Gladiatorin im Anzug

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Dies ist ein Beitrag aus unserer Rubrik kleinergast, in der wir alle Gastartikel veröffentlichen. Dieses Mal kommt er von Mina.

Frau Dingens aka Mina promoviert, bloggt und lebt in Hamburg. Wenn sie nicht gerade Serien guckt, findet man sie bei einem guten Kaffee und netten Menschen.

Blog von Mina @miinaaa

Washington, DC. In der Hauptstadt des Politikbetriebs mischen sich Politiker_innen, ihre Mitarbeitenden, Geld und private Interessen zu einem einzigartigen Gebräu aus Intrigen und Skandalen. Mittendrin: Olivia Pope und ihr Team sogenannter „Fixer“.

„Scandal“, eine TV-Serie aus Händen von Shonda Rhimes, läuft in den USA gerade in die dritte Staffel und wird momentan erstmals nach den überragenden Kritiken auch in Deutschland ausgestrahlt. Als ich vor zwei Jahren das erste Mal von der Serie hörte, war ich skeptisch, weil vorurteilsbelastet: zwar liebte ich das von Rhimes kreierte Grey’s Anatomy, hatte aber wenig Lust auf eine Geschichte, die Liebe und Leidenschaft nun einfach statt im Krankenhaus im Politikbetrieb inszenierte. Doch weit gefehlt – „Scandal“ ist viel, aber kein Abklatsch. Scandal ist einzigartig in Konzeption und Ausführung, spannend, mitreißend, und inspirierend.

Im Mittelpunkt steht Olivia Pope, die als ehemalige Campaignerin den jetzigen Präsidenten zum Sieg führte und nun selbstständig PR Management, Politikberatung und Marketing für ihre Mandant_innen durchführt – als politische Fixerin*  und „Gladiatorin im Anzug“. Dabei wird sie unterstützt von einem gemischten Team aus Männer und Frauen, allesamt liebevoll konstruierte Charaktere, deren eigener Charakteraufbau eng mit kleinen und großen Haupt- und Nebenstorylines verwoben ist. „Scandal“ arbeitet mit Rückblenden und parallel verlaufenden Storys. Auch kann eine Folge öfter mal gleich mehrere Twists und Wendungen enthalten – am Ende der knappen Stunde baff und ein bisschen außer Atem da zu sitzen kann schnell zur Gewohnheit verkommen und andere Serien eindimensional erscheinen lassen. Ihr wurdet gewarnt!

Doch nicht nur auf Grund des guten Handwerkzeugs ist „Scandal“ eine großartig gemachte Serie. Die Liebe zum Detail und die Glaubwürdigkeit der politischen Skandälchen und Skandale ist atemberaubend. Besonders in Erinnerung blieb mir eine Folge, die eine Komplettüberwachung der US-Bevölkerung thematisierte – noch bevor die Enthüllungen rund um die NSA publik wurden. Und so geht man als Zuschauerin auch jede Entwicklung mit, wenn es beispielsweise um die Beziehung von Olivia zu Fitz, dem Präsidenten, geht oder um die Art und Weise, wie der Wahlsieg errungen wurde.

Doch das Beste zum Schluss: Olivia Pope ist einfach eine selten in Serien anzutreffende Figur. Eine – relativ – junge, schwarze Frau stellt sich, ohne überzeichnet zu sein, mit Power und Leidenschaft allen Hindernissen, die ihr in den Weg gestellt werden. Herzblut, Wärme, aber vor allem auch eine Gerissenheit und Klugheit, die ihresgleichen suchen, machen diesen Charakter liebens- und bewundernswert zugleich. Im Spannungsverhältnis zwischen Politik, Macht und eigenen Idealen kann man Olivia nicht zuletzt auf Grund der großartigen Leistung von Kerry Washington in jeder Folge bei der Charakterentwicklung zusehen. Großartig!

Doch genug gefangirlt. Ich könnte noch über die unglaublichen Dialoge und Monologe schreiben, darüber, wie selbst die Kleidung die Story unterstreicht, oder wie man zwei Staffeln an einem Wochenende durchgucken kann. Tue ich aber nicht. Seht es euch lieber selbst an!



* In Deutschland werden „Fixer“ u.a. als Krisenmanager_innen bezeichnet. Die Story von Olivia Pope wurde inspiriert durch die Krisenmanagerin Judy Smith.

2 Antworten zu “Gladiatorin im Anzug”

  1. die_krabbe sagt:

    So sehr ich bei den Punkten zu Plottwists, Geschwindigkeit und Suchtgefahr zustimmen kann, muss jedoch ganz deutlich betont werden, dass es sich bei Scandal nicht um wirkliches Qualitätsfernsehen handelt. Jede Storyline ist maßlos übertrieben, die Figuren recht lange vollkommen leere Hüllen, von denen man bei einigen lange Zeit nichtmal weiß, was sie in Pope’s Firma verloren haben und dieses ständige „will they – won’t they“ zwischen Olivia und dem Präsidenten das mit Abstand nervigste an der ganzen Serie, weil es so unmotiviert ist.
    Scandal ist die Definition eines Guilty Pleasures (auch wenn ich den Begriff nicht mag), denn hier schaue ich gerne über die zahlreichen Unzulänglichkeiten hinweg, wenn ich so verrückte Figuren und Storylines um die Ohren gehauen bekomme, dass ich kaum Luft holen kann.
    Die Dialoge und vor allem Monologe sind übrigens ziemlich schlimm, wenn man auf Natürlichkeit steht. Die Dialoge hören sich sehr geschrieben an. So redet kein Mensch. Und für stilisierten Dialog muss man es schon so drauf haben wie Aaron Sorkin und Schauspieler haben, die beim rezitieren der Zeilen nicht ständig aus der Puste geraten.

    Alles in Allem würde ich Scandal auch empfehlen, hat man doch viel Spaß damit, aber eine wirklich gute Serie sieht einfach anders aus.

  2. Marla Stromponsky sagt:

    Danke für den tollen Fangirl-Post!
    Persönlich habe ich zu dem Charakter von Olivia Pope ein zwiespältiges Verhältnis: Mal fangirle ich, mal hatewatche ich. Ihre „Übermutter“-Art empfinde ich manchmal als zuviel. Und ihre Einstellung zur Liebe („it has to hurt“) ist natürlich sehr dramatisch – sorgt aber für das willkommene Drama ;)

    Dafür shippe ich Huck und Quinn.

    Findest Du eigentlich auch, dass Abby und Harrison etwas zu kurz kommen?