektion 9“ des japanischen Geheimdienstes in einer nicht allzu fernen Zukunft, in der Menschen mit Cyberbrains ausgestattet sind, mit denen sie sich direkt ins Netz einklinken können und so auch direkte Verbindungen mit anderen Cyberbrains zulassen. Es ist eine Welt, in der Menschen teilweise (oder manchmal auch ganz) zu Cyborgs werden – zumindest die, die sich das leisten können. Zwischen Menschen, Cyborgs und Künstlichen Intelligenzen wird dabei oft versucht die Grenze zwischen Mensch und Maschine auszuloten bzw. von verschiedenen Perspektiven zu beleuchten. 2002 wurde dann die Serie Ghost in the Shell: Stand Alone Complex produziert, das in demselben Universum spielt: die Geschehnisse des ersten Films bilden das Setting der Serie und werden als bekannt vorausgesetzt (was nicht heißt, dass man zwingend den Film vor der Serie gesehen haben muss).

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Die Serie besteht aus zwei unterschiedlichen Arten von Folgen: 14 „Stand-Alone-Episoden“ und 12 „Complex-Episoden“ – um welche Art von Episode es sich handelt, wird zu Beginn zusammen mit dem Titel der Folge eingeblendet. Die Stand-Alone-Episoden behandeln unabhängige, abgeschlossene Plots, die nicht über eine Folge hinaus gehen – die Complex-Episoden hingegen führen die Haupthandlung fort, die den vertrackten Fall des Hackers „Lachender Mann“ aufzuklären versucht und sich über die gesamte Staffel erstreckt. Diese beiden Arten von Folgen wechseln sich lose ab, anfangs überwiegen die Stand-Alone-Episoden, bevor die Haupthandlung der Complex-Episoden Fahrt aufnimmt und später im Zentrum steht. Dadurch hat man die Chance, sich erst einmal an das komplexe Setting zu gewöhnen, bevor es richtig los geht.

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Ich liebe Ghost in the Shell: Stand Alone Complex einerseits, weil ich eine Schwäche für dystopische Agenten-Thriller habe (gerne mit einer Prise Cyberpunk) und es nie langweilig wird und sehr gut erzählt wird. Andererseits behandelt es philosophische, zeichen-, medien- und sprachtheoretische Fragestellungen auf eine sehr anschauliche und clevere Weise. Jedes Mal, wenn ich die Serie wieder rauskrame (mindestens einmal im Jahr), entdecke ich neue Zusammenhänge und verstehe Plotlines, die mir vorher niemals aufgefallen sind oder die ich schlichtweg übersehen habe. Trotzdem schafft die Serie es meist so vielschichtig zu bleiben, dass es nicht unbedingt notwendig ist, sämtliche Anspielungen und Hinweise direkt beim ersten Gucken zu verstehen.

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Und auch hier gibt es wieder interessante Darstellungen von Geschlechterstereotypen: Die Hauptprotagonistin Motoko Kusanagi – von allen nur „der Major“ genannt – hat nicht nur einige künstliche Körperteile, sondern einen komplett künstlichen Cyberkörper. Sie wird durchweg als Frau in der Serie angesprochen, allerdings werden auch dort wieder die Geschlechtergrenzen verwischt. Mit einem künstlichen Cyberkörper, der beliebig verändert und ausgewechselt werden kann, wirkt das Konzept von Geschlechterkategorien manchmal auf einmal obsolet und merkwürdig überflüssig. Außerdem ist der Major ziemlich badass und ihre Kompetenz und Stärke wird glücklicherweise von ihrem restlichen, rein männlichen Team auch niemals angezweifelt.

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Last but not least sind noch die Tachikoma zu nennen: Das sind spinnenartige kleine Panzer, die mit einer künstlichen Intelligenz versehen wurden und dem Team von Sektion 9 zur Verfügung stehen. Im Verlauf der Serie entwickeln diese Maschinen eine Art eigenes Bewusstsein und durchlaufen unterschiedliche Stadien der geistigen Entwicklung des Menschen. Sie sind mit ihren hohen Stimmen und ihrer Naivität das Comic Relief der Serie und haben am Ende jeder Episode ihren eigenen kleinen Cartoon, in dem meist albern-absurd die Geschehnisse der gerade gelaufenen Episode kommentiert werden. Ihr Auftreten und ihre Rolle in der Serie stehen dabei natürlich in krassem Gegensatz zu ihrer Funktion: Sie sind noch immer Waffen – aber was passiert, wenn eine Waffe ein Bewusstsein entwickelt und auf einmal selbst darüber entscheiden kann, ob sie eine Waffe sein möchte oder nicht?

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Ghost in the Shell: Stand Alone Complex lässt sich übrigens auch sehr gut in Gruppen statt dem klassischen Filmabend gucken. Und danach, zum Ausgleich, natürlich noch eine Folge Adventure Time. Weil: Eine geht noch immer!

Und jetzt ihr! Welche Serien stehen bei euch auf der All-Time-Favorite-Liste und warum?

Eine Antwort zu “All Time Favorites – Serien fürs Leben (2)”

  1. j____l sagt:

    Interesting! Obwohl ich (die ersten beiden) GitS-Filme ganz cool finde, hab‘ ich’s trotz einigen Versuchen noch nicht geschafft mich mit der Serie anzufreunden. Vielleicht sollte ich das noch ein weiteres mal versuchen. Isses bei SaC auch schon so (wie in Arise/THE NEW MOVIE), dass Kusanagi die einzige Frau im Team ist und es z. B. Batou ca. zweimal gibt (Borma …)?

    Neben Adventure Time und Steven Universe (gab’s ja hier auch schonmal) würde ich ein paar Anime-Serien als Feelgood-Serien empfehlen, vielleicht Monthly Girls‘ Nozaki-kun, My Love Story!!/Ore Monogatari!! und Mushishi (wobei letzeres eher melancholisch ist).